Einträgen zu 1515 und 1498. Da der Zyklus sich ehemals offenbar an den Fenstern des Westflügels
fortsetzte, ist aus dem jüngsten Datum dieser Einträge lediglich das Jahr 1515 als Anhaltspunkt für die
Anbringung der Inschriften zu gewinnen. Die Ausführung ist einheitlich und erfolgte mit Sicherheit
von derselben Hand innerhalb eines überschaubaren Zeitraums. Die Fertigstellung der Architektur des
Kreuzgangs selbst ist durch die Weihe von Kreuzgang und Kapitelsaal im Jahre 1494 fixiert4. Deshalb
kommt für die Ausführung der Inschriften eine Zeitspanne in Frage, die nach 1494 begann; als Zeit-
grenze ist das Jahr 1515 für den jüngsten Eintrag angegeben. Es bleibt jedoch offen, ob nicht weitere
Einträge noch jüngeren Datums im Westflügel vorhanden waren. Denkbar wäre nämlich, daß die
jüngeren Einträge in der Art von chronikalischen Aufzeichnungen jeweils nach Eintritt der Ereignisse
angebracht wurden.
Die in den Inschriften genannten Personen sind ihrer Bedeutung für den Augustiner-Orden nach
ausgewählt5. — Papst Alexander IV (1254 — 1261) vereinigte 1256 verschiedene Eremitenverbände in
dem damit neu gegründeten Augustiner-Orden6. Aegidius Romanus (um 1243 —1316)7 und Hu-
gohn von Orvieto (um 1300 —1373)8, seit 1371 Patriarch von Konstantinopel, waren als Gelehrte
führende Denker der Augustiner-Schule9. — Im ersten Kreuzgangfenster II nach der Tür wird vor
allem der Geschichte des Weiler Konvents gedacht: der Grundsteinlegungsinschrift der ersten
Gründung wird die Nachricht von der spätgotischen Klosterreform gegenübergestellt, die einer
Neugründung gleichkam. Der sächsische Ordensreformer Andreas Proles10 (1429 — 1503) veranlaßte
als Generalvikar des Ordens 1481 die Reform des Klosters in Weil der Stadt, die Baumaßnahmen
an der Kirche und den Neubau des Konventsgebäudes nach sich zog11. — Die folgenden Fen-
ster sind berühmten Angehörigen des Augustiner-Ordens gewidmet: Clara von Montefalco
(1268 —1308)12, Augustinus Novelli (auch Matthäus von Tarano genannt, um 1240 —1309)13, Jaco-
bus von Viterbo (nach 1250-1307/08)14, Augustinus von Ancona (um 1270/73 — 1328) und Alber-
tus von Padua15. Mit Nikolaus von Lyra (um 1270 —1349)16 ist auch ein bedeutender Franziskaner
vertreten. — Im Nordflügel des Kreuzgangs setzte sich die Reihe der Augustiner-Theologen fort:
Bonaventura von Padua (1322 — 1385/86), vermutlich identisch mit Bonaventura von Peraga17,
die deutschen Gelehrten Heinrich von Friemar (bei Gotha; gest. 1354) und Hermann von Schil-
desche (bei Bielefeld; um 1290 —1357)18, dann die um 1341 in Paris wirkenden Gelehrten Gregor
von Rimini und Thomas von Straßburg19, der Erzbischof Alfons von Sevilla (gest. 1366) und Mich-
ael von Massa2". — Mit dem Jahr 1350 werden zwei berühmte Augustiner mit dem Vornamen Ger-
ardus verbunden: vermutlich Gerhard von Siena (gest. 1336) und Gerhard de’ Vasconi da Bergamo,
1342 bis 1355 Bischof von Savona21. Weitere italienische Augustiner-Gelehrte sind Wilhelm von
Cremona (gest. 13 5 5)22, Antonius Rampegolus (um 1360— nach 1423)23, der selige Simon Fidati
von Cascia (nach 1290 —1348)24, Paulus Nicoletti von Venedig (gest. 1429)2b und Bischof Bartho-
lomäus von Urbino (gest. 1350)26. Daran schließt sich Jordanus von Quedlinburg (deshalb auch de
Saxonia; gest. 1380?)27 an. — Das nächste Fenster ist wieder einem Italiener gewidmet: Augustinus
Favaroni von Rom (1360 —1443)28. Darauf folgen Gabriel (von Spoleto?) und Jakob von Toledo,
die sich schwer identifizieren ließen29, ferner Petrus Bruni, identisch mit Petrus von Bruniquel,
Bischof von Cittanova3". — Die Aufzählung endet mit zwei vom Augustiner-Orden bevorzugten
Heiligen, mit der hl. Monika31 und dem hl. Nikolaus von Tolentino (1245 —1305)32; beiden waren
Altäre in der Klosterkirche geweiht33. Darüber eingehauen sind kurze Inschriften mit Datum, die
an die gewichtigen kirchenpolitischen Zusammenkünfte des 15.Jahrhunderts erinnern: an die
Konzilien in Konstanz (1414 — 1418) und Basel (1431 —1449)34. Die Prioren, deren Namensin-
schriften für 1515 und 1513 nur kopial überliefert sind, scheinen nur lokale Bedeutung erlangt zu
haben.
