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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Cucuel, Ernst [Bearb.]; Eckert, Hermann [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 1 : Heidelberger Reihe ; Band 1): Die Inschriften des badischen Main- und Taubergrundes: Wertheim-Tauberbischofsheim — Stuttgart: Druckenmueller, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.53141#0029
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EINLEITUNG

GESCHICHTLICHE GRUNDLAGEN
Das badische Main- und Tauberland ist weder geschichtlich noch landschaftlich eine Einheit. Die
junge Staatsgrenze, die im Norden, Osten und Süden dieses Gebiet umschließt, folgt keinen natür-
lichen oder älteren geschichtlichen Linien; sie ist eine willkürliche Schöpfung der napoleonischen
Zeit. Die Begrenzung im Westen - die Verwaltungsgrenze des Landkreises Tauberbischofsheim -
kann beinahe sinnvoller heißen: sie Hegt auf der Wasserscheide.
Es sind zwei stark verschiedene Landschaften, die hier verwaltungsmäßig zusammengeschmiedet
wurden - vielmehr: es sind Bruchstücke zweier Landschaften. Im Norden hat der Landkreis teil
am dunklen, waldreichen Buntsandsteingebiet, das der Main in mächtigen Windungen durchzieht
und die Tauber, dem Beispiel des größeren Flusses nach Kräften folgend, mit kleinbogigen Schleifen
durcheilt. Der Süden aber ist ein Ausschnitt der hellen, spärlich bewaldeten Kalklandschaft, die sich
bis Rothenburg und weit gegen Westen und Osten erstreckt. In größerem Maße als der nördliche
Teil kann er allenfalls noch als Einheit gelten. Während im Norden die Flußgrenze sogar die Talsohle
trennt, sind dem mittleren Taubergrund wenigstens die Seitentäler und zugehörigen Höhen ge-
blieben. Die Südgrenze bei Mergentheim ist freilich ebenso künstlich wie die Nordgrenze amMain.
Der Verschiedenheit der Landschaften entspricht ein alter geschichtlicher Gegensatz. Der Norden
war vor der Errichtung des badischen Staates ein Teil der Grafschaft Wertheim, deren andere
Hälfte rechts des Mains im heute bayrischen Gebiet lag. Der Süden gehörte dagegen zu Kurmainz
und Würzburg, teilweise auch zur Pfalz. Vermutlich reicht dieser Gegensatz bis in die Zeit der
fränkischen Gauverfassung zurück. Den ganzen Norden - obwohl nur von Dertingen die Gau-
zugehörigkeit bezeugt ist - darf man dem ehemaligen Waldsassengau zurechnen, der die Südostecke
des Spessarts und das Gebiet des Mainbogens zwischen Wertheim und Würzburg umfaßte. Der
Süden zählte dagegen zum Taubergau, dessen größerer Teil heute württembergisch und bayrisch
ist. Man hat sogar vermutet, daß die alten Gaugrafen des Waldsassengaues die Grafen von Wert-
heim gewesen seien; doch bleibt allen Bemühungen zum Trotz Ursprung und Herkunft des Wert-
heimer Geschlechts in Dunkel gehüllt.
Erstmalig läßt sich ein „Graf von Wertheim“ im zweiten Drittel des zwölften Jahrhunderts nach-
weisen, mit dem Namen Wolfram. Er muß im Besitz der wohl von ihm erbauten Burg und des
bereits 1009 bezeugten Marktes Wertheim gewesen sein. Da er in mehrfacher Berührung mit den
geistlichen Fürsten von Mainz, Würzburg und Bamberg stand, lagen seine Besitzungen vermutlich
in deren Diözesen. Zusammen mit seinem Bruder wird er als ein Hauptwohltäter des Klosters
Bronnbach genannt, das 1159 von der Zisterzienserabtei Maulbronn aus gegründet wurde. Von
besonderer Bedeutung für die spätere Geschichte der Grafschaft wurde das Verhältnis zu den
Bischöfen von Würzburg, von dem wir zu Beginn des 13. Jahrhunderts zum erstenmal genauere
Kunde erhalten. Die Wertheimer Grafen hatten mehrere würzburgische Lehen, vor allem die um
1200 erbaute Burg Freudenberg mit Zubehör, außerdem teil an Laudenbach am Main (unweit
Karlstadt) und Schweinberg im badischen Landkreis Buchen, die wie das fuldaische Lehensdorf
Remlingen als „Ämter“ in Spät-Wertheimer Inschriften hin und wieder genannt werden (z. B.
Nf. 270). Für alle diese Orte sollte die Würzburger Oberhoheit nach Jahrhunderten noch einmal
entscheidend werden: sie kamen nach 1600 wieder unmittelbar unter den Krummstab (vgl. Nr. 86,
89, 98). Die Burg Wertheim und die seit Beginn des 13. Jahrhunderts ummauerte Stadt waren
dagegen von Anfang an Eigengut, ebenso mit geringen Ausnahmen die zugehörigen Dörfer bis zur
Linie Steinbach—Niklashausen—Wenkheim. Wenn in der Umgebung von Bronnbach auch zahl-
reiche Einkünfte und Rechte dem Kloster verschenkt oder verkauft wurden, namentlich in Reicholz-
heim und Dörlesberg, blieben die Dörfer und das Kloster doch unter der Hoheit der Grafen. An
ferner gelegenen Besitzungen ist noch die Herrschaft Breuberg im Odenwald zu nennen, die um
1330 zur Hälfte, 1497 schließlich ganz erworben wurde und stets einen wesentlichen Bestandteil
der Grafschaft bildete (vgl. Nr. 114, 138, 215).
Kaum später als die Wertheimer Grafen im Norden faßt Kurmainz im angrenzenden Süden Fuß.
Bereits 1157 ist die Gamburg Mainzer Lehen. Sie hat in den folgenden Jahrhunderten verschiede-
nen kurmainzischen Vasallen als Wohnsitz gedient: den Stettenbergern (vgl. Nr. 121), die für
Niklashausen zugleich Wertheim huldigten (vgl. auch Nr. 129 u. 203), den Grumbachern und den

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