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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0059
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DIALOGI

55
|B iaj Der eingang. Wavon in disen Dialogen und gesprachen fürnamlich zu handlen
fürgenommen ist, mit ainem fürbild der unzeytigen freche und unwürsche 30 , so man
offt außbrechen lasset, wenn man schon von gotlichen sachen disputieret.
Hartmut. Synnprecht. Fridlieb.
5 EY, will man sich Christi, unsers Herren, berhumen, so glebe 31 man im auch. Sinn-
precht: Kan man aber Christo nitt geleben, man kere es dann alles ainßmals umb, fare
oben auß und niendert 32 an? 33 Fridlieb: Was ist das für ain handel, mein Hartmut? Du
bist gar hefftig! Sinnp.: Er leret solche gelindigkait 34 bey seinen predigern, denen er
also nachlauffet. Hartmut: Du aber deine spitzfindigkait bey deinen mussigen junck-
io herren, die mainen, es seye ain kunst, yedermans thun richten und tadlen. Und thünd
aber sy dieweil nichts, des yeman gebesseret wurde. Frid: Nit also, lieben brüder! Der
gayst Christi, unsers Herren, ist ain gaist der senfftmütigkait. Durch zanck und unwil-
len verleürt man die warhait, flndet sy nicht. Der gaist Gottes, der allain alle warhait
leret, der rüwet allain ob denen, die ains zerschlagenen hertzens seind und erzütteren ab
15 seinem wort. Bede, frechait und unwürsche, fleücht er. 35 Was ist aber der span? 36
Wavon disputierent ir, ich darff nit sagen: zanckent? Hart: Der will, die weltlich
oberkait solle sich der Religion sachen und was den glauben belanget nur nichts
annemen. Und die prediger des Evangelii sollen auch die oberkait darumb nit anspre-
chen oder darzü ermanen. Sinnp: Syh, mein Fridlieb, das ist die warhait und freüntli-
20 chait, so dise in irem Evangelio leren. Hart: Ja, warlich. Gelt 37 , ich hab dir unrecht
thon? So du wilt, das die oberkait bekante und offentliche abgotterey nit solle abschaf-
fen, was kan anders dein mainung sein, dann das sy sich der religion allerding nichts
annemen solle. Und so dir die prediger also schwärlich sündigen, das sy vermanen,
solche Abgotterey abzustellen, wie wolts anders bey dir stehn, dann das die prediger
2; | [B ib] | die oberkaiten sollen der religion halben nur ungeleret und unvermanet
lassen? Sinnp: So billiche leüt sein dise kunden. Frid: Lieben Herren, der handel, davon
ir streyten, ist weytleüffig und wollen sich yetz derzeyt eben vil daran stossen. Aber
meine brüder, mochten irs leyden, das ich von diser sachen mit euch red hielte, wäre ich
güter hoffnung, wir wolten uns der warhait alle drey feyn und leychtlich vergleichen.
30 Hart: Lieber Fridlieb, es ligt disen leüten anderstwa 38 , dann das sy der warhait fast
nachfragen. Sinnp: Wa ligts aber euch?

30. Zorn, Unfreundlichkeit.
31. Folge, lebe ... nach.
32. Nirgends.
33. Ironischer Sinn: Fange ganz gewaltig an und komme dann tatsächlich zu nichts.
34. Sanftmut.
35. Wavon hierin gehandlet. [Marg.].
36. Streitpunkt.
37. Süddeutsches Flickwörtchen: nicht wahr?
38. Anderswo.
 
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