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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 4): Zur auswärtigen Wirksamkeit: 1528 - 1533 — Gütersloh, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.29141#0202
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ZUR AUSWÄRTIGEN WIRKSAMKEIT 1528-1533

Insbesondere sollte die Feier des Abendmahls neu geordnet werden,
worüber seit dem 13. Juni 1531 beraten wurde, bis Mitte Juli dann die
Abendmahlsfeier nach neuer Ordnung begangen werden konnte69.
Im Zusammenhang des Abendmahls begegnet bei den Verhandlungen
um die Ordnung des Ulmer Kirchenwesens das Problem, das die Ulmer
Reformation - ähnlich die Reformation in Straßburg, Nürnberg und
anderen Reichsstädten - vor eine schwere Belastungsprobe gestellt hat:
Das Problem einer innergemeindlichen Zucht.
Hier gingen die Auffassungen der vier Theologen Blarer, Bucer,
Oekolampad und Sam einerseits und die des Ulmer Rates - insbesondere
Bernhard Besserers - andererseits sehr stark auseinander. Es war die
Meinung des Ulmer Rates, daß für diesen Bereich die von der Stadt
durchgeführte polizeiliche Sittenkontrolle und -aufsicht vollauf ausrei-
chend sei; in einer innergemeindlichen Kirchenzucht erblickte man das
Schreckgespenst eines »neuen Papsttums«70. An dieser Stelle sind auch
sonst in allen evangelischen Reichsstädten schwere Spannungen ent-
standen, sobald darangegangen wurde, der fortgeschrittenen evange-
lischen Bewegung in einer abschließenden Reformationsordnung feste
Formen zu geben71. Die Kompetenzbereiche jeweils der politischen und
der kirchlichen Potenz mußten im Bereich der Frage der Zucht besonders
sorgsam abgegrenzt werden.
Die Basler Kirchenordnung vom 1. April 1529, die Memminger Ar-
tikel vom Februar 1531 und die Konstanzer Zuchtordnung vom 5. April
1531 hatten auf verschiedene Weise das Problem der Zucht bereits zu
lösen versucht, wobei Oekolampad in Basel am weitesten dem Anliegen
einer innergemeindlichen Zucht nahegekommen war72. Grundsätzlich
waren die in Ulm im Mai und Juni 1531 versammelten Theologen jeder
auf seine Weise mit diesem Problem einer innergemeindlichen Zucht -
standslos geworden war, kann die Darstellung bei J. Endriß: Das Ulmer Reforma-
tionsjahr 1531, a.a.O. S.63ff. zeigen. Der Ulmer Rat hatte überdies den Eigentümern
von Altären und Bildwerken das Recht belassen, diese Gegenstände selbst aus den
Kirchen zu entfernen und bei sich in Zukunft zu verwahren. Der Rat ging damit
gemäßigter vor als es Blarer, Bucer, Oekolampad und Sam in dieser Frage vorgeschlagen
hatten; das Vorbild für ein gemäßigtes Vorgehen dürfte die Stadt Konstanz gewesen
sein, vgl. im einzelnen ebd.S.66f.
69. Vgl. J.Endriß: Das Ulmer Reformationsjahr 1531, a.a.O. S.67, und C. Th.Keim:
Die Reformation der Reichsstadt Ulm, a.a.O. S.242f.
70. Vgl. vor allem E.-W.Kohls: Ein Abschnitt ..., a.a.O. S.177-213, bes. S. 190ff.,
ebenfalls E.Naujoks: Obrigkeitsgedanke, Zunftverfassung und Reformation, a.a.O.
S.73 f.
71. Für Nürnberg etwa vgl. die Darstellung bei B. Klaus: Veit Dietrich. Leben und
Werk, Nürnberg 1958, bes.S. 147ff., für Straßburg die Untersuchung von W.Bellardi:
Die Geschichte der »christlichen Gemeinschaft« in Straßburg (1546-1550), a.a.O.
72. Vgl. im einzelnen E.-W.Kohls: Ein Abschnitt ..., a.a.O., bes.S. 192ff., und
J.Endriß: Das Ulmer Reformationsjahr 1531, a.a.O., bes.S.88ff.
 
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