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OBRIGKEITSSCHRIFTEN
prediger habe, nach der regel Sant Pauli zum Timotheo690 und Tito691. Es ist ja laider
vil fehls auch bey denen, die sich des Evangelii berhumen. Die oberkaiten aber, so ire
policey recht gotsalig wollen anstellen, die werden in disem ampt kainen gedulden, der
nicht zu leeren geschickt und im leben unklagbar seye. Sovil dann die hailigen Sacra-
ment betrifft, muß der freylich Gotes wenig achten, der nicht erkennen solte, so man in
des auß dem wort Gottes getrewlich berichtet, das man die hailigen Sacrament ye
gotsäliger nit hendlen mag dann nach der einsatzung Christi, unsers Herren. Die ist
nun in dem Evangelion und schriften der Apostel hell und klar vor augen, und kan ain
kind sehen, das es in dem allem bey der gemainen pfaffhait grawsamlich verderbet ist
und in der Meß zum allergrausamsten. Wie künde dann ain recht erbar, verstendig man
solchs täglich auß befelch seiner oberkait horen und in dem noch unverstendiger
bleiben, das er dem so verkertem wesen der gemaynen pfaffhait wolte anhangen und
meyden die waren Christlichen ubungen seiner gemain, welche auch die feynd erken-
nen mussen dem wort des Herren gentzlich gemäß sein?
Sinnp: Wa wiltu aber solche prediger nemen? Frid: Ob wirs schon nitt haben kün-
den, die der regel Sant Pauli allerding gemäß seind, fmdet man dannocht, Gott sey lob,
die die gehaymnuß unsers Herren verstehn und von hertzen begeren, dieselbige wie
recht außzuspenden und deren auch in irem leben zeügnuß zu geben, Also das man sy
kains lasters bezeügen mag.
Sinnp: Ich gib zü: Wenn man will recht in die sach sehen, so ist bey der gemainen
pfaffhait ja alles an leer und leben so jämerlich verderbet, das yedes gotsforchtig hertz
leycht erkennen mag, das sy als die gewissen widerchristen692 in alle weg zü fliehen und
zu scheühen seind! So gibts der glaub Christi auch bald ainem yeden, der in hatt, wa ain
gemain ist, die das Evangelii und die hailigen Sacrament übet nach außweisung der
unfälenden regel gottlicher schrifft, das sich ain yeder Christ, der doch on daß bey
sollicher gemain wohnet, in alle weg | [T i b] | als ain glid derselbigen gemain halten
solle, das wort Gottes fleissig mitthoren, gebett üben, die Sacramenten empfahen, sein
allmüsen geben und die ware gemainschafft Christi in allem leben getrewlich beweisen.
Es irret693 aber noch vil die gehorsame, die wir unseren obersten oberen, welche
wollen besserung der religion dem Concilio vorbehalten sein, schuldig seind und
mainen, so besondere Herren und Communen in solchen allgemainen sachen Christli-
chen glaubens reformation fürnemen, es seye gefrävelet. Frid: Mein Sinnprecht, Ob
diß schon im anfang des handels erbare, verstendige gemüter hette etwas irren mügen,
wie künde es aber nunmehr yeman irren, der das wort Gottes doch ettwas bey im gelten
lasset. Dann wer sicht nicht, das die Pfaffen, welche die macht der welt noch des
mehreren tails für sich haben, ware Christliche besserung nymmer zülassen werden? So
mag ain yeder Christ das bald fassen, das wir in allen dingen zum fordersten sehen
sollen, was Christo gefellet, des wir also leib und seelaigen seind, das hierzü, das wir
Christo geleben, alle ding unser seind, Petrus, Paulus, tod und leben und die gantze
welt, i. Cor. 3[22].
690. 1 Tim 3,1 ff.
