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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0077
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HANDLUNG GEGEN HOFFMAN

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ein alefantz und betrug auß dem, das das wortlein (worden) auff vilerley weyß
genommen würdt, ein wort ist, aber vilerley bedeütungen hat, dann Hoffman diß
wörtlin auf ein andere meynung nymmet, dann es der heylig Johannes geprauchet
hat. Hoffman nymmets der meynung oder deütung, als so etwas ein anders wurdt
5 und sich damit in seinem vorigen wesen enderet, wie von dem Körnlin und kernen
ein exempel geben ist. Der heylig Johannes aber brauchet diß wörtlin auff di
| E 3 b | meynung und deütung, das dasjenige, so etwas würt, dennoch damit in
seinem vorigen wesen gantz unverrucket bleybet, wie holtz ein bild, tuch ein rock
würdt, und doch holtz und thuch in seiner natur unverenderet bleibet,
10 Das aber Johannes das wörtlin (worden) dieser und nit der vorigen deütung
nach, die Hoffman wille, des orts gebrauchet habe, zeüget, das der selb Johannes
an disem und andren orten und dann alle schrifften von der menschwerdung
Christi dargeben, - dann seye ja helle und klar diß dargeben, - das das ewig wort
Gottes in seiner götlichen natur unverenderet (dann es Gott ist) warer mensch
15 auß Maria warlich geboren seye. Darauß folget dann bey allen kindern Gottes,
das das wort also fleysch worden seye, das es in im selb ewig blybend, wie es von
ewigkeit war an seiner Götlichen natur gentzlich unverwandlet auß Maria
menschliche natur angenommen habe, welche weyß zu reden auch die Epistel zun
Hebreern gebrauchet. Hebr.ii [17f.].
20 Der ander vermeynt grunde Hoffmanns ist fallacia accidentis115, ein alefantz auß
dem, das einem ding etwas zugeben würdt, das gar nit von im selbs, sonder von
eines anderen wegen, mit dem es etlicher massen vereynbaret ist, gepüret und würt
ym aber zugeben, als ob solichs dises eygene eygenschafft were. Hat ein scheyn, das
zwey ding etlichermassen vereynigt seind, und dennocht yedes seine besondere
25 eygenschafft hat, die sölichen zweyen dingen nit gemeyn seind, aber als ob sie
gemeyn weren, von einem auffs ander zogen werden. In Christo unserem Herren
seind die zwo naturen, götliche und menschliche, wol in einer person vereynbaret,
sunst aber an ihnen selb, wie endtlichs und unendtlichs, schöpffer und creatur
underscheyden, daher dann auch jede natur yr eigentschafft hat, die götliche, das
30 sie ewig ist, das von ir alles ist, und erhalten würdt und der-| E4a | gleychen, der
menschlichen, von Maria empfangen und geboren sein und was darauß folget. So
fahret nun Hoffman daher und wille die eygentschafft der menschlichen natur, die
sie mit der götlichen nit gemein hat, auff die götliche ziehen, als ob sie der selbigen
auch gemeyn sein solte, und dann auß solichem ein unmöglichs anzeygen, und
35 schliessen, Christus habe nichts von Maria angenommen, ja sagt er, Christus ist
Gottes sun, hat götliche eigentschafften; das selbige kan er nun nicht von Maria
haben, darumb ist er nicht also yr sun, das er von irem fleysch etwas angenommen
habe. Da antworten aber wir, Christus ist ja warer ewiger Gott in rechter warer
götlicher natur, welchs Hoffman leyder nit bekennet und diser götlichen natur
40 nach ist er ja nit, hat auch nit könden von Maria geboren werden. Nach dem

115. fallacia accidentis = falscher Schluß, der dadurch zustande kommt, daß von etwas, was
einem Ding nicht wesentlich zukommt, so geschlossen wird, als ob es zu seinem Wesen gehört.
Vgl. L. Schütz, a.a.O., S.299.
 
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