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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 7): Schriften der Jahre 1538 - 1539 — Gütersloh, 1964

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https://doi.org/10.11588/diglit.29833#0188
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184

SCHRIFTEN DER JAHRE I 5 3 8-1 5 3 9

Die, so ge sündiget haben
und rewen, muß man also
trösten, das sie doch vor
ZÜ volkomner rewe
gefürderet werden.

In denen, so gesündiget
haben, ist sofil ernstlich
rew und willigere begebung
in die büß, sovil sie in
Christo mehr hoffnung
haben.

Antwort: In dem und allem anderem, das die Christliche Zucht
belanget, müssen wir die Sachen nit nach unser vernunfft, sonder nach
dem wort Gottes außrechnen. War ists, die recht rewenden sind zu
trö-fyo (T 2) b] sten und zur gemeinschafft Christi anzureitzen, nit davon
außzuschliessen. War ists auch, das im heiligen Nachtmal die Gemein- 5
schafft Christi und grosser trost mitgeteilet würt; Dabei ist aber dis
auch war, das der trost Christi nit recht und fruchtbar mage mitgeteilet
werden, man erkenne dann vor und füle das verderben der sünden,
Habe derhalben ein zerschlagen hertz und geengstigten geist, seie Gött-
lich betrübet und traurig gemacht; Welche Göttliche traurigkeit würcket 10
t(ur Seligkeit ein rewe, die niemand gerewet, Wie der h. Apostel schreibt
und wir auch hie oben angezogen haben, ii. Corinth. vii. [10].

Darumb hats Gott unser himlischer Vatter also geordnet, wie hievor
genügsam erwisen, das die, so sich gröblich versündigen, sollen erstlich
gedemütiget, gezüchtiget, gebüsset und also göttlich betrübet und traurig 15
gemacht werden. Nit, das sie darumb verzagen und hoffnung der barm-
hertzigkeit hinwerffen sollen, aber das sie dennocht klagen und leid
tragen, das sie die ewige güte Gottes gegen uns und die erlösung seines
sons, so gering geschetzet und so gotloslich verachtet haben.

Diß klagen und leyd tragen würt auch bei einem jeden sofil ernst- 20
licher erscheinen, sofil er zu der Barmhertzigkeit Gottes und der er-
lösung Christi ein steiffere hoffnung hat und in der gemeinschafft Christi
volkomner ist. Dann so fil ein mensch uff die barmhertzigkeit Gottes
und die erlösung Christi mehr hoffet und in Christo unserem Herren
volkomner lebet, sofil würdt er auch die güte Gottes und erlösung 25
Chri-[7i (T 3) a] sti höher halten und theurer schetzen und durch den
Geist Christi götlicher gesinnet sein; Auß dem mus dann folgen, das
er sich auch der sünden, der Verachtung götlicher güte und erlösung
Christi, der gemeinschafft des Satans, zü deren er sich von der gemein-
schafft Christi in sünden gewant hat, mehr scheme, bekümere und 30
creutzige, bei im selb und auch vor allen gleubigen.

Dann wie ein Son, der seinen vatter schwerlich übergeben x und sich
aber wider zü des vatters liebe und willen warlich bekeret hat, sich sofil
mehr vor seinem vatter und fromen brüderen demütiget, seine sünde
ernstlicher klaget und büsset, sofil er mehr der Verzeihung und güte 35
seines vatters und der brüder befindet 2^ wie in dann auch sein sünde
daher scherpffer beissen; Also würt ein jeder war rewender Christ sich
auch sofil hertzlicher und geneigter zü aller Kirchenzüchtigung und
demütigung begeben, sofil mehr er der barmhertzigkeit Gottes, auch der

x) filius aliquis, qui patrem suum graviter offendit.
295. Erkennen, empfinden.
 
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