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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0197
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DOKUMENTE ZUR 2. STRASSBURGER SYNODE

I93

Anabaptisten seit der ersten Synode nicht gestoppt worden. Vor allem 1538 ließen sich
viele Täufer, besonders aus den Niederlanden, aus Brabant und Flandern in der Reichs-
stadt nieder 12 . Diese Tatsache konnte den Druck der Prediger auf die Ratsherren,
endlich einmal wirklich die Zuchtordnungen in der Praxis durchzuführen, nur ver-
größern. Im Mai dieses Jahres wurde auch die Sache Hoffman im Rat neu beraten.
Johann Eysenburg und Peter Tasch, zwei konvertierte Wiedertäufer aus dem hessi-
schen Gebiet, in welchem Bucer gerade hinsichtlich dieses heiklen Problems wichtige
Erfahrungen gesammelt hatte, waren in Straßburg eingetroffen und wurden zum
Gespräch mit Hoffman zugelassen. Von seiten des Rates waren Pfitzer und Geierfalk
bei diesen Gesprächen zugegen. Am 7. Mai konnten Bucer und Capito über diese
Unterhaltung Bericht erstatten 13 . Wie eng die Frage der Kirchenzucht mit dem Täufer-
problem verknüpft war, wird sehr eindrucksvoll aus dem Glaubensbekenntnis von
Peter Tasch ersichtlich; so wird u. a. gesagt: »So wier die kyrchenzucht ... getrewlich
üben ..., wyl er sich ... von christlicher gemeinschafft mit uns nicht sondern.« 14
Aus dem allen dürfte ersichtlich geworden sein, daß die lamentable Lage der Kir-
chenzucht und — in bezug auf die Uneinheitlichkeit in der Gestaltung der Zeremonien
— der Kirchendisziplin eine zweite Synode der Straßburger Kirche notwendig machte.
Von vornherein dürfte aber genauso klar sein, daß in Hinblick auf die Haltung des
Rates die Aussichten auf Erfolg nicht besonders groß waren.

2. Verlauf der Synode
Laut einem Rundschreiben von Capito, Hedio, Zell und Bucer vom 8. Mai 1539 wuf de
die zweite Straßburger Synode auf den 26. Mai 1539 ausgeschrieben 15 . Die Einladung
war nicht nur schlicht, sie war auch in der Formulierung recht zurückhaltend. Es hieß,
daß eine Sondersitzung der Straßburger Prediger erwünscht sei »propter causas quas
coram audies«. Eine direkte Berichterstattung unserer Synode fehlt. Weder das Proto-
koll noch die Namen der Teilnehmer sind uns erhalten. Das Datum des Treffens ist
dem obigen Einladungsschreiben (aus einer Notiz von Konrad Hubert) und einem
Brief von Bucer vom 29. Mai 15 39 an Myconius und Grynaeus zu entnehmen. In jenem
heißt es: »Gestern hat die Synode getagt. Sie hat drei Tage gedauert.“ 16 Anwesend
waren wohl nach dem Vorbild der Synode von 1533 alle Pfarrer und Helfer der Stadt-
und Landgemeinden, die Lehrer des Gymnasiums und der Hohen Schule sowie die
Kirchspielpfleger und für die Dörfer die Schultheißen mit je einem Delegierten der
sogenannten »Heiligenpfleger« (Kirchenräte). Das Präsidium führte sicher ein Beauf-

12. Vgl. A. Hulshof, a. a. O., S. 162.192; J. W. Baum, S. 524.
13. Vgl. K. Deppermann: Melchior Hoffman. Soziale Unruhen und apokalyptische Visionen
im Zeitalter der Reformation. Göttingen 1979. S. 325 — 331, bes. S. 327, Anm. 79.
14. Glaubensbekenntnis von Peter Tasch vom n.Mai 1539; AMS AA 405, S. 39; s. jetzt
Täuferakten 53, XV (Els. 3), Nr. 913.
15. AST 75 (45,1), S. 757 (der Fotokopie); s. unten S. 213.
16. Brief von Bucer an Grynaeus und Myconius vom 29. Mai 1539; Zürich, ZB, ms. F 80,
185 f. u. ms. Simler 46, 148; TB XII, 52.
 
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