SCHULGUTACHTEN
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umschließenden »gemeinen nütz« sind die Motive, die Bucer für die
Entwicklung und Verbesserung des Elementarschulwesens eintreten
lassen. Stärker als andere Reformatoren 8 ist Bucer damit in Straßburs-
O
zum Bahnbrecher für die Anfänge des Volksschulwesens geworden.
Das enge Zusammengehen von Kirche, Schule und Obrigkeit im
Straßburger Stadtstaat hat sich sogar vieles im Kleinen weit muster-
gültiger und früher auf dem Gebiet des Volksschulwesens ent-
wickeln lassen, als das in den größeren Territorien damals möglich war.
Entscheidend hat hier auf Seiten der Scholarchen besonders Jakob
Sturm vorgearbeitet, der diese erste Straßburger Elementarschul-
ordnung nicht nur geschrieben, sondern sicherlich auch verfaßt hat9.
Von hier führt dann ein gerader Weg zur allgemeinen Schulpflicht, die
bereits im 16. Jahrhundert in der Kirchenordnung von 1598 für Straß-
burg obligatorisch gemacht wird, die aber nur dann richtig gewürdigt
werden kann, wenn die Entwicklung bis in die Reformationszeit zu
Martin Bucer und Jakob Sturm zurückverfolgt wird 10.
Der genaue Zeitpunkt des Erlasses der Ordnung für die Straßburger
Lehrmeister ergibt sich aus dem zugefügten Schluß vermerk 11.
8. Dazu sind jetzt vor allem die im Urteil abgewogenen Darstellungen zu ver-
gleichen: W. Flitner: Die vier Quellen des Volksschulgedankens. 4. Aufl. Stuttgart
1958, besonders S. 30R — E. Spranger: Zur Geschichte der deutschen Volksschule.
Heidelberg 1949, besonders S. 14ff. Es muß jedoch gesagt werden, daß die beson-
dere Bedeutung der Reformation Straßburgs für die Entwicklung des Volks-
schulwesens in der allgemeinen Schulgeschichte bisher kaum beachtet worden ist,
wie es bis zur Stunde auch noch keine wissenschaftliche Gesamtdarstellung der
Geschichte der deutschen Volksschule gibt, vgl. auch E. Spranger, a.a.O. S. 11.
9. Jakob Sturm hat sich verschiedentlich mit solchen Fragen des Elementarschul-
wesens beschäftigt, man vergleiche nur den Inhalt seines in den Täuferakten, Bd. 7,
S. 577, Anm. 1 abgedruckten Notizzettels, den er sich während der Synodalverhand-
lungen 1533 gemacht hat.
10. So hat auch W. Dilthey in seiner »Pädagogik« (Gesammelte Schriften. Bd. 9.
Leipzig und Berlin 1934. S. 152) auf die Straßburger Kirchenordnung von 1598 und
die darin gesetzlich ausgesprochene Schulpflicht der Kinder besonders hingewiesen,
allerdings mit der zusätzlichen Bemerkung: »Progressiver Geist der reformierten
Kirche«. Er wußte offensichtlich nicht, daß diese Ordnung maßgeblich noch von
dem Lutheraner Marbach stammt (vgl. im einzelnen die Inhaltswiedergabe und kurze
Entstehungsgeschichte der Ordnung bei Adam, S. 357-368), und kannte wohl über-
haupt die Straßburger Tradition des Elementarschulwesens nicht, die sich folgerichtig
noch aus den Anfängen der Reformation herleitet.
11. Die Ordnung gehört mit zu den Ergebnissen der Beratungen der ersten
Straßburger Synode von 1533; vgl. Täuferakten, Bd. 8, S. 180. Vgl. auch die münd-
liche Beschwerde der Straßburger Prediger beim Rat vom 7. August 1535, in der sie
u. a. den Kirchgang der Lehrmeister und ihrer Schulen zur Sprache bringen und
grundsätzlich fordern, »daß gehalten würde ob den Ordnungen«; vgl. Täuferakten,
Bd. 8, S. 473 f.
