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Arens, Fritz [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 4 : Münchener Reihe ; Band 2): Die Inschriften der Stadt Wimpfen am Neckar — Stuttgart: Druckenmüller, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.45635#0013
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EINLEITUNG
Die Entstehung der Wimpjener Inschriften

Die Stiftskirche
Die meisten Inschriften des 14. Jahrhunderts besitzt die Stiftskirche St. Peter zu Wimpfen
im Tal. Zwar dürfte an dieser Stelle schon seit frühmittelalterlicher Zeit eine Kirche und eine
Art Kloster gewesen sein. Die frühesten Baureste, nämlich die zu einem Zentralbau gehörende
Westfassade der Kirche, sind in das 11. Jahrhundert zu datieren. Wahrscheinlich hat aber der
gotische Neubau des 13. Jh. alle älteren Steine verschlungen, was seit jeher das Schicksal der
Grabsteine war. Es ist doch auffallend, daß aus der Zeit vorher nichts erhalten geblieben ist.
In erster Linie sind die Inschriften auf Grabsteinen den Stiftsherren und Stiftsgeistlichen ge-
widmet. Vier Prälaten, nämlich Propst, Dekan, Kustos und Kantor standen dem Kapitel vor.
Seit 1604 besteht allerdings die Propstei nicht mehr. 18 Kanonikate waren zeitweise vor-
handen, die Ritterbürtigen oder Graduierten vorbehalten waren. Außerdem gab es sechs Voll-
pfründen ohne Sitz und Stimme im Kapitel für Priester, die sog. Sexpräbendare. Diese waren
meist bürgerlicher Herkunft, in den seltensten Fällen Adlige. Eine gleiche Einrichtung findet
sich am Dom zu Speyer, aber nicht in Worms. Ferner lebten in Wimpfen mindestens zwei
Halbpfründner (Semipräbendare), die zu zweit auf einer Pfründe saßen wie in Speyer (Frdl.
Mitt, von Dr. Hartmann).
Zwanzig Vikare lasen die auf die einzelnen Altäre gestifteten Messen. Offenbar waren
nicht immer alle Stiftsgeistlichen anwesend oder alle Pfründen besetzt, denn die Turmknopf-
urkunde von 1573 und eine Eintragung in einer Orgellade, ebenfalls von 1573, nennt sechs
Kanoniker, drei Domizellare, vier Sexpräbendare und vier Vikare (Staatsarchiv Darmstadt
V B 3 Konv. 157 fase. 5). Es ist auffällig, daß unter den Grabsteinen die der Stiftsherren,
besonders die der Prälaten, verhältnismäßig selten sind. Das rührt wohl in der Hauptsache
daher, daß die Kanoniker und wiederum besonders die Prälaten an anderen Stiften der weite-
ren Umgebung, besonders in Worms, ebenfalls ihre Pfründen hatten und wohl auch dort im
allgemeinen wohnten, starben und begraben wurden, weil sie die bedeutenden Stifte und
Städte dem abgelegenen Wimpfen vorzogen. Schließlich überwog auch in alten Zeiten die
Anzahl der Vikare, und vielleicht hat noch ein ungünstiger Zufall mehr Grabsteine von Prä-
laten und Kanonikern vernichtet als solche von anderen Stiftsgeistlichen.
Zahlreich sind die Grabsteine der Vikare. Verhältnismäßig selten kommen solche für Laien
vor, von denen einige Angestellte des Stiftes waren. Gegenüber einer gewissen Fülle an Grab-
steinen im 16. Jh. sind die des 17. und 18. Jhs. selten. Hier macht sich wohl, genau wie in den
anderen Kirchen Wimpfens, die beispiellose Verarmung Wimpfens durch den dreißigjährigen
Krieg bemerkbar.
In künstlerischer Beziehung bietet die Grabmalplastik im Stift nichts von besonderer
Bedeutung. Man kann diese Behauptung auch auf die anderen Kirchen der Stadt ausdehnen,
wenn man die beiden Denkmäler der Dominikanerkirche und von sonstigen Bildhauerarbeiten
das Tympanon der Kornelienkirche als Ausnahmen ansieht. Es wird kein Versuch zur figür-
lichen Darstellung gemacht, der einzige Schmuck ist das Wappen. Um die Mitte des 16. Jhs.
kommt es sogar zu einer gewissen Serienherstellung, indem mehrere Typen des Wappengrab-
steins öfter wiederholt werden. Da sich diese Typen wieder in der Schrift und dem ver-
wendeten Material untereinander sehr ähneln, wird es eine Werkstatt gewesen ein, die ihre
„Muster“ immer wieder anfertigte.
Auch die Schrift, besonders die Unziale des 14. Jhs., weist keine besondere Vielfalt auf. Es
werden z. B. bei der sonst mit vielen Varianten ausgestatteten Unziale nur wenige Typen
verwandt. Die Minuskel tritt erst später auf, das älteste Beispiel datiert von 1417 (in Mainz
schon 1320, vgl. F. Arens, Mainzer Inschriften Nr. 33). Die Antiqua-Schrift finden wir schon
um 1515 (Nr. 93), also auf der Kreuzigungsgruppe bei der Stadtkirche, die von Hans
Backoffen gemeißelt wurde, in dessen Wohnort Mainz schon 1484 die erste Antiqua-Schrift
vorkommt und der selbst 1504 eine solche im Mainzer Dom anfertigte (Arens, Mainzer In-
schriften Nr. 206, 278).

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