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Lutz, Dietrich [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 15 : Münchner Reihe ; Band 4): Die Inschriften der Stadt Rothenburg ob der Tauber — München: Druckenmueller, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.45638#0022
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1472 wurde der Grundstein zu einem neuen Kapellenbau gelegt (vgl. Nr. 89, 90), der 1501 geweiht
wurde. Diese Kirche wurde 1525 von Bilderstürmern geplündert und danach nicht wieder für den Gottes-
dienst benutzt. 1804 wurde sie auf Abbruch verkauft und diente als Fabrik, bis sie 1853 von König Max II.
von Bayern erworben, von Heideloff restauriert und den Rothenburger Katholiken übergeben wurde.
Der Erhaltungszustand der verschiedenen Inschriftenträger soll abschließend kurz angedeutet werden.
Die Grabsteine und Grabplatten sind von wenigen Ausnahmen abgesehen mehr oder weniger stark be-
schädigt, und besonders die unter freiem Himmel aufgestellten (z. B. Nr. 636) sind einer in den letzten
Jahren schnell fortschreitenden Vernichtung preisgegeben. Die Sandsteinobjekte leiden fast durchweg an
Steinfraß, der besonders an feuchten Stellen in den stehenden Steinen hochzieht (z. B. Nr. 67). In den Fuß-
boden eingelassene Platten aus Sandstein oder Muschelkalk haben unter der Mode der spitzen Damen-
absätze gelitten (augenfällig an einigen Steinen in der Franziskanerkirche). Platten aus Muschelkalk zeigen
darüber hinaus starke Absplitterungen, wenn sie schräg zum natürlichen Schichtverlauf gebrochen und
bearbeitet wurden. Metallepitaphien (aus Bronze oder Messing) sind fast durchweg gut erhalten und zeigen
nur gelegentlich Risse, die vermutlich von unsachgemäßer Behandlung beim Lösen von ihren alten Stand-
orten und Anbringen an den neuen herrühren. Die frühen aus relativ dünnem Blech getriebenen Epita-
phien in der Spitalkirche sind stellenweise sehr zerfressen, so daß bei einigen der darunter liegende Putz
durch scheint.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden im Zusammenhang mit Renovierungsarbeiten Reinigungen
und Umgruppierungen von Grabsteinen und Metallepitaphien vorgenommen30), leider nicht immer nur
zum Wohl der betroffenen Inschriftträger. So wurde der bis dahin in der Johanniskirche in den Fußboden
eingelassene Grabstein des Konrad Schultheiß (vgl. Nr. 35) in den Hof des Museums im ehemaligen
Dominikanerinnenkloster gebracht. Aus dem Chor der Jakobskirche entfernte Metallepitaphien werden
in der Heiltumkammer auf bewahrt, ebenso zwei Tafelgemälde, die Reste von reich gestalteten Holz-
epitaphien (vgl. z. B. Nr. 218 und Nr. 277).
Einzelne Grabsteine wurden überarbeitet (vgl. z. B. Nr. 27), ohne daß der Zeitpunkt dieses Eingriffs
feststellbar ist. Gemalte Inschriften wurden häufiger restauriert, was durch das starke Verblassen der Farben
nötig wurde, z. B. die Inschrift am Chorbogen in der Franziskanerkirche aus dem Jahre 1602 (Nr. 419),
Bei der Bauinschrift am Rathaus scheint neben der übermalten Inschrift noch die Originalinschrift durch,
da die Übermalung zwar Inhalt und Buchstabenform, nicht aber den Ort der Buchstaben beibehielt
(vgl. Nr. 268). Neuschaffungen nach alten Vorlagen sind selten und - soweit em Urteil möglich ist - den
verschwundenen Originalen nachgeformt, wie es bei der Bauinschrift an der Johanniterscheune (Nr. 102)
und bei der Einweihungsinschrift am Friedhofstor (Nr. 219) zu vermuten ist.
Auf die absichtlich unkenntlich gemachte Bauinschrift Nr. 343 a wurde bereits hingewiesen.

3. Die nichtoriginale Überlieferung der Inschriften30^
Am Beginn der Bemühungen um die Aufzeichnung der Rothenburger Inschriften steht ein „Ver-
zeichnis der Epitaphiorum und Bilder in hiesiger Stadt Kirchen zu St. Jacob“, das der Archivar Johann
Adam Erhard (1661-1718) seinem Sammelband mit „Capellen- und Gotteshäuseracta“ beifügte31). Auf
den Blättern 3O7r - 313r und 3i6r - 32Or dieses Bandes führt er zahlreiche Grabsteine, Metall- und Holz-
epitaphien, Totenschilde und andere in der Jakobskirche befindliche Gegenstände auf, seinen Rundgang
durch die Kirche im Chor mit dem Hauptaltar beginnend. Er nennt kurz den Inschriftträger (z. B. „das
freyische Epitaphium hält in sich resurrectionem Christi...“, vgl. Nr. 222t), beschreibt die vorhandenen
Wappen meist ausführlich und fügt eine Kurzfassung des Inschrifttextes an. Dabei beabsichtigt er offen-
sichtlich keine wortgetreue Überlieferung, sondern nennt nur Namen und Todesdatum, wobei er gele-
gentlich Namen und Daten verwechselt oder unrichtig wiedergibt. Er latinisiert deutsche Inschriftteile
(z. B. „obiit“ für „starb“ oder „verschied“) und läßt die Schlußformeln (z. B. „dem Gott genad“) weg.
Den Wochentag drückt er durch das entsprechende astronomische Zeichen aus und arbeitet sehr stark mit
Abkürzungen. Bei den Inschriften der großen Holzepitaphien bemüht sich Erhard dagegen, den Text
wort- und zeilengetreu wiederzugeben.
Die bis heute wichtigste Quelle für alle verlorenen Inschriften ist die umfangreiche Sammlung des
ehemaligen Äußeren Bürgermeisters Johann Georg Bezold (1707-1772) und zweier seiner Ratskollegen

30) So z. B. in der Franziskanerkirche, in der Friedhofkapelle, in der Jakobskirche und in der Johanniskirche.
30a) Vgl. Lutz S. 10-13.
31) StAR 1424, vgl. Anm. 23.

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