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umschließenden »gemeinen nütz« sind die Motive, die Bucer für die
Entwicklung und Verbesserung des Elementarschulwesens eintreten
lassen. Stärker als andere Reformatoren 8 ist Bucer damit in Straßburs-
O
zum Bahnbrecher für die Anfänge des Volksschulwesens geworden.
Das enge Zusammengehen von Kirche, Schule und Obrigkeit im
Straßburger Stadtstaat hat sich sogar vieles im Kleinen weit muster-
gültiger und früher auf dem Gebiet des Volksschulwesens ent-
wickeln lassen, als das in den größeren Territorien damals möglich war.
Entscheidend hat hier auf Seiten der Scholarchen besonders Jakob
Sturm vorgearbeitet, der diese erste Straßburger Elementarschul-
ordnung nicht nur geschrieben, sondern sicherlich auch verfaßt hat9.
Von hier führt dann ein gerader Weg zur allgemeinen Schulpflicht, die
bereits im 16. Jahrhundert in der Kirchenordnung von 1598 für Straß-
burg obligatorisch gemacht wird, die aber nur dann richtig gewürdigt
werden kann, wenn die Entwicklung bis in die Reformationszeit zu
Martin Bucer und Jakob Sturm zurückverfolgt wird 10.
Der genaue Zeitpunkt des Erlasses der Ordnung für die Straßburger
Lehrmeister ergibt sich aus dem zugefügten Schluß vermerk 11.
8. Dazu sind jetzt vor allem die im Urteil abgewogenen Darstellungen zu ver-
gleichen: W. Flitner: Die vier Quellen des Volksschulgedankens. 4. Aufl. Stuttgart
1958, besonders S. 30R — E. Spranger: Zur Geschichte der deutschen Volksschule.
Heidelberg 1949, besonders S. 14ff. Es muß jedoch gesagt werden, daß die beson-
dere Bedeutung der Reformation Straßburgs für die Entwicklung des Volks-
schulwesens in der allgemeinen Schulgeschichte bisher kaum beachtet worden ist,
wie es bis zur Stunde auch noch keine wissenschaftliche Gesamtdarstellung der
Geschichte der deutschen Volksschule gibt, vgl. auch E. Spranger, a.a.O. S. 11.
9. Jakob Sturm hat sich verschiedentlich mit solchen Fragen des Elementarschul-
wesens beschäftigt, man vergleiche nur den Inhalt seines in den Täuferakten, Bd. 7,
S. 577, Anm. 1 abgedruckten Notizzettels, den er sich während der Synodalverhand-
lungen 1533 gemacht hat.
10. So hat auch W. Dilthey in seiner »Pädagogik« (Gesammelte Schriften. Bd. 9.
Leipzig und Berlin 1934. S. 152) auf die Straßburger Kirchenordnung von 1598 und
die darin gesetzlich ausgesprochene Schulpflicht der Kinder besonders hingewiesen,
allerdings mit der zusätzlichen Bemerkung: »Progressiver Geist der reformierten
Kirche«. Er wußte offensichtlich nicht, daß diese Ordnung maßgeblich noch von
dem Lutheraner Marbach stammt (vgl. im einzelnen die Inhaltswiedergabe und kurze
Entstehungsgeschichte der Ordnung bei Adam, S. 357-368), und kannte wohl über-
haupt die Straßburger Tradition des Elementarschulwesens nicht, die sich folgerichtig
noch aus den Anfängen der Reformation herleitet.
11. Die Ordnung gehört mit zu den Ergebnissen der Beratungen der ersten
Straßburger Synode von 1533; vgl. Täuferakten, Bd. 8, S. 180. Vgl. auch die münd-
liche Beschwerde der Straßburger Prediger beim Rat vom 7. August 1535, in der sie
u. a. den Kirchgang der Lehrmeister und ihrer Schulen zur Sprache bringen und
grundsätzlich fordern, »daß gehalten würde ob den Ordnungen«; vgl. Täuferakten,
Bd. 8, S. 473 f.