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CONSILIUM BUCERJ (1539/1540)
nung von Seelsorge einerseits und weltlichen Aufgaben, namentlich Regierung und
Verwaltung, andererseits. Letztere Aufgaben sollen den Prälaten und Kanonikern
zufallen, die Seelsorge eigens zu diesen Aufgaben berufenen Personen. Der letzte
Teil des Bedenkens, der ohne Zweifel für dessen Endziel gehalten werden kann,
schließt sich aufs engste an Bucers im Februar 1540 erschienene Schrift Von Kirchen-
gütern1 an. Das gilt sowohl für den Leitgedanken, die Trennung der kirchlichen
Aufgaben in Verwaltung und Seelsorge als auch für allerlei Einzelheiten, die öfters
sogar bis in den Wortlaut gehende Parallelen aufweisen. In den Anmerkungen zum
Text erwähnen wir mehrere Beispiele.
Die Übereinstimmung mit dem Leipziger Reformationsentwurf deutet auf eine
Anfertigung des Bedenkens im Jahre 1539, die Erwartung eines Nationalkonzils auf
den Winter 1539/1540; die Parallelen zur Schrift Von Kirchengütern weisen eben-
falls auf diesen Zeitabschnitt hin. Die hier erwähnten drei Charakteristika stehen
keineswegs getrennt nebeneinander. Max Lenz hat in seinem Aufsatz über die Eini-
gungsversuche der Stände im genannten Zeitraum2 darauf hingewiesen, daß nament-
lich Hessen und Bayern damals eine friedliche Zusammenschließung der deutschen
Fürsten in gemeinsamer Opposition gegen die habsburgische Macht anstrebten.
Bucer stellte sich mit seinen Vorschlägen eines Nationalkonzils und einer Reforma-
tion der Stifter auf diese neue Situation ein. Besonders seine Pläne bezüglich der
Stifter, welche in schroffem Gegensatz zur bisherigen Politik der Schmalkaldener
standen, sowie er diese auch selbst immer verteidigt hatte, bedeuten ein Wende-
punkt in seinen kirchlich-politischen Bestrebungen.
Das Bedenken steht in diesem Zusammenhang. Schwierig ist es, einen bestimmten
Adressaten des Bedenkens anzudeuten. Der Fundort suggeriert eine Beziehung zum
albertinischen Sachsen. Die dortige politische und kirchliche Lage machen das
jedoch wenig wahrscheinlich. Die altkirchlichen Institutionen waren schon einge-
hend umgebaut worden. Zudem spitzt sich das Bedenken in keiner Hinsicht auf ein
bestimmtes Gebiet zu; es ist allgemeiner Art. Wahrscheinlich hat Bucer also diesen
Ratschlag in Hinblick auf die damaligen politischen Verhandlungen im Reich ver-
faßt, in denselben Monaten, als er die Schrift Von Kirchengütern zu Papier brachte.
Vielleicht war Leonhard von Eck der Empfänger; bekanntlich haben hessische Poli-
tiker versucht, auf Verlangen Ecks ein Gespräch zwischen diesem und Bucer zustan-
dezubringen3.
1. Bibl. Nr. 65.
2. Lenz 1, S. 392-489: Beilage 3. Religiöse und politische Einigungsversuche der deutschen
Stände im Winter 1539 auf 1540.
3. Lenz 1, S. 461—463. 468-469.
CONSILIUM BUCERJ (1539/1540)
nung von Seelsorge einerseits und weltlichen Aufgaben, namentlich Regierung und
Verwaltung, andererseits. Letztere Aufgaben sollen den Prälaten und Kanonikern
zufallen, die Seelsorge eigens zu diesen Aufgaben berufenen Personen. Der letzte
Teil des Bedenkens, der ohne Zweifel für dessen Endziel gehalten werden kann,
schließt sich aufs engste an Bucers im Februar 1540 erschienene Schrift Von Kirchen-
gütern1 an. Das gilt sowohl für den Leitgedanken, die Trennung der kirchlichen
Aufgaben in Verwaltung und Seelsorge als auch für allerlei Einzelheiten, die öfters
sogar bis in den Wortlaut gehende Parallelen aufweisen. In den Anmerkungen zum
Text erwähnen wir mehrere Beispiele.
Die Übereinstimmung mit dem Leipziger Reformationsentwurf deutet auf eine
Anfertigung des Bedenkens im Jahre 1539, die Erwartung eines Nationalkonzils auf
den Winter 1539/1540; die Parallelen zur Schrift Von Kirchengütern weisen eben-
falls auf diesen Zeitabschnitt hin. Die hier erwähnten drei Charakteristika stehen
keineswegs getrennt nebeneinander. Max Lenz hat in seinem Aufsatz über die Eini-
gungsversuche der Stände im genannten Zeitraum2 darauf hingewiesen, daß nament-
lich Hessen und Bayern damals eine friedliche Zusammenschließung der deutschen
Fürsten in gemeinsamer Opposition gegen die habsburgische Macht anstrebten.
Bucer stellte sich mit seinen Vorschlägen eines Nationalkonzils und einer Reforma-
tion der Stifter auf diese neue Situation ein. Besonders seine Pläne bezüglich der
Stifter, welche in schroffem Gegensatz zur bisherigen Politik der Schmalkaldener
standen, sowie er diese auch selbst immer verteidigt hatte, bedeuten ein Wende-
punkt in seinen kirchlich-politischen Bestrebungen.
Das Bedenken steht in diesem Zusammenhang. Schwierig ist es, einen bestimmten
Adressaten des Bedenkens anzudeuten. Der Fundort suggeriert eine Beziehung zum
albertinischen Sachsen. Die dortige politische und kirchliche Lage machen das
jedoch wenig wahrscheinlich. Die altkirchlichen Institutionen waren schon einge-
hend umgebaut worden. Zudem spitzt sich das Bedenken in keiner Hinsicht auf ein
bestimmtes Gebiet zu; es ist allgemeiner Art. Wahrscheinlich hat Bucer also diesen
Ratschlag in Hinblick auf die damaligen politischen Verhandlungen im Reich ver-
faßt, in denselben Monaten, als er die Schrift Von Kirchengütern zu Papier brachte.
Vielleicht war Leonhard von Eck der Empfänger; bekanntlich haben hessische Poli-
tiker versucht, auf Verlangen Ecks ein Gespräch zwischen diesem und Bucer zustan-
dezubringen3.
1. Bibl. Nr. 65.
2. Lenz 1, S. 392-489: Beilage 3. Religiöse und politische Einigungsversuche der deutschen
Stände im Winter 1539 auf 1540.
3. Lenz 1, S. 461—463. 468-469.