Der epigraphische Befund vermag eine Ansetzung um 1515 zu stützen. Es handelt sich um eine
extrem engstehende Gotische Minuskel ohne ausgeprägte Brechungen; die meisten Hasten stehen
senkrecht wie abgeschnitten auf der Grundlinie. Weit unter die Grundlinie gezogen sind der Bogen
des h, die Haste des/ p und langen s. Die Schrift wird verunklärt durch zahlreiche Kürzungszeichen
aller Art, die der Buchschrift entnommen sind und der Schrift den Charakter einer Kursivschrift ver-
leihen. Eine Reihe von Buchstaben sind so individuell gestaltet, daß angenommen werden darf, die
Ausführung des gesamten Zyklus sei von einer Hand. Solche individuellen Merkmale sind z. B. der
für die meisten Einträge stereotype Beginn An(n)o d(omi)ni, wobei bei dem Versal A die linke Haste
verdoppelt ist und weit unter die Grundlinie reicht; der Deckstrich des A ist weit nach oben aus-
gezogen. Abgesehen von diesem immer wiederkehrenden A sind wenige Versalien verwendet.
Besonders auffallend in dem von spitzigen Formen beherrschten Schriftbild ist die gerundete ws-Kür-
zung mit weit unter die Grundlinie gezogenem Abschwung. Auffallende Buchstaben sind weiter das
g mit einer unter die Grundlinie reichenden Doppelschleife und das brillenförmige Schluß-s. Die
Jahreszahlen sind durch arabische Ziffern wiedergegeben.
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fortsetzte, ist aus dem jüngsten Datum dieser Einträge lediglich das Jahr 1515 als Anhaltspunkt für die
Anbringung der Inschriften zu gewinnen. Die Ausführung ist einheitlich und erfolgte mit Sicherheit
von derselben Hand innerhalb eines überschaubaren Zeitraums. Die Fertigstellung der Architektur des
Kreuzgangs selbst ist durch die Weihe von Kreuzgang und Kapitelsaal im Jahre 1494 fixiert4. Deshalb
kommt für die Ausführung der Inschriften eine Zeitspanne in Frage, die nach 1494 begann; als Zeit-
grenze ist das Jahr 1515 für den jüngsten Eintrag angegeben. Es bleibt jedoch offen, ob nicht weitere
Einträge noch jüngeren Datums im Westflügel vorhanden waren. Denkbar wäre nämlich, daß die
jüngeren Einträge in der Art von chronikalischen Aufzeichnungen jeweils nach Eintritt der Ereignisse
angebracht wurden.
