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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Augustijn, Cornelis [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 9,2): Religionsgespräche (1541 - 1542) — Gütersloh, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.29836#0239
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ALLE HANDLUNGEN UND SCHRIFFTEN (1541)

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gesatz verlassen, getrewet hatt: Durch einen weg werden wir ann die feinde zeihen
vnd durch siben wider von jnen fliehen1 ?
Nun zwentzig Jare ruffet vns der Herr on nachlassen mit lauter stimme zur buß -
wie wenig aber horen seine stim? Er strecket seine hand auß mit grossen, merckli-
5 chen gutthaten vnnd straffen - wie viel sehen auff ? Auff Concilien schieben wir, der
stimme der Herren zu gehorchen, vnd stellen dann das beruffen vnd halten der selbi-
gen Concilien inn deren hande, die den tod so vbel nit scheuhen als war Christlich
Concilien. Der Herr gibt vns sein wort so hell vnd klar, das es niemand verborgen
sein mage dann ders sunst nit wissen wille. Jn dem verfolgets eyn teyl, eyn teyl ver-
10 achtets, die dann schon wollen gesehen sein als ob sie es angenommen hetten - wie
wenig beweisen sie das an jrem leben? Nun ist aber nit genug, sagen: Herr, herr. Man
muß auch seinen willen thün!2
I § 4 b I Jn dem last man überhand nemmen mordthass vnnd feinndschafft vnder
allen Standen vnnd leuten. Onerhorter falsch3 vnnd vntrew, gantz vntraglicher geitz
15 vnd berauben der armen durch die monopolien4, wechsel5 vnd so mancherlei an-
dern, vnerhorte, geschwinden6 wücher vnd schindereien7 sampt aller schand vnd
vnzucht steigt alle tag. Die verwüsten8, verkerten Priester, deren so viel seind, ver-
derben religion vnd seel; Tyrannische obren, die leider auch wol gerathen9, sampt
der religion, zeitlich polici10, recht vnnd zucht; Die gesetz vnd rechtlosen geltschar-
20 renden geselschafften11, wechßler vnd wücherer, die sich auch teglich meeren, hab
vnnd güter sampt eingethonem nutzlichem12 leben: Dise füren dann an vnnd treiben
zü aller verachtung Gottes, zerstorung aller güten polici, rechtens, trew, glaubens,
zucht vnd erbarkeit auch den vbrigen hauffen.
Kommet man dann auff die Reichstag, disem allen zü steuren, so sind das über-
25 kostlich prachtieren13 vnd bancketieren, das so verderblich züsauffen, spielen vnd
der armen schweiß jamerlich verschwenden, vnnd sich dann zü vollem verderben
hinder die blüt und marck saugenden jnteresse14 verstecken, bei so filen Geystlichen
vnd weltlichen schier die grosten geschefft, denen man züm embsigsten oblige. Was
solle nun vns der Herre hierumb rahten oder helffen? Er ist ein Got, der das onrecht
30 hasset vnd straffet nach seinem wort, vnd sihet die person nit an15. Wie er mit dem al-
1. Deut. 2 8. [2 5, nicht wörtlich] [Marg.].
2. Vgl. Mt 7,2p.
3. Betrug.
4. Die Vereinigung der Produktion oder des Verkaufs einer Ware in der Hand eines Einzelnen
oder einer Körperschaft.
5. Wechselgeschäfte, Geldgeschäfte.
6. schnelle, schlaue.
7. Aussaugung.
8. verderbten, schmutzigen.
9. gedeihen.
10. gesellschaftliche Ordnung.
11. Geld zusammenkratzenden Handelsfirmen.
12. wohl geratenem.
13. Pracht treiben, großtun.
14. Zins.
15. Vgl. Hebr 1,9; Act 10,34.
 
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