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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 5): Strassburg und Münster im Kampf um den rechten Glauben, 1532 - 1534 — Gütersloh, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.29142#0343
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FURBEREYTUNG ZUM CONCILIO

339

Gotp.: Das dienet dahyn628, das ir on das629 saget, der Bapst seye der Anti-
christ630, hiemit werden wir aber noch lang nit eins.
Goth.: »Antichrist« heißt ein widerwertiger631Christo, da zeuge nun von jedem
sein werck. Wann man will bischoff der kirchen die sein lassen, die, als du bekennet
5 hast, diener Christi und auspender der geheimnus Gottes sind, 1.Cor.4[1], so mage wol
frid werden.
Gotp.: Der Bapst, merck ich wol, müste aber nit Bapst sein und alle ordnung
under den bischofen fallen.
Goth.: Wiesol? »Papa« heysset ein vatter, »Bischoff« ein uffseher, »Ertz-
10 bischoff« ein ertzuffseher, »patriarch« ein ertzvatter. Diß seyen sie der herd Christi
und thuen solichen namen gnug632, so wöllen wir wol eins werden. Und mit
namen633 sorgen und wachen die gemeinen bischöff uber die pfarrer, uber die
bischöff die ertzbischöff, uber dise die Patriarchen, uber dieselbigen der Bapst zu
Rom, verseh634ein yeder nach seinem vermögen, das das volck Christi allethalb
15 christlich und wol geleret, mit christlicher haußhaltung und guten ordnungen recht
angfüret mit christlicher zucht immer gebesseret werde. Will fehl sein, als nach
dem635 wir menschen und der Herr uns durch den widersecher immer üben636
wille, allweg fehl und mangel bey uns einreissen, so sehe der bischoff, das er mit
seinen pfarreren zu rechter zeyt die Sinoden halte, wie nit allein das gros Concili zu
20 Nicea637, sonder hernach die anderen vast alle, auch der Keyser Justinianus638
Const[itutione] 2 3.639 gebeutet, die järlich zwyret640zu halten, begegne mit christ-

l) Hier folgt im Text sinnwidrig: Gotp.
628. Führt dahin.
629. Ohnehin.
630. Vgl. I Jo 2,18.22. Nachdem schon im Kreise der Schüler Joachims von Fiore der Antichrist
mit dem Papst identifiziert worden war, begegnet dieser Gedanke, auch Wiclif und Huß hatten
ihn aufgegriffen, unter den Reformatoren zuerst bei Luther, der ihn seit 1518 vorsichtig, seit 1520
aber nachdrücklich vertrat; vgl. RGG 1, Sp.433; ausführlicher bei H.Preuß: Die Vorstellungen
vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der konfessionellen Polemik. Leipzig
1906. Besonders S.45-63 und 100-170.
631. Widerstreiter.
632. Werden ... gerecht.
633. Namentlich.
634. Sorge.
635. Zu dem hin.
636. Treiben.
637. Kanon 5 bestimmt, daß in jeder Provinz alljährlich zwei Synoden abzuhalten seien.
Mansi 2, Sp. 669.
638.In Authen[tico], [Marg.]. - Das Authenticum, eine Sammlung 134 justinianischer Novellen
von 535-556 in lateinischer Fassung, galt im Mittelalter der Epitome Juliani mit 124 Novellen
gegenüber fälschlich als der amtliche Text. Eine größere Sammlung mit 168 Novellen in griechi-
scher Sprache ist im Westen erst seit dem 15. Jahrhundert bekannt. Letztere bietet die Grundlage
für die heutige Ausgabe im Corpus Iuris Civilis; vgl. M.Kaser: Römische Rechtsgeschichte.
Nachdruck. Göttingen 1965. S.227f.
639. MSG 104, Sp.679; Corpus Iuris Civilis, Nov. CXXIII, 10.
640. Zweimal.
 
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