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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0073
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Einleitung

i. Entstehung und Zweck unserer Schrift

Die Schrift »Von der waren Seelsorge und dem rechten Hirtendienst«
ist nicht von langer Hand geplant und vorbereitet. Wohl hatte Bucer
bereits einige Traktate über gottesdienstliche Fragen geschrieben und
zu einzelnen Fragen des kirchlichen Lebens und der kirchlichen Ordnung
Stellung genommen. Bezüglich einer neuen Kirchenverfassung hatte
er sich wiederholt in Eingaben und Gutachten an den Rat gewandt.
Aber eine brauchbare Zusammenfassung seiner Anschauungen fehlte
in Straßburg trotz der 1534 erlassenen Kirchenordnung noch immer.
Wie Bucer an Ambrosius Blarer am 4. April 1538 von Straßburg her
schreibt, hat die praktische Not ihn zur Abfassung dieser Schrift ver-
anlaßt. Dem Reformator fällt auf, daß in der Gemeinde der Sinn für
das Wesentliche im Verständnis der Kirche abflaut. Man weiß nicht
mehr, was communio sanctorum ist, wie sie sich ergibt und was sie
bedeutet. Unbekannt ist es, welche Ordnungen die Heilige Schrift für
das Leben der Gemeinde vorschreibt und empfiehlt. Von der Gemeinde
kann keine klare Erkenntnis verlangt werden, meint Bucer, da die
Pfarrer selbst über ihre Aufgaben im unklaren sind und vor allem nicht
mehr so viel wie früher darüber wissen, »quae sit cura pastoralis« 1.

Um diesem Notstand zu begegnen, hat Bucer unsere Schrift ge-
schrieben. Wie immer wird er schnell und ohne sorgfältige Vorberei-
tungen seine Schrift verfaßt haben. Ihm ist es bewußt, daß er nichts
Vollständiges bietet, aber er tröstet sich damit, daß sein Buch trotzdem
manchem von Nutzen sein dürfte. Trotz des Augenblickscharakters, der
der Schrift anhaftet, zeichnet sie sich durch Kraft und Deutlichkeit aus.
Von seinem Freunde Ambrosius Blarer erwartet Bucer ein offenes Wort
der Kritik 2. Leider sind im Briefwechsel keine weiteren Äußerungen in
dieser Angelegenheit erhalten geblieben.

Im übrigen hat Bucer sich in diesen Jahren so sehr größeren Aufgaben
verschreiben müssen, daß die Ordnung des Gottesdienstes und die
kirchliche Verfassung in Straßburg für ihn zurücktreten mußte. Merk-
würdigerweise begegnen uns in seinen zahlreichen weiteren Briefen aus
dem Jahre 1538 keine Hinweise auf diese Schrift, die zuweilen als sein
wichtigstes Werk bezeichnet worden ist. Auch Bucer selbst hat ihr
besondere Bedeutung beigelegt. In seinem Testament von 1548 führt
er sie unter seinen Hauptwerken auf: »... Ich bitte und flehe meinen
Gott, das er mich bis an mein end in der leer, glauben und bekentnis
erhalten möge ... und dem waren Kirchendienst, auch Zucht und

1. Schieß I, S. 973.

2. Ebd. S. 877.
 
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