VOM AMPT DER OBERKAIT
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uns für und für erbieten69, es sey auf reychsversamlungen, National- oder gemainen
Concilien oder wa man nur wille, so mag mitt ainigem grund der warhait nitt auff-
bracht werden, das wir zu halten seyen als die von der Christlichen Kirchen und
gemain abtrinnig wären70, darumb, das wir uns gemainer pfaffhait, die über so verkerte
; leren und kirchenübungen in so unleügbarer Simoney und sunst unordlichem leben so
offentlich ligen, entschlagen Und uns diener erwolen, die uns das ainig ungezweyflet
Evangely Christi predigen, Halten uns deren breuch und Ceremonien, die der h.
geschrifft gemeß seind, Lassen in dem yederman bey Christlicher freyhait, erkennen
auch alle die unsere glider und brüder in Christo, die in als iren ainigen hayland anrüf-
io fen und nichts offentliches dawider handlen, darumb uns die geschrifft haisset von
leüten abweychen oder sy verbannen. Ja, solang wir in solchem beharren, seind und
bleiben wir in der recht ainig waren Christlichen gemain, Von welcher laider sy, die uns
des abtrettens zum hochsten schelten, gentzlich entfrembdet seind, sy auch nitt allain
mit irer falschen leere und leben zum schwäresten verergeren, sonder auch aufs grausa-
15 mest verfolgen, nit allain in uns, sonder in allen Nationen, die inen ire offentliche
abgottereyen nitt billichen künden, als alle Christen seind in Kriecheniand und fast
allen morgenlendern, grad wie die Donatisten thäten allen, die inen zü irer unchristli-
chen absünderung und verdammung der recht frummen Kirchen Christi nit gehellen71
wolten. Des richten zwischen uns alle, die mit ernst nach Christo fragen72.
20 73Nun, als wir aber bekennen, das daß fundament, welches Christus ist, noch bey
vilen ligt, die sich doch in der gehorsam der gemainen Pfaffhait und Bäpstlichen
gebreüchen halten, ja auch bey etwan vil Pfaffen und München selb, wie vil joch
solliche des holtzes, hewes und stupflen menschlicher satzungen auf diß fundament
bawen74, bekümmeren sich vil güthertziger leüt darumb, ob doch nit mochten weg
25 erfunden werden, das zü allen thaylen abgestellet, was mit dem glauben nit bestehn
mag, und die Kir | H 3 a | chen in Christo zü warer gotsäligen ainigkait bracht wurde.
So wir dann alles allen werden sollen75, damit wir doch yeman gewinnen, und der
glaub sich allweg, wa ainig hoffnung der besserung, frey vernemen lasset, was er gegen
yederman recht und billich erkennet, Die liebe auch denen gemüteren, so nach Christo
30 also sehnen und bekümmeret seind, gern trostlich ist auch mit dem, das sy sich auf Got
zur hilf aufthüt76, die sich doch als unmüglich ansehen lasset, auß disen ursachen findet
man auch unsers tails etwan güthertzige und fridgyrige leüt, die auff so ängstig ansu-
69. »Erbarkeit« kann sich speziell auf die Ratsherren beziehen, die öfter mit E. E. (Eure
Erbarkeit) adressiert wurden. Hier meint der Ausdruck offensichtlich die Vertreter der Reichs-
stände. Immer wieder haben die reformatorischen Christen versucht, ihre Treue zu der wahren
Kirche Christi vor den Ständen (vor aller erbarkeit) unter Beweis zu stellen.
70. Allgemein reformatorische Auffassung, die Kirche nie verlassen zu haben.
71. Zustimmen.
72. Die Antwort auf die Frage, wer sich tatsächlich von der wahren Kirche Christi entfernt
habe, überläßt B. letzten Endes denjenigen, die den Glauben an Christus ernstnehmen.
