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Knorr, Walburga; Zipp, Gerhard; Meier, Beate [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 40 = Münchener Reihe, 8. Band, Regensburg, 1): Minoritenkirche — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1995

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https://doi.org/10.11588/diglit.57399#0040
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Der Schaft des 1 schwingt oben schwalbenschwanzformig aus. Die Zahlzeichen x und i enden in fei-
nen Haarstrichen.
Bewegt wirkt das Schriftbild auf der Grabplatte der Gebrüder Paulsdorfer (s. Kat.-Nr. 121). Es werden
keine Versahen benutzt; den Beginn der Inschrift kennzeichnet ein h aus dem Minuskelalphabet, des-
sen „Bauch“ in der unteren Schwingung in einem langgezogenen Haarstrich endet. Die Worte sind
durch Zierpunkte getrennt. Die dreizeilige Inschrift am oberen Rand und die Umschrift zwischen
zwei Limen dienen als „Rahmung“ der Darstellung im Feld. Die ebenfalls in Minuskeln gearbeiteten
Initialen der Brüder neben den beiden Wappenschilden im unteren Teil sind erhaben aus dem vertief-
ten Feld herausgehauen. Die Buchstaben bilden gleichsam in Form gelegte Bänder. Das h und p wei-
sen starke Unterlängen auf, der Imke Schaft des w berührt fast den oberen Sockelrand.
Gut erhalten sind die Umschriften der Wappenrundfelder auf der Grabplatte der Familie Prunnleiter
(s. Kat.-Nr. 73). Die drei Inschriften laufen auf erhöhtem Feld, abgegrenzt durch scharfe Limen, um
die Wappendarstellungen. Sie zeigen alle kaum Unterlängen, wogegen die Oberlängen vor allem des
f und 1 zum Teil die äußere Begrenzungslinie berühren. Außer einem zweistöckigen a aus dem Minus-
kelalphabet sind hier keine Versalien verwendet. Im fortschreitenden 15.Jahrhundert verliert die in
Stein gehauene Minuskelinschrift ihre Strenge. In der Inschrift der Grabplatte Friedrichs von
Egloffstem (s. Kat.-Nr. 122) finden sich zunehmend Großbuchstaben. So tritt das die Grabschrift ein-
leitende A bei „Anno“ als gotische Majuskel auf, das offene C und E sind den Renaissanceformen235
entnommen.
Durch die zunehmende Verwendung von Versalien fast zu Beginn jeder Zeile und auch im Text er-
scheint die Inschrift des Sinzenhofer-Gedenksteins (s. Kat.-Nr. 150) nicht als einheitlich. Die Versa-
lien sind sowohl dem kapitalen als auch dem Minuskelalphabet entlehnt. Das kreisrunde O des
„Obyt“ und das offene C gliedert em dünner Schaftstrich; in das quadratische D, das gerundete G und
das S sind feine Zierstriche eingefügt.
Die im zweiten Drittel des 16.Jahrhunderts entstandene Inschrift der Katharina Naufletzer (s. Kat.-
Nr. 154) ist unter der kapitalen Schrift für ihren Ehegatten erhaben zwischen zwei scharfen Linien
herausgehauen. Die Versahen, jeweils zu Beginn der ersten drei Zeilen, sind vergrößert und stark ge-
schwungen, vom Inschriftentext abgesetzt. Alle Buchstaben enden mit Rautenfüßchen und scheinen
aneinander zu hängen. Die Unterlängen des h und die dritte Haste des m durchbrechen die Begren-
zungslinie, ebenfalls die Oberlängen des f, k und d. Der Schaft des r ist gebrochen.
Diese Form einer stark gezierten Minuskel findet sich bereits zum Ende des 15.Jahrhunderts bei der
ebenfalls erhaben gearbeiteten Inschrift, die das Ritterrelief auf demr le^chgrab der Gebrüder Pauls-
dorf umläuft (s. Kat.-Nr. 129).
Die Inschriften zu den Fresken sowohl im Langhaus als auch im Chor wiesen Ende des 15. Jhs in ihrer
ersten Fassung eine späte gotische Minuskelschrift auf, die fragmentarisch im Zuge der Restaurie-
rungsarbeiten freigelegt wurde (zusammengefaßt unter Kat.-Nr. 142).
Die Minuskel behauptet sich weiter als Schriftform in der Inschrift der Katharina Naufletzer auf dem
Doppelgrabstem der Eheleute (s. Kat.-Nr. 154) in der ersten Hälfte des 16.Jahrhunderts. Mit den In-
schriften des Sigmund von Paulsdorf (s. Kat.-Nr. 155) und der Elisabeth Baumgartner (s. Kat.-
Nr. 173) setzt sich die Tradition der Minuskel fort, allerdings mit vermehrter Verwendung von Frak-
turversahen. Bis Ende des 16. Jhs findet sich im bearbeiteten Bestand bei in Stein gehauenen Inschrif-
ten die traditionelle gotische Minuskel (s. Kat.-Nr. 204). Auch die gemalten Inschriften zu den Fres-
ken in ihrer ersten Fassung zeigen diese Schriftart. Die Inschriften der zweiten Fassung der Fresken
hingegen sind Minuskelschriften, deren Formen schon in die Richtung der Antiquaschrift weisen (s.
Kat.-Nrr. 206-219).
Die Gruppe der Scheiteisteine des Kleinen und Großen Kreuzgangs gehören alle dem 15.Jahrhundert
an und tragen Inschriften in gotischer Minuskel. Die tief emgeschlagenen und zum Teil mit dunkler
Farbe ausgefüllten Buchstaben wurden wohl nicht zuletzt im Hinblick auf die bessere Lesbarkeit aus
größerer Entfernung angefertigt. Nur vereinzelt finden sich bei dem A von „Anno“ oder zu Beginn
von Namen und Titel Großbuchstaben, die alle dem kapitalen Alphabet entnommen sind. Ein Teil
dieser Scheitelsteine trägt auch erstmalig arabische Zahlzeichen (s. Kat.-Nrr. 102, 108 —115). Sie sind
mit Ausnahme der 4, deren ältere Gestaltung einer halben 8 ähnelt, in der heute gebräuchlichen Form
eingehauen. Die Grab- und Gedenkinschriften bemächtigen sich dieser Zeichen erst später. So taucht
die erste arabische Zahl auf der Grabplatte der Gebrüder Paulsdorfer (s. Kat.-Nr. 129) auf. Neben der
römischen Zahlinschrift für Ludwig von Paulsdorf ist das Todesjahr „94“ für dessen Bruder Hanns in

235 Kloos, Epigraphik 134.

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