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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0141
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DIALOGI

137

kraut569 und erkennen des Herren leere sein, das nyeman von der Kirchen verstossen
werden solle, wa die sach zweyflet ist570, Und das wir alweg das arg von uns thuen mit
der beschaidenhait, das damit die güten nit verletzet werden. So gar ist571 aber nyeman
von allen alten leereren, der daran zweyflet hette, das die oberkait nitt solte falsche
Religion straffen, das der hailig Augustinus572 wider die Donatisten schreibet, er wisse
doch nitt, waher sy sollichen tandt573 bringen. Nun hatt aber der hailig leerer die
elteren leerer gar hoch bevorgehabt574 und ire leer wol gewißt und inen gern allenthal-
ben nachkommen.
Sinnp: Wolan, ich hab das wol auß dem hailigen Augustino zü vernemen. Darbey
sehe ich aber das auch wol, das er dennocht der mainung nit gewesen ist, das man die
abtrinnigen vom waren Gottesdienst so ernstlich straffen solte, wie durch den Mose
gebotten ist. Frid: Hast war, Die hailigen vatter haben auß dem brauch der vorigen
Kirchen, die noch kaine Fürsten gehabt, die sich Christo ergeben hetten, sich erstlich
nicht besonders angenommen umb das ampt der Fürsten, das sy dardurch waren
Gottesdienst gefürderet oder falschen abtriben hetten. Die Kaiser aber, als Constanti-
nus und seine gleubige nachkommen, waren selb hiezü geflissen575. Darin | [P 4 b] |
haben sy dann die hailigen Vatter auch gelobet, wie wir das bey dem hailigen Ambro-
sio576 lesen, in den schrifften, die er an und von den Kaiseren seiner zeyt geschriben
hatt.
Man sicht aber darbey auch gnügsam allain bey dem hailigen Augustino, das der
alten lieben hailigen glaub und haltung in disem aigentlich gewesen ist, das den Fürsten
mehr angelegen sein solle der ware Gottesdienst dann etwas anders güts auff erden und
das sy auch das falsch in der Religion mehr dann kain ander übel abtreiben sollen und
sich in allweg beweysen als die vilmehr sorgen577, das die seeien Gott glauben halten,
dann die weyber iren manneren. Nun warde dazumal der Ehbruch am leben gestraffet,
cap. 14578 des ehgemelten büchs.
Es ist aber darbey das auch von lieben hailigen und Christlichen Fürsten billich
bedacht worden, das die leüt oft auß lauter ainfaltiger verfürung in abfal der Religion

569. So interpretiert jedoch Franck diese Parabel auch. Chronick, S. 203 a (Ulmer Ausgabe):
„dise parabel ... nit allein auff die ketzer, ... sunder auch von allen, die mit jrem bosen leben ein
anstoß vnd ärgerniß der kirchen seind.“
570. Dieser Nebensatz bildet eine bedenkliche Bedingung, die den Toleranzgedanken der
Parabel erheblich einschränkt. Sie stammt aus Augustins Contra epistulam Parmeniani 3, 2, 13;
MSL43, Sp. 92. Vgl. M. de Kroon, a.a.O., S. 87.
571. Überhaupt gibt es.
572. Vgl. Ep. 185,25; CSEL 57, S. 23 ff.
573. Leeres Geschwätz; Lexer 2, Sp. 1402.
574. Hochgeschätzt. -- Zum Gebot Moses auf dieser und den folgenden S. s. 5 Mos 13,6 ff.
575. Eifrig bemüht.
576. Vgl. Ambrosius: De flde 1,1; CSEL 78, S. 4f; ep. 2.12.13.14.17. MSL 16, Sp. 9i7ff.
987f£. 990.ff. 993 ff. iooiff.
577. Als diejenigen, die vielmehr dafür sorgen.
578. Augustinus: Ep. 185,20; CSEL 57, S. i8f. B. zitiert auch hier offenbar nach der Eintei-
lung, welche Wolfgang Musculus in seiner Übersetzung des Briefes getroffen hat. Die Stelle
fmdet sich jedoch am Ende von Kap. 13 der Übersetzung von Musculus. Vgl. »Vom Ampt der
oberkait«, Bl. D 2 a, in CSEL 57, S. 19, Z. 4E
 
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