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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 6,2): Zum Ius reformationis: Obrigkeitsschriften aus dem Jahre 1535 ... — Gütersloh, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.29832#0196
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DOKUMENTE ZUR 2. STRASSBURGER SYNODE

Prediger wurden durch den Rat fast immer damit abgespeist, daß offensichtliche
Verstöße gegen die Kirchenzucht ihm anzuzeigen waren. Er hatte diese zu bestrafen,
nicht die kirchliche Obrigkeit.
1538 erschien Bucers große Schrift »Von der waren Seelsorge«. Sie wurde vom Rat
der Stadt nicht günstig aufgenommen 5 . Dieser sah seine Furcht, die Kirchenmänner
wollten eine eigene Jurisdiktion und namentlich das Recht der Exkommunikation
beim Abendmahl ausüben, bestätigt. Am Ende desselben jahres nämlich verfaßte
Bucer ein Gutachten über die Taufe/Konfirmation und die Gestaltung der Abend-
mahlsfeier 6 . Auch über diese Schrift wird sich der Rat nicht gefreut haben, wurde doch
hierin die Konfirmation als eine verbindliche Form des Glaubensbekenntnisses für
jedes Gemeindeglied bezeichnet und verlangt. Dieses Dokument, das in Bucers
eigener Eiandschrift erhalten ist, wird als eine unmittelbare Vorbereitung für die
Synode von 1539 anzusehen sein und ist in diesem Band erstmalig abgedruckt.
Als weiterer Versuch, mit der Zucht in der Kirche Ernst zu machen, erscheint
alsdann am 29. Januar 1539 die »Verordnung vom fürbeschicken«, die sich mit Amt
und Aufgabe der Kirchspielpfleger beschäftigt 7 . Ohne Zweifel wurde mit dem Versa-
gen dieser Institution ein wunder Punkt im kirchlichen Leben Straßburgs berührt. Die
einschlägigen Beschlüsse der Kirchenordnung von 1534 (§4) waren ein toter Buch-
stabe geblieben 8 . Die Kirchspielpfleger kamen einfach nicht zusammen, und dadurch
fehlte der Kirche ein brauchbares Instrument, um die Zucht zu überwachen und zu
fördern, sowie gegebenenfalls mit Hilfe des Rates die Verstöße gegen die Zuchtord-
nungen zu bestrafen. Anscheinend war diese Feststellung für den Rat recht peinlich,
und er wollte den Predigern jeden berechtigten Grund zum Klagen nehmen. Er
beschloß also, daß die Kirchspielpfleger von den Verstößen gegen die Zuchtvorschrif-
ten schriftlich Angabe zu machen und ihre wöchentlichen Zusammenkünfte treu zu
halten hatten 9 .
Im Februar 1539 wu rde dem Rat das Gutachten seiner Kommission betreffend die
1538 durchgeführte Kirchenvisitation eingereicht 10 . Am 28. Februar und am 15. Mai
war dieses Thema Gesprächsgegenstand der Ratssitzungen 11 . Es wurden Zusammen-
künfte von Wiedertäufern in Dorlisheim gemeldet. Tatsächlich war der Zufluß von
5. Vgl. BDS 7, S. 69 —245, bes. 83h und 219 — 222, die Stellen über die Handhabung der
Kirchenzucht durch die Pfarrer (mit Namen durch die Exkommunikation), die in Widerspruch
zu der auf dem Papier stehenden, offiziellen Handhabung durch die Kirchspielpfleger standen.
6. AST 38 (20,1), Nr. 37, Bl. 1 a-iob; s. unten S. 203 ff.
7. Mandat vom fürbeschicken vom 29. Januar 1539. Vgl. Täuferakten 5 3, XV (Els. 3),
Nr. 890; gedruckt in der Kirchenordnung von 1598, S. 322 — 323 und in deren weiteren Ausga-
ben (S. 368 — 370 in der Ausgabe von 1670). Das Neue bei diesem Mandat im Verhältnis zur
Kirchenordnung von 1534 ist, daß die Kirchenspielpfleger die Widerspenstigen dem Rat
anzeigen sollten, während sie sie laut Kirchenordnung von 1534 nur dem göttlichen Gericht
befehlen, ihnen aber bürgerliche Freundschaft beweisen sollten. Höchstens konnten noch die
Pfarrer zu Rat gezogen werden.
8. Vgl. BDS 5, S. 37.
9. Am 3. Februar 1539 nahm der Rat den endgültigen Text dieses Mandates an und befahl,
ihn in den Zünften vorzulesen; AMS XXI, 1539, f- 2 7 b ls b-
10. Diese war laut Kirchenordnung von 1534 jährlich vorgeschrieben; BDS 5, S. 39.
11. AMS XXI, 1539, f 47f- u - I2( i-
 
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