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Madel-Böhringer, Claudia; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 44 = Münchener Reihe, 9. Band): Die Inschriften des Landkreises Günzburg — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.57400#0034
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Im folgenden sind es vor allem Epitaphien für Geistliche, die Kapitahs als Schriftform gewählt haben.
Die Epitaphien für Pfarrer Michael Wirsing (Nr. 142) in Behlingen und für Pfarrer Johannes Molitor
(Nr. 143) in Kleinkötz schufbeide Georg Huber im Jahre 1605. Die in Sandstein gearbeiteten Werke
stehen in Qualität und Ausführung gegenüber den klassischen Marmorepitaphien in Wettenhausen,
Reisensburg und Burtenbach zurück. Von offensichtlich weniger geübten Steinmetzen stammen die
Kapitalisinschriften auf den Pfarrer-Epitaphien in Jettingen (Nr. 144) und Großanhausen (Nr. 145).
Das letztere wirkt sowohl in der figürlichen Gestaltung wie auch im Schriftbild besonders ungelenk;
die gedrängten Buchstaben schwanken sehr in Höhe und Verlauf.
Die Kapitahs bleibt seit ihrem Auftauchen innerhalb der Grabinschriften gegenüber der Gotischen
Minuskel bis zum 17. Jahrhundert zahlenmäßig unterlegen; und selbst im 17. Jahrhundert werden im
Bearbeitungsgebiet für Grabtexte Minuskelschriften bevorzugt. Bei Stifterinschriften an Taufsteinen,
Weihwasserbecken und Gedenktafeln dagegen ist die Kapitalis die vorherrschende Schrift, sowohl in
klassischer Proportionierung (Nrr. 151, 161), als auch in gedrängter Form (Nrr. 164, 165, 168, 169).
Als frühe Beispiele von Gedenkschriften in Kapitalis seien hier zwei sehr unterschiedliche Messingta-
feln mit in erhabener Form gegossener Schrift in Burtenbach erwähnt. Die Gedenktafel anläßlich der
Wappenverleihung für Sebastian Scherthn von Burtenbach im Jahre 1563 (Nr. 78) zeigt eine sehr aus-
gewogene Kapitalisschrift mit fast geometrisch konstruierten Buchstaben. Der Gesamteindruck ist
sehr harmonisch durch das Einrücken jeder zweiten Zeile und das Überhöhen der Anfangsbuchsta-
ben. Die Bildung der stachelförmigen Cauden des Q und des R entspricht dem Wettenhausener Epi-
taph (Nr. 46). A trägt keinen Sporn, M hat gerade Hasten, N dünne Hasten und breiten Schrägstrich,
die runden Trennzeichen befinden sich auf der Grundlinie. Von ganz anderem Charakter ist die
zweite Gedenktafel in der Kirche (Nr. 76), deren Text in deutscher Sprache gesetzt ist. Die Buchsta-
ben sind gelängt, alle ohne Sporen. Besonders ms Auge fällt das gespitzte, Imks-schräge O, das koni-
sche M mit kurzem Mittelteil, und das aus zwei sich überschneidenden V gebildete W.
Eine Entscheidung für Kapitalis oder Gotische Minuskel war wohl weniger von der Werkstatt abhän-
gig. Georg Huber z.B. führte Grabtexte sowohl in Kapitalis wie auch in Gotischer Minuskel aus.
Vielmehr läßt sich ein Zusammenhang mit Stand und Bildung des Auftraggebers ausmachen. Der la-
teinische, in Kapitalis gesetzte Text auf dem Epitaph des Georg Lampater von Greiffenstem erwähnt
deutlich die umfassende Bildung des württembergischen Kanzlers. Auch der lateinische Grabtext für
Sebastian Scherthn betont seine weltmännische Bildung. Angehörige „alteingesessener“ Ortsherr-
schaften dagegen bevorzugten bei ihren repräsentativen Grabmälern die traditionelle Schriftform der
Gotischen Minuskel.
 
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