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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Cucuel, Ernst [Bearb.]; Eckert, Hermann [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 1 : Heidelberger Reihe ; Band 1): Die Inschriften des badischen Main- und Taubergrundes: Wertheim-Tauberbischofsheim — Stuttgart: Druckenmueller, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.53141#0031
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falten. Wertheim dagegen, durch seine Lage schon ungleich begünstigter, war als Residenz eines
selbständigen Staates zugleich ein kleiner Kulturmittelpunkt. Es versteht sich, daß diese unter-
schiedlichen Verhältnisse auch in der inschriftlichen Überlieferung zum Ausdruck gelangen. Wert-
heim vermag allein ein Fünftel des ganzen Bestandes zu stellen, Tauberbischofsheim daran gemes-
sen nur die Hälfte. Für Wertheim läßt sich eine Reihe von ortsansässigen Meistern ermitteln, der
Süden war fast ausschließlich auf auswärtige Kräfte oder unbedeutende Namenlose angewiesen.
Und während sich in Wertheim Denkmäler finden, in denen die geistigen Strömungen der neuen
Zeit sich unmittelbar aussprechen (vgl. Nr. 214f., 244f., 273 u. a.), vermag der Süden nicht Schritt
zu halten und nur einige verspätete Nachzügler zu stellen (Nr. 207, 288, 315).
Von besonderer Wichtigkeit sind die territorialen Bildungen schließlich für die Religionszugehörig-
keit geworden. Die Grafen von Wertheim traten früh zum neuen Glauben über und zogen ihre
Untertanen mit sich; auch das Kloster Bronnbach wurde reformiert, wenn auch nur vorübergehend.
Der Süden dagegen mußte dem alten Glauben treu bleiben, soweit er dem Krummstab unterstand;
nur das kurpfälzische Boxberg und der Schüpfergrund unter Albrecht von Rosenberg wurden
evangelisch. In den Inschriften macht sich die Reformation aber selten in einer grundsätzlichen
Art geltend. Natürlich werden die Wertheimer Grafen in ihren Grabschriften als Verteidiger des
wiedererlangten Evangeliums gerühmt (Nr. 214f.), oder es wird vom Übertritt des Bronnbacher
Abtes Leuser ausführlich berichtet (Nr. 244). Ein Spruch auf einem bürgerlichen Grabmal, der
betont, daß Christus allein der Mittler sei (Nr. 229), oder gar ein Hexameter Luthers gegen den
Papst auf einem Kanzeldeckel (Nr. 508) - solche unmittelbaren Äußerungen des Glaubensstreites
stehen jedoch vereinzelt da. Im allgemeinen bedienen sich Protestanten wie Katholiken der gleichen
Inschriften auf Grabmälern, an Häusern und auf Glocken. Der Protestant nennt zwar keine Heili-
gen und gießt seinen Glocken auch das Ave Maria nicht auf; er nahm aber an vorreformatorischen
Glocken keinen Anstoß, und so finden sich in evangelischen Gemeinden hie und da auch ausge-
sprochen „katholische“ Glocken (Nr. 436f., 452). Ein ganzer Zweig der Überlieferung hängt freilich
aufs engste mit der Religionszugehörigkeit zusammen: in der evangelischen Grafschaft Wertheim
gibt es so gut wie keine Flurdenkmäler. Die große Menge dieser Werke der religiösen Volkskunst
stellt fast ausschließlich der katholisch gebliebene Süden.
Territorial bedingt sind schließlich auch die Erfolge der Gegenreformation, die von Würzburg be-
trieben wurde. Das Hochstift konnte nur dort vordringen, wo es die Lehensoberhoheit hatte oder
zu haben behauptete: in Bronnbach und Freudenberg. Obwohl die Grafen von Wertheim Schutz-,
Schirm- und Landesherren über Bronnbach kraft kaiserlicher Belehnung waren, hatte nach dem
Aussterben des alten Geschlechts (vgl. Nr. 276) der Stolberger Erbe (Nr. 256) in völliger Unkenntnis
der Rechtslage zugestanden, daß er den Klosterschutz von Würzburg zu Lehen habe und die geist-
liche Jurisdiktion über das Kloster dem Fürstbischof zustehe. Auf Grund dieser Rechte und mit
bewaffneter Gewalt wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts das Klosterwesen wieder-
hergestellt (vgl. Nr. 232). Freudenberg aber war beim Übergang der Grafschaft an den ersten
Löwensteiner (1598; vgl. Nr. 86) von Würzburg als heimgefallenes Lehen eingezogen worden.
1612/13 wurde es durch Bischof Julius Echter von Mespelbrunn „zum rechten Glauben zurück-
geführt“ (Nr. 89).
Nur einen vorübergehenden Erfolg konnte die Gegenreformation in Boxberg erringen, als das Amt
im Dreißigjährigen Krieg in bayrische Hände geriet. Nach den Siegen der Schweden, in deren
Gefolge der damalige Graf von Wertheim auch Bronnbach zurückzugewinnen suchte (Nr. 496),
kehrte der vertriebene reformierte Pfarrer zurück (Nr. 525). Die Siege der Kaiserlichen brachten
zwar noch einmal den katholischen Glauben zur Herrschaft (Nr. 326 u. 328), doch blieb das Amt
Boxberg schließlich protestantisch. Die unter den bayrischen Gegenreformatoren gegossene „katho-
lische“ Glocke (Nr. 481) hat sich über alle Wechsel erhalten.
Ohne den Glaubensstreit besonders hervorzukehren, erinnern an die Leidensjahre des Dreißigjähri-
gen Krieges auch eine Bauinschrift (Nr. 101), eine Grabtafel (Nr. 337), ein Bildstock.(Nr. 421), ein
Steinkreuz (Nr. 422) und eine zweite Glocke (Nr. 488).
Zu jener Zeit aber, da im badischen Main- und Tauberland die inschriftliche Überlieferung einsetzt -
zu Beginn des 13. Jahrhunderts -, hatten sich die Gegensätze von Nord und Süd noch kaum heraus-
gebildet. Zwar besaßen die Grafen von Wertheim bereits ihren Teil und ebenso gehörte den Erzbi-
schöfen von Mainz bereits Tauberbischofsheim und Külsheim-doch kommt in den ältesten Inschriften
von diesen Verhältnissen so gut wie nichts zum Ausdruck. Das Inschriftenwesen diente zu jener
Zeit vor allem nur dem religiösen Leben, und das verlief im Norden wie im Süden in den gleichen
Bahnen. Ob die Inschrift eine fromme Stiftung festhält (Nr. 1), ob sie von Gründung und Weihe
einer Kirche berichtet (Nr. 3 u. 6), einer Glocke Sprache und höhere Macht verleiht (Nr. 426) oder

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