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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0068
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IM KAMPF UM DEN RECHTEN GLAUBEN

Petrus redet also vom David zu Jerusalem. Act.ii [25]. Als er ein Prophet war und
wuste, daß im Gott mit dem eyd geschworen hätt, von der frucht seiner lenden uff
seinen thron zu setzen, in dem, daß er Christum nach dem fleisch wider uff-
erweckete, des fürwissend hatt er geredt von der ufferstendtnüß Christi. Sein seel
ist nit in der hell verlassen, so hat sein fleisch die verstörung nit gesehen. Secht,
Gott halt es so hoch und theür, das er dem David mit dem eyd geschworen hatt,
das uff seinem stul Christus sitzen sölle, der do sye die frucht seiner lenden74. Ist
das nit teutsch genug, ja ist uns nit das der höchste trost, das er hat zu heyl uns
armen sündern von sünderen - er doch on alle sünd - wöllen geboren werden? Uff
sölichs hat auch der heylig Paulus gesehen, do er zun Römern [1,3] geschriben hat,
das Christus nach dem fleisch uß dem samen Davids worden sye.
Hie sehe aber der fromm Christ, in was unverschämete vermessenheit diser
mensch gefallen sey. Die warheit ist ja so gewaltig in den erzeleten sprüchen, da
unser Herr Jesus der samen des weybes, Abrahe, Davids und Marie frucht ge-
nennet wurd, das Hoffman selb hat wol gedacht, dise außflucht würdt sich nit
reimen, das du sagest, Abraham seie Gott der vatter, David der heylig geyst und
deren samen und sun seie der Herr75;er wirdt auch der samen des weibs geheissen,
du must ein anders erdencken. Und hat also dise andere außflucht diser sprüchen
halb erdichtet. Das weyb habe den todt eingefüret, des sye dann auch der man mit
allen seinen nachkommen, auch mit dem heyligen Noah, Abraham, David und
anderen, theilhafft worden, und habe inen nieman, dann unser Herr Christus
helffen mögen; den selbigen hatt inen dann Gott mensch gemacht und geschenckt,
das er sie erlöse. Und | D 1 a | also sye er ihr samen, dann er ynen zu gut kommen
und ihr eygen seye. Ach, des frevels in diser hohen göttlichen sachen!
Ist nun der gebenedeyet sam Abrahe nit allen erwölten geschencket, wie auch ver-
heyssen, dann ye alle völcker durch ihn gebenedeyet werden76, wölche göttlicher
benedeyung immer theylhafft werden, warumb sagt dann die schrifft nit als wol,
der herr sye der samen Lot und anderer frommen vätter, als Abrahe? warumb nit
so wol vom geschlecht Ruben, Levi oder anderer als vom stammen Juda? warumb
nit so wol ein sun Samuels als Davids ? ein frucht der frommen Elizabeth, die er
doch hoch geheyliget hat, als der junckfrawen Marie? Ach, das die armen leutlin,
die diser mensch verwirret, doch allein hie die augen auffthetten, solten sie ja auß
diser einigen77, so gar nichtigen, unverschameten außflucht sehen, was eilenden
betaubten78 geysts das sye.
Die schrifft hette an disen orten gleich so wol könden sagen, der Sun und samen
Gottes würt der heyland sein, des weybs, Abrahe und Davids, wie sie sagt, das er
der heyland sye alles fleysches. Hette nit dürffen sagen zum Abraham: Durch
deinen samen werden alle völcker gebenedeyet [I Mos 22,18]. Was darffs aber wort?
wer sicht nit, das es ein unverschamete, nichtige außflucht ist? Der geyst gottes
74. Vgl.Ps132,11.
75. Vgl.Anm. 72.
76. Vgl. I Mos 22,18.
77. Einzigen.
78. Betäubten, verwirrten.
 
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