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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0156
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15 2

SCHRIFTEN DER JAHRE I 5 3 8—1 5 39

So wir der ungleubigen gät
und herschafften suchen und
nit sie Christo ^gewinnen,
so schickets Gott, das
sie uns der guter und der
herschafften berauben.

Die Moscoviter hat man
on gelt %u gemeiner
Kirchen nit wollen auff-
ne?nen.

Die leut in den new-
gefundenen landen haltet
man so onmenschlich, das
sie inen selb den tod
anthun.

Nun aber sehen wir leider, das man wol der Juden 205, Türcken und
anderer Heiden land und gut suchet, aber wie man ire seelen Christo
unserem Herren gewinne, spüret man wenig ernsts 206; Und das nit
allein bei den ordenlichen Fürsten, die man weltlich herren nennet,
sonder auch bei den genanten geistlichen 1.

Da vor jaren die Moscoviter sich selb zur gemeinschafft gemeiner Kir-
chen geben wolten, tribe sie der Bapst alleine damit ab, das er inen
züfil gelts zu geben ufflegen wolte. Und da er an disen schafflin die
woll nit bekommen mochte, fragt er den schäfflin auch nichts nach 207.

Darumb schickets Gott auß seinem rechten urteil, weil wir Juden,
Türcken und andere Heiden nit understohn zum reich Christi zu ge-
winnen, sonder allein inen zeitlich gut und herschafft zu nemen, das
[46 (N 2) a] sie uns der zeitlichen guter und herrschafften berauben;
Wie dann die Juden der armen Christen habe mit irem wücher wunder-
barlich aussaugen, Und die Türcken land und leut mit gewalt und gantz
erschrocklichem fürgang i 208 uns täglich abreissen 209.

Also befindet man auch ein schweren zorn Gottes in dem finden
und gewinnen der newen land und Insulen, davon man doch so fil
triumphieret, als ob man die Christenheit dardurch größlich 210 meeret;
Dann da wurdt anders nichts außgerichtet, dann das man erstlich die
armen leutlin umb leib und gut bringet und darnach auch umb die
seel durch falschen aberglauben, den man sie durch die bettel-Münch
leeret.

Ich habe das Johan. Glappion., Kei. Maje. beichtvatter 211, vor treff-

i) apud falso nominatos Spirituales. - j) successu terribili.

205. Zu Bucers Stellung in der Judenfrage vgl. auch den »Judenratschlag«,
S. 319 ff.

206. Vgl. H. Frick: Die evangelische Mission. 1922. S. 41 ff. — W. Holsten: Christ-
liche und nichtchristliche Religion nach der Auffassung Bucers. ThStKr 107. 1936.
S. 105 ff. — J. W. v. d. Bosch: Martin Bucer en de zending. Geref. Theol. Tydschrift
33. 1932. S. 492ff.

207. B. bezieht sich offensichtlich auf »Die verteutscht clag Ulrichs von Hutten
an Hertzogen Fridrichen von Sachsen«, 1520 (Böckingl, S. 397): »Also werden auch
die Reussen di unser und Christen werden, welche als sie im nechst vergangen jarn
wolten Christen werden, seint sie von im in irem furnemen durch den allerheiligsten
abgedrungen worden, der von inen gefordert hat, im jarlich viermal hundert tausent
gülden zugeben«. Hutten scheint die Verhandlungen im Auge zu haben, die 1513
und 1519 geführt wurden.

208. Fortschritt.

209. Über die Türkengefahr vgl. P. Joachimsen: Die Reformation. 1952. S. 176. —
H. Lampartner: Luthers Stellung zum Türkenkrieg. 1940. S. 16ff. — M. Köhler:
Melanchthon und der Islam. 1938. S. 73. — Alexanders VI. Bulle »Inter caetera
divina« vom 4. 5. 1493 bei Mirbt, S. 246!.

210. Stark.

211. Mit dem Beichtvater Karls V. Jean Glapion O. F. M. traf B. auf der Ebern-
 
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