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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Augustijn, Cornelis [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 9,2): Religionsgespräche (1541 - 1542) — Gütersloh, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.29836#0238
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ALLE HANDLUNGEN UND SCHRIFFTEN (1541)

schen wollust1 vnnd Persischen pracht2 vnd Ro. tyrannei zu S. Peter vnd Paulus vnd
der gleichen der welt verachten, arbeitseligen leuten muhe, arbeyt, armut, schmach,
creütz, demut, dienst vnd gehorsame biß inn tod begeben musten, Welches jnen, als
zu besorgen, noch lang nit gelegen sein würdt. So wir aber diß wissen vnd doch alle
reformation an jr Concilien beruffen vnd halten stellen, was thut die weil der Herr?
Jn Hungern leyder vnd Aphrica haben wirs mit so gar erschrocklichem vnd schier
vnwiderbringlichem schaden erfaren3 - Got erbarms -, Vnd erfarens auch durch die
ernstlich pestilentz, die inn grossem theyl Deutscher nation mit hinnemen viel theü-
rer leut allerlei alters vnd Standen mehr schaden thut dann wir jetz bedencken4. Dann
wie der Prophet sagt: »Die guten vnnd trewen leut werden eingesamlet vnd niemand
nimmets zu hertzen. Die gerechten werden eingesamlet vor dem vnglück«5.
Nun solle man gohn Speier komen vnd da beraht schlagen vnd schliessen, wie man
jmm Reich ein gemein, schleunig recht vnd gute polici anrichte vnnd erhalte, vnnd
gegen dem Türcken ein statliche hilff zusamen bringe vnd seliglich gebrauche6. Wie
wollen aber nun Catholici vnd Ketzer, Christen vnd Widerchristen, Die so kirchen
vnd kirchen personen zerstoren, berauben, entsetzen, Vnd die sich beklagen, das sie
von disen zerstort, entsetzt vnd beraubet werden, Die so anathemata sein vnd die
dise dafür halten mussen (Dann also achten sich I § 4 a I jetzunden die Reichsstand
vnd stohn gegen eynander7), eyn gemeyn recht vnnd polici mit eynander anrichten
vnd halten? Wie werden sie ein notdürfftige8 hilff gegen einem solchem mechtigen,
glückseligen feind vnder sich anlegen, deren regiment vnd kriegs ordnung, welche
die hochste einmutigkeit, trew vnd liebe züsamen erfordert, bestellen? So wir dan
auch nit fülen wollen, warumb vnß der Herre bißhar so schwerlich geschlagen vnnd
noch schlegt, das wir vor allem vns durch ware büß vnd rechten glauben ann Chri-
stum den Herren zü jm, der vns schlegt, bekeren9 vnd jnn jm vereinigen, wie solt er
dann inn vnserm heer mit ziehen vnd haupt man sein? So er aber nit mit zeucht vnd
den krieg nicht selbs fürt, wie mochts anders gohn dan der Herr allen denen, die sein

1. Sardanapolus galt als Inbegriff der Unmännlichkeit; vgl. Erasmus, Adag. 2627, ASD 11,6,
S. 439-44°.
2. Eine Übersetzung des Ausdrucks >Persici apparatus<; vgl. Erasmus, Adag. 574, ASD 11,2,
S. 100,675-677.
3. Im August eroberte Sultan Süleiman (1520-1566) Buda und Pest, und der Angriff Karls V. auf
Algier endete im Oktober in einer Katastrophe; s. TRE 34, S. 181, s.v. Türkenkriege; Fisher-Galati,
Ottoman Imperialism, S. 83-88.
4. Bucer erlebte es selber. Seine Ehefrau war im November gestorben und bis zum Ende des Jah-
res starben fünf seiner Kinder; s. Greschat, Bucer, S. 209.
5. Iesa. j/.[i, nicht wörtlich] [Marg.].
6. Auf dem Reichstag zu Speyer im Frühjahr 1542 wurde in allen Einzelheiten der Widerstand
gegen die Türken organisiert. Die Sache der >Ordnung guter Policey< wurde wieder auf den näch-
sten Reichstag verschoben; s. Neue ... Sammlung Reichs-Abschiede, Th. 2, S. 444-470 und für den
Inhalt einer derartigen >Ordnung< unten, S. 372,11-21.
7. S. dazu unten, S. 310,3-311,14; 355,13-357,16.
8. dringend benötigte.
9. Vgl. Jes 9,12.
 
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