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SCHRIFTEN DER JAHRE I 5 3 8—1 5 39
Eine Analyse dieser Schrift bietet N. Paulus 17. Da wird zuerst aus-
geführt, wie der Pfarrer das Lehramt ausüben soll, dann wird die
Spendung der Sakramente behandelt und schließlich dargelegt, wie er
sich in der Verwaltung der Pfarrei zu benehmen habe. Bemerkenswert
ist, daß Lorich für die Gemeinde das Recht der Pfarrerwahl fordert.
Bucer hatte mit Lorich eine Unterredung 18. Es war die Absicht des
Landgrafen Philipp von Eiessen, daß die Straßburger eine Gegenschrift
schrieben 19. Bucer selbst beklagte das Erscheinen des »onsinnig uff-
rurisch büchlin des wansinnigen mans Gerarden Hadamars 30«. Seine
pastoraltheologische Untersuchung »Von der waren Seelsorge« stellte
eine bewußte Korrektur des von Lorich verzeichneten Bildes dar.
4. Bucers Gedanken %ur Kirchenverfassung
Diese Schrift faßt die Anschauungen zusammen, die Bucer für die
Regelung des Kirchenwesens für notwendig gehalten hat. Die starke
Betonung der Kirche gegenüber den Gemeinschaften täuferischer
Prägung, des Amtes, dem die Schlüsselgewalt von Christus selbst
gegeben ist, und dementsprechend auch der in der Kirche notwendigen
Kirchenzucht, auf deren Fehlen die sektiererischen Kreise immer wieder
hingewiesen, alle diese Momente entstammen der geschichtlichen
Situation. Bucer hatte es nicht einfach, Reformen durchzusetzen, zumal
in der Bürgerschaft Straßburgs sich auch solche Auffassungen zu Worte
meldeten, die der strengen Zusammenfassung des Kirchenwesens und
seiner biblizistischen Begründung entgegenstanden. Diese verteilten sich
ebenso auf die ratsfähigen, humanistisch bestimmten Bürger wie auf
die Spiritualisten und Täufer in den unteren Schichten.
Bucer wußte sich aber auf der Straßburger Synode von 1533 in allem
durchzusetzen. Capito gab ihm gegenüber nach und schloß sich Bucers
Führung an 21. Seitdem galt Bucer unter den Predigern der Reichsstadt
als der anerkannte »Hauptmann«, der die maßgebende theologische
Linie angab, die Auffassung der Straßburger Kirche in seinen Gutachten
und Schriften darlegte und die anderen für seine Stellungnahme zu
gewinnen wußte. In einzelnen Fällen beauftragte ihn der Prediger-
konvent — wie es auch am Schluß des Buches »Von der waren Seel-
sorge« angegeben ist -—- zur Abfassung solcher grundsätzlichen Ab-
17. N. Paulus: Gerhard Lorichius, ein Convertit des 16. Jahrhunderts. In: Der
Katholik. 1894. S. 509-512.
18. Vgl. Len^. II, S. i2of.
19. Ebd. S. 443, Anm. 10.
20. Ebd. S. 429.
21. Vgl. A. Baum, S. 489 fr.
SCHRIFTEN DER JAHRE I 5 3 8—1 5 39
Eine Analyse dieser Schrift bietet N. Paulus 17. Da wird zuerst aus-
geführt, wie der Pfarrer das Lehramt ausüben soll, dann wird die
Spendung der Sakramente behandelt und schließlich dargelegt, wie er
sich in der Verwaltung der Pfarrei zu benehmen habe. Bemerkenswert
ist, daß Lorich für die Gemeinde das Recht der Pfarrerwahl fordert.
Bucer hatte mit Lorich eine Unterredung 18. Es war die Absicht des
Landgrafen Philipp von Eiessen, daß die Straßburger eine Gegenschrift
schrieben 19. Bucer selbst beklagte das Erscheinen des »onsinnig uff-
rurisch büchlin des wansinnigen mans Gerarden Hadamars 30«. Seine
pastoraltheologische Untersuchung »Von der waren Seelsorge« stellte
eine bewußte Korrektur des von Lorich verzeichneten Bildes dar.
4. Bucers Gedanken %ur Kirchenverfassung
Diese Schrift faßt die Anschauungen zusammen, die Bucer für die
Regelung des Kirchenwesens für notwendig gehalten hat. Die starke
Betonung der Kirche gegenüber den Gemeinschaften täuferischer
Prägung, des Amtes, dem die Schlüsselgewalt von Christus selbst
gegeben ist, und dementsprechend auch der in der Kirche notwendigen
Kirchenzucht, auf deren Fehlen die sektiererischen Kreise immer wieder
hingewiesen, alle diese Momente entstammen der geschichtlichen
Situation. Bucer hatte es nicht einfach, Reformen durchzusetzen, zumal
in der Bürgerschaft Straßburgs sich auch solche Auffassungen zu Worte
meldeten, die der strengen Zusammenfassung des Kirchenwesens und
seiner biblizistischen Begründung entgegenstanden. Diese verteilten sich
ebenso auf die ratsfähigen, humanistisch bestimmten Bürger wie auf
die Spiritualisten und Täufer in den unteren Schichten.
Bucer wußte sich aber auf der Straßburger Synode von 1533 in allem
durchzusetzen. Capito gab ihm gegenüber nach und schloß sich Bucers
Führung an 21. Seitdem galt Bucer unter den Predigern der Reichsstadt
als der anerkannte »Hauptmann«, der die maßgebende theologische
Linie angab, die Auffassung der Straßburger Kirche in seinen Gutachten
und Schriften darlegte und die anderen für seine Stellungnahme zu
gewinnen wußte. In einzelnen Fällen beauftragte ihn der Prediger-
konvent — wie es auch am Schluß des Buches »Von der waren Seel-
sorge« angegeben ist -—- zur Abfassung solcher grundsätzlichen Ab-
17. N. Paulus: Gerhard Lorichius, ein Convertit des 16. Jahrhunderts. In: Der
Katholik. 1894. S. 509-512.
18. Vgl. Len^. II, S. i2of.
19. Ebd. S. 443, Anm. 10.
20. Ebd. S. 429.
21. Vgl. A. Baum, S. 489 fr.