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SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528
weyl yr, die doch Christenn vnnd gottlichs worts verstendig seyn wolt,
sy duldent.
Bedencken, das fiel Stett vnd herren vff vch sehenn, wie vch dann
gott jn gar fiel dingen das vortheyl 91 auch ynn seiner erkantnuß geben
hat. Gar gern sindt wir in anndern dingen vornen dran: die weil wir 5
einen grossen thum hattenn, wolten wir auch ein grosse glocken 92
vnnd orgel haben, vnnd der gleichen jn anndern dingen auch. Nun stoht
aber die höchste Eer, der reichlichst nutz jnn dem, das wir dem willen
deut 13 [ 1 ff.] gottes gelebennn 93. So jr dan von got gesetzet sind, das vbel abzustellenn
vnnd vor allem da durch das volck vonn jm abgewendet wurdt, so 10
6 r gedencktt, | das vch liberale kein entschuldigung vertedigen wurdt, wo
Lu 17, [10; ? 19,11 ff.] ye solch grewlich vbel der messen lenger leyden werdt: Der knecht, der
seins Herren willenn weyß vnnd thut jn nicht, wurt dest ubeler ge-
schlagenn.
Jr wüst, yr secht, thut dornach: kein böß gewonnheyt, kein lange 15
zeyt, keynn grosser hauff, noch auch gewalt, der das gegentheil wolte,
wurt vch entschuldigenn mögen. Dann so got redt, ist nicht weytters
zu gedenckenn. Geringer übell habt jr zu straffenn vnnd abzustellenn,
als diebstall, mordt vnd der gleichen, noch fiel mehr solchen erschröck-
lichen diebstal götlicher Eeren vnnd seelen mordtt, wie durch die messen 20
begangen würt. So etliche mordt oder diebstal ynn der Statt begiengen,
ob gleych alle herren der welt euchs verbüttenn: Yr würden dennocht
ynen vndersthon zu weren. Es wurde auch frylich kein frommer, wo
er weren möchte, gestattenn, das yeman sich seyns weybs vnnd töchter
yn seynem eygenen hauß miß brauchte. Also last vch nit vffredenn, das 25
yr schuldig syen vmb eynigs menschenn willen solche schwere ergernüß
vnnd verstörung so filer seelen, an denen gar fiel mehr dan an aller
welt gelegen ist, zu zu lassen. Jr habt euwer Jurisdictionn, zu straffen
das böß: nichts ist böser dann die messenn, dorumb habt yr am für-
nemsten gewalt, sy abzuthun, wie dan alweg wider die grössern vbel 30
eer vnnd fielem zu handlen zu geben wurdt, dan wider die geringenn.
Also werden die grösten übeltheter aller welt zu tödten erlaubtt, so
der geringem straff wenigenn würdt fürbehaltenn; doch darff es nit
fiel disputierens, was yr herynn vermocht, das jr gegen filen messen
bewisennn hapt, das habt yr auch macht gegen wenigenn; mer dan 35
hundert, die man teglich gehalten hat, habt jr abgestellet 94, das selbig
91. Überlegenheit, Vorsprung.
92. Die 24000 kg schwere Marienglocke war damals die größte der Welt (vgl.
Pfleger, S. 177).
93. Nach ... leben; folgen.
94. Die Abschaffung der Messen begann 1524 bei den Kriegsmessen, dem folgte
im März 1525 die der Pilgermessen und am 10. 4. 1525 die der Seelenmessen; vgl.
Adam, S. 134.
SCHRIFTEN DER JAHRE 1524-1528
weyl yr, die doch Christenn vnnd gottlichs worts verstendig seyn wolt,
sy duldent.
Bedencken, das fiel Stett vnd herren vff vch sehenn, wie vch dann
gott jn gar fiel dingen das vortheyl 91 auch ynn seiner erkantnuß geben
hat. Gar gern sindt wir in anndern dingen vornen dran: die weil wir 5
einen grossen thum hattenn, wolten wir auch ein grosse glocken 92
vnnd orgel haben, vnnd der gleichen jn anndern dingen auch. Nun stoht
aber die höchste Eer, der reichlichst nutz jnn dem, das wir dem willen
deut 13 [ 1 ff.] gottes gelebennn 93. So jr dan von got gesetzet sind, das vbel abzustellenn
vnnd vor allem da durch das volck vonn jm abgewendet wurdt, so 10
6 r gedencktt, | das vch liberale kein entschuldigung vertedigen wurdt, wo
Lu 17, [10; ? 19,11 ff.] ye solch grewlich vbel der messen lenger leyden werdt: Der knecht, der
seins Herren willenn weyß vnnd thut jn nicht, wurt dest ubeler ge-
schlagenn.
Jr wüst, yr secht, thut dornach: kein böß gewonnheyt, kein lange 15
zeyt, keynn grosser hauff, noch auch gewalt, der das gegentheil wolte,
wurt vch entschuldigenn mögen. Dann so got redt, ist nicht weytters
zu gedenckenn. Geringer übell habt jr zu straffenn vnnd abzustellenn,
als diebstall, mordt vnd der gleichen, noch fiel mehr solchen erschröck-
lichen diebstal götlicher Eeren vnnd seelen mordtt, wie durch die messen 20
begangen würt. So etliche mordt oder diebstal ynn der Statt begiengen,
ob gleych alle herren der welt euchs verbüttenn: Yr würden dennocht
ynen vndersthon zu weren. Es wurde auch frylich kein frommer, wo
er weren möchte, gestattenn, das yeman sich seyns weybs vnnd töchter
yn seynem eygenen hauß miß brauchte. Also last vch nit vffredenn, das 25
yr schuldig syen vmb eynigs menschenn willen solche schwere ergernüß
vnnd verstörung so filer seelen, an denen gar fiel mehr dan an aller
welt gelegen ist, zu zu lassen. Jr habt euwer Jurisdictionn, zu straffen
das böß: nichts ist böser dann die messenn, dorumb habt yr am für-
nemsten gewalt, sy abzuthun, wie dan alweg wider die grössern vbel 30
eer vnnd fielem zu handlen zu geben wurdt, dan wider die geringenn.
Also werden die grösten übeltheter aller welt zu tödten erlaubtt, so
der geringem straff wenigenn würdt fürbehaltenn; doch darff es nit
fiel disputierens, was yr herynn vermocht, das jr gegen filen messen
bewisennn hapt, das habt yr auch macht gegen wenigenn; mer dan 35
hundert, die man teglich gehalten hat, habt jr abgestellet 94, das selbig
91. Überlegenheit, Vorsprung.
92. Die 24000 kg schwere Marienglocke war damals die größte der Welt (vgl.
Pfleger, S. 177).
93. Nach ... leben; folgen.
94. Die Abschaffung der Messen begann 1524 bei den Kriegsmessen, dem folgte
im März 1525 die der Pilgermessen und am 10. 4. 1525 die der Seelenmessen; vgl.
Adam, S. 134.