691. Tit 2,1.
692. Vgl. »Vom Ampt der oberkait«, S. 37, Anm. 85.
693. Beirrt, verwirrt (transitives Verb).
OBRIGKEITSSCHRIFTEN
prediger habe, nach der regel Sant Pauli zum Timotheo690 und Tito691. Es ist ja laider
vil fehls auch bey denen, die sich des Evangelii berhumen. Die oberkaiten aber, so ire
policey recht gotsalig wollen anstellen, die werden in disem ampt kainen gedulden, der
nicht zu leeren geschickt und im leben unklagbar seye. Sovil dann die hailigen Sacra-
ment betrifft, muß der freylich Gotes wenig achten, der nicht erkennen solte, so man in
des auß dem wort Gottes getrewlich berichtet, das man die hailigen Sacrament ye
gotsäliger nit hendlen mag dann nach der einsatzung Christi, unsers Herren. Die ist
nun in dem Evangelion und schriften der Apostel hell und klar vor augen, und kan ain
kind sehen, das es in dem allem bey der gemainen pfaffhait grawsamlich verderbet ist
und in der Meß zum allergrausamsten. Wie künde dann ain recht erbar, verstendig man
solchs täglich auß befelch seiner oberkait horen und in dem noch unverstendiger
bleiben, das er dem so verkertem wesen der gemaynen pfaffhait wolte anhangen und
meyden die waren Christlichen ubungen seiner gemain, welche auch die feynd erken-
nen mussen dem wort des Herren gentzlich gemäß sein?
Sinnp: Wa wiltu aber solche prediger nemen? Frid: Ob wirs schon nitt haben kün-
den, die der regel Sant Pauli allerding gemäß seind, fmdet man dannocht, Gott sey lob,
die die gehaymnuß unsers Herren verstehn und von hertzen begeren, dieselbige wie
recht außzuspenden und deren auch in irem leben zeügnuß zu geben, Also das man sy
kains lasters bezeügen mag.
Sinnp: Ich gib zü: Wenn man will recht in die sach sehen, so ist bey der gemainen
pfaffhait ja alles an leer und leben so jämerlich verderbet, das yedes gotsforchtig hertz
leycht erkennen mag, das sy als die gewissen widerchristen692 in alle weg zü fliehen und
zu scheühen seind! So gibts der glaub Christi auch bald ainem yeden, der in hatt, wa ain
gemain ist, die das Evangelii und die hailigen Sacrament übet nach außweisung der
unfälenden regel gottlicher schrifft, das sich ain yeder Christ, der doch on daß bey
sollicher gemain wohnet, in alle weg | [T i b] | als ain glid derselbigen gemain halten
solle, das wort Gottes fleissig mitthoren, gebett üben, die Sacramenten empfahen, sein
allmüsen geben und die ware gemainschafft Christi in allem leben getrewlich beweisen.
Es irret693 aber noch vil die gehorsame, die wir unseren obersten oberen, welche
wollen besserung der religion dem Concilio vorbehalten sein, schuldig seind und
mainen, so besondere Herren und Communen in solchen allgemainen sachen Christli-
chen glaubens reformation fürnemen, es seye gefrävelet. Frid: Mein Sinnprecht, Ob
diß schon im anfang des handels erbare, verstendige gemüter hette etwas irren mügen,
wie künde es aber nunmehr yeman irren, der das wort Gottes doch ettwas bey im gelten
lasset. Dann wer sicht nicht, das die Pfaffen, welche die macht der welt noch des
mehreren tails für sich haben, ware Christliche besserung nymmer zülassen werden? So
mag ain yeder Christ das bald fassen, das wir in allen dingen zum fordersten sehen
sollen, was Christo gefellet, des wir also leib und seelaigen seind, das hierzü, das wir
Christo geleben, alle ding unser seind, Petrus, Paulus, tod und leben und die gantze
welt, i. Cor. 3[22].
690. 1 Tim 3,1 ff.
691. Tit 2,1.
692. Vgl. »Vom Ampt der oberkait«, S. 37, Anm. 85.
693. Beirrt, verwirrt (transitives Verb).