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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0161
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DIALOGI

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Mein Sinnprecht, was Christo, unserem Herren, an uns gefallet, wolte er allen
Creaturen geprediget haben, sagt seinem hailigen vatter danck, das er solchs den
klugen und verstendigen verborgen und den klainverstendigen geoffenbaret hat 694 .
Derhalb, wa die Gottsalige oberkait allain versicht, das die Christlich leer und haußhal-
5 tung der Kirchen nach dem wort Gottes recht getriben und geubet werden, warlich, da
wirts nitt müglich sein, das recht gotsfortige, verstendige, erbare leüt den Bäpstlichen
mißbreüchen noch sovil anhangen, das sy die leere und den brauch der Sacramenten,
den ir oberkait und gemain gentzlich nach dem wort des Herren, wie klärlich zü sehen
ist, angerichtet haben und üben, die lenge 695 scheühen und von der gemainschafft der
io Kirchen abstanden.
Hart: Es bekennen doch die Bäpstlichen leerer selb, wa die wort und zaichen gebrau-
chet werden wie der Herr die verordnet hatt, das man da gentzlich die ware Sacrament
Christi | T 2 a j habe, ob schon die anderen breüch, die man hernacher umbs wol-
stands willen hinzügeordnet hatt, nitt gehalten werden 696 . So vernainet das auch
i 5 nyeman, wa warer glaub an Christum und die liebe geleret, das da die substantz seye
Christlicher leere. Derhalb, wenn schon etliche recht gotsforchtigen sich beschwären
wolten, das allerlay nebenbreüch bey uns nitt gehalten werden, so doch alles, das an
Christlicher leer und Sacramenten das recht wesen ist, bey uns gantz gefunden wirt,
wie das auch unsere feind zeügen müssen, werden warlich die recht gottsäligen kain
20 ursach haben, sich von der gemain bey uns zu sünderen und die hailigen Sacrament, die
doch allerding nach dem wort des Herren außgespendet werden, zü meiden, noch vil
weniger mit den gemainen Pfaffen, bey denen doch die einsatzung des Herren so gar
verkeret ist, in solchem gemaynschafft zu haben.
Frid: Glaub mir, mein Sinnprecht, wa man ain zeytlang das hailig Evangelii rain
25 prediget hat und demselbigen nach reformation fürgenommen, wer an solchen ortten
den Bäpstlichen mißbreüchen noch anhanget und die gemainschafft im wort und
Sacramenten Gottes mit seiner oberkait und gemain scheühet, den wirt aigentlich
darzü treiben aintweders, das er auff die welt und feind der warhait zü ain groß auffse-
hen oder aber züvil verdruß hatt ab 697 seiner gemayn und oberkaiten oder ist sust mit
30 ainem irrigen gaist behafftet. Darumb, wenn wirs recht urthaylen wollen, müssen wir
das ye bekennen, das in rechter Christlicher policey 698 , da man vor allem süchet, wie
Gottes nam gehailiget und sein reich erweyttert werde und darumb auch getrewlich
versicht, das die leer, Sacramenten und alles haußhalten der Kirchen nach dem wort des
Herren angestellet und geübet werden, die nymmermehr als vil gelten und also fürge-
3 5 zogen werden sollen, die noch von der gemaynschafft Christi abstehn als die, so sich in

694. Vgl. Mt 11,25.
695. Noch lange, weiterhin, auf die Dauer.
696. Vgl. zu B.s Kirchenbegriff jetzt G. Hammann: Martin Bucer. Fondements theologiques
et developpements historiques de sa doctrine de l’eglise. Theol. Diss. Straßburg 1982. Vgl.
dagegen J. Eck: Enchiridion locorum communium adversus Lutherum et alios hostes ecclesiae
(1525—1543). Hg. von P. Fraenkel in: CCath 34. Münster 1979. Besonders Kap. 13. De humanis
constitutionibus, S. 146—157.
697. Hier: Abneigung gegenüber der Gemeinschaft und den Obrigkeiten.
698. Ordnung.
 
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