Die in den Inschriften genannten Personen sind ihrer Bedeutung für den Augustiner-Orden nach
ausgewählt5. — Papst Alexander IV (1254 — 1261) vereinigte 1256 verschiedene Eremitenverbände in
dem damit neu gegründeten Augustiner-Orden6. Aegidius Romanus (um 1243 —1316)7 und Hu-
gohn von Orvieto (um 1300 —1373)8, seit 1371 Patriarch von Konstantinopel, waren als Gelehrte
führende Denker der Augustiner-Schule9. — Im ersten Kreuzgangfenster II nach der Tür wird vor
allem der Geschichte des Weiler Konvents gedacht: der Grundsteinlegungsinschrift der ersten
Gründung wird die Nachricht von der spätgotischen Klosterreform gegenübergestellt, die einer
Neugründung gleichkam. Der sächsische Ordensreformer Andreas Proles10 (1429 — 1503) veranlaßte
als Generalvikar des Ordens 1481 die Reform des Klosters in Weil der Stadt, die Baumaßnahmen
an der Kirche und den Neubau des Konventsgebäudes nach sich zog11. — Die folgenden Fen-
ster sind berühmten Angehörigen des Augustiner-Ordens gewidmet: Clara von Montefalco
(1268 —1308)12, Augustinus Novelli (auch Matthäus von Tarano genannt, um 1240 —1309)13, Jaco-
bus von Viterbo (nach 1250-1307/08)14, Augustinus von Ancona (um 1270/73 — 1328) und Alber-
tus von Padua15. Mit Nikolaus von Lyra (um 1270 —1349)16 ist auch ein bedeutender Franziskaner
vertreten. — Im Nordflügel des Kreuzgangs setzte sich die Reihe der Augustiner-Theologen fort:
Bonaventura von Padua (1322 — 1385/86), vermutlich identisch mit Bonaventura von Peraga17,
die deutschen Gelehrten Heinrich von Friemar (bei Gotha; gest. 1354) und Hermann von Schil-
desche (bei Bielefeld; um 1290 —1357)18, dann die um 1341 in Paris wirkenden Gelehrten Gregor
von Rimini und Thomas von Straßburg19, der Erzbischof Alfons von Sevilla (gest. 1366) und Mich-
ael von Massa2". — Mit dem Jahr 1350 werden zwei berühmte Augustiner mit dem Vornamen Ger-
ardus verbunden: vermutlich Gerhard von Siena (gest. 1336) und Gerhard de’ Vasconi da Bergamo,
1342 bis 1355 Bischof von Savona21. Weitere italienische Augustiner-Gelehrte sind Wilhelm von
Cremona (gest. 13 5 5)22, Antonius Rampegolus (um 1360— nach 1423)23, der selige Simon Fidati
von Cascia (nach 1290 —1348)24, Paulus Nicoletti von Venedig (gest. 1429)2b und Bischof Bartho-
lomäus von Urbino (gest. 1350)26. Daran schließt sich Jordanus von Quedlinburg (deshalb auch de
Saxonia; gest. 1380?)27 an. — Das nächste Fenster ist wieder einem Italiener gewidmet: Augustinus
Favaroni von Rom (1360 —1443)28. Darauf folgen Gabriel (von Spoleto?) und Jakob von Toledo,
die sich schwer identifizieren ließen29, ferner Petrus Bruni, identisch mit Petrus von Bruniquel,
Bischof von Cittanova3". — Die Aufzählung endet mit zwei vom Augustiner-Orden bevorzugten
Heiligen, mit der hl. Monika31 und dem hl. Nikolaus von Tolentino (1245 —1305)32; beiden waren
Altäre in der Klosterkirche geweiht33. Darüber eingehauen sind kurze Inschriften mit Datum, die
an die gewichtigen kirchenpolitischen Zusammenkünfte des 15.Jahrhunderts erinnern: an die
Konzilien in Konstanz (1414 — 1418) und Basel (1431 —1449)34. Die Prioren, deren Namensin-
schriften für 1515 und 1513 nur kopial überliefert sind, scheinen nur lokale Bedeutung erlangt zu
haben.
Der epigraphische Befund vermag eine Ansetzung um 1515 zu stützen. Es handelt sich um eine
extrem engstehende Gotische Minuskel ohne ausgeprägte Brechungen; die meisten Hasten stehen
senkrecht wie abgeschnitten auf der Grundlinie. Weit unter die Grundlinie gezogen sind der Bogen
des h, die Haste des/ p und langen s. Die Schrift wird verunklärt durch zahlreiche Kürzungszeichen
aller Art, die der Buchschrift entnommen sind und der Schrift den Charakter einer Kursivschrift ver-
leihen. Eine Reihe von Buchstaben sind so individuell gestaltet, daß angenommen werden darf, die
Ausführung des gesamten Zyklus sei von einer Hand. Solche individuellen Merkmale sind z. B. der
für die meisten Einträge stereotype Beginn An(n)o d(omi)ni, wobei bei dem Versal A die linke Haste
verdoppelt ist und weit unter die Grundlinie reicht; der Deckstrich des A ist weit nach oben aus-
gezogen. Abgesehen von diesem immer wiederkehrenden A sind wenige Versalien verwendet.
Besonders auffallend in dem von spitzigen Formen beherrschten Schriftbild ist die gerundete ws-Kür-
zung mit weit unter die Grundlinie gezogenem Abschwung. Auffallende Buchstaben sind weiter das
g mit einer unter die Grundlinie reichenden Doppelschleife und das brillenförmige Schluß-s. Die
Jahreszahlen sind durch arabische Ziffern wiedergegeben.
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