73. Vilfragen nach ainigkait der Kirchen. [Marg.].
74. Anspielung auf 1 Kor 3,11 f.
75. Vgl. 1 Kor 9,22.
76. Für den Christen ist es schon ein Trost, sich an Gott um Hilfe zu wenden.
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uns für und für erbieten69, es sey auf reychsversamlungen, National- oder gemainen
Concilien oder wa man nur wille, so mag mitt ainigem grund der warhait nitt auff-
bracht werden, das wir zu halten seyen als die von der Christlichen Kirchen und
gemain abtrinnig wären70, darumb, das wir uns gemainer pfaffhait, die über so verkerte
; leren und kirchenübungen in so unleügbarer Simoney und sunst unordlichem leben so
offentlich ligen, entschlagen Und uns diener erwolen, die uns das ainig ungezweyflet
Evangely Christi predigen, Halten uns deren breuch und Ceremonien, die der h.
geschrifft gemeß seind, Lassen in dem yederman bey Christlicher freyhait, erkennen
auch alle die unsere glider und brüder in Christo, die in als iren ainigen hayland anrüf-
io fen und nichts offentliches dawider handlen, darumb uns die geschrifft haisset von
leüten abweychen oder sy verbannen. Ja, solang wir in solchem beharren, seind und
bleiben wir in der recht ainig waren Christlichen gemain, Von welcher laider sy, die uns
des abtrettens zum hochsten schelten, gentzlich entfrembdet seind, sy auch nitt allain
mit irer falschen leere und leben zum schwäresten verergeren, sonder auch aufs grausa-
15 mest verfolgen, nit allain in uns, sonder in allen Nationen, die inen ire offentliche
abgottereyen nitt billichen künden, als alle Christen seind in Kriecheniand und fast
allen morgenlendern, grad wie die Donatisten thäten allen, die inen zü irer unchristli-
chen absünderung und verdammung der recht frummen Kirchen Christi nit gehellen71
wolten. Des richten zwischen uns alle, die mit ernst nach Christo fragen72.
20 73Nun, als wir aber bekennen, das daß fundament, welches Christus ist, noch bey
vilen ligt, die sich doch in der gehorsam der gemainen Pfaffhait und Bäpstlichen
gebreüchen halten, ja auch bey etwan vil Pfaffen und München selb, wie vil joch
solliche des holtzes, hewes und stupflen menschlicher satzungen auf diß fundament
bawen74, bekümmeren sich vil güthertziger leüt darumb, ob doch nit mochten weg
25 erfunden werden, das zü allen thaylen abgestellet, was mit dem glauben nit bestehn
mag, und die Kir | H 3 a | chen in Christo zü warer gotsäligen ainigkait bracht wurde.
So wir dann alles allen werden sollen75, damit wir doch yeman gewinnen, und der
glaub sich allweg, wa ainig hoffnung der besserung, frey vernemen lasset, was er gegen
yederman recht und billich erkennet, Die liebe auch denen gemüteren, so nach Christo
30 also sehnen und bekümmeret seind, gern trostlich ist auch mit dem, das sy sich auf Got
zur hilf aufthüt76, die sich doch als unmüglich ansehen lasset, auß disen ursachen findet
man auch unsers tails etwan güthertzige und fridgyrige leüt, die auff so ängstig ansu-
69. »Erbarkeit« kann sich speziell auf die Ratsherren beziehen, die öfter mit E. E. (Eure
Erbarkeit) adressiert wurden. Hier meint der Ausdruck offensichtlich die Vertreter der Reichs-
stände. Immer wieder haben die reformatorischen Christen versucht, ihre Treue zu der wahren
Kirche Christi vor den Ständen (vor aller erbarkeit) unter Beweis zu stellen.
70. Allgemein reformatorische Auffassung, die Kirche nie verlassen zu haben.
71. Zustimmen.
72. Die Antwort auf die Frage, wer sich tatsächlich von der wahren Kirche Christi entfernt
habe, überläßt B. letzten Endes denjenigen, die den Glauben an Christus ernstnehmen.
73. Vilfragen nach ainigkait der Kirchen. [Marg.].
74. Anspielung auf 1 Kor 3,11 f.
75. Vgl. 1 Kor 9,22.
76. Für den Christen ist es schon ein Trost, sich an Gott um Hilfe zu wenden.