Gleichzeitig ließ die Fürstin den Wohntrakt des Schlosses durch einen geschlossenen Laufgang mit dem
Keltergebäude und von dort über eine Art Brücke mit der Empore der evangelischen Stadtkirche
verbinden7. Auf diese Weise konnte man trockenen Fußes die dort befindliche Herrscherempore
erreichen. Dieser von Heinrich Schickhardt entworfene Gang wurde 1797 abgebrochen, aber die
vorliegende Wappentafel mit Bauinschrift blieb erhalten. Solche überdachten Verbindungsgänge zwi-
schen Schloß und Kirche wurden an den Fürstenhöfen seit dem 16. Jahrhundert beliebt, wie Beispiele
nicht nur in Florenz (Gang von den Uffizien zum Palazzo Pitti), sondern auch in Berlin und Halle aus
dem 16. und 17. Jahrhundert zeigen. In württembergischen Residenzen sind die „Kirchgänge“ in
Böblingen und Nürtingen, ebenfalls Witwensitze des württembergischen Hauses, zu nennen8.
Die Form des württembergischen Herzogswappens mit drei Helmen entspricht der seit Regierungs-
antritt Friedrichs I. üblichen Gestaltung9. Das Wappen Anhalt trägt ebenfalls drei Helme — von
heraldisch rechts nach links Bernburg, Anhalt und Askanien10. Die beiden liegenden Hirsche im
Giebelfeld sind die traditionellen Wappentiere des Hauses Württemberg. Die Wappenkombination
Württemberg und Anhalt befindet sich auch weiter westlich an der Schloßfassade an einem in Fach-
werk ausgeführten Erker11.
Die Wappentafel ist dem Bildhauer Jeremias Schwartz zuzuschreiben, denn Dekoration, Bildung der
Wappen und Helmzierden und Schrift weisen eindeutig auf diesen Meister12. Das Flachschnitt-Orna-
ment auf den Rahmenleisten — hier zum erstenmal in Leonberg verwendet — gehört in der Folgezeit
zum Repertoire der Werkstatt13.
a Die Jahreszahl mit Uberstreichung.
1 Die alte Kelter stand gegenüber der Kirche und wurde 1968 abgebrochen, heute hier das Finanzamt; Leonberg 1993,
87 mit Abb.
2 Europäische Stammtafeln, NF Bd. 1, Taf. 73. - Mit seiner zweiten Gemahlin Eleonore Herzogin von Württemberg
(gest. 1596), einer Tochter des Herzogs Christoph, war eine weitere Allianz zwischen Anhalt und Württemberg voll-
zogen.
3 Vgl. DI 30 (Calw) nr. 317.
4 Aus dieser Zeit sind im Innern noch Türgewände mit dem württembergischen Wappen erhalten.
5 Zu Sibyllas kunstsinnigen Interessen und zu ihrer Sammlertätigkeit vgl. Fleischhauer, W, Die Geschichte der Kunst-
kammer der Herzöge von Württemberg 1976, 1 — 5.
6 Vgl. nr. 325.
7 Zur Innenausstattung des Ganges und der „fürstlichen Borkirche“ vgl. Bühler, Heimatbuch Leonberg 1954, 41.
8 Die „Borkirche“ in Böblingen war über eine Brücke vom Schloß aus zugänglich. Das ca. 1536 durch Kurfürst Joachim
II. umgebaute Stift zu Berlin besaß einen auf Pfeilern ruhenden Gang zwischen Schloß und Kirche. Die Stiftskirche
in Halle war durch drei Gänge mit dem Palast Albrecht von Brandenburgs verbunden; vgl. Tacke, A., Der katholische
Cranach. Mainz 1992, 180f.
9 Vergleichbar sind die beiden monumentalen Wappen-Medaillons des herzoglichen Paares an der Stadtkirche in Freu-
denstadt, ebenfalls ein Bau Schickhardts.
10 Das Wappen Anhalt hier in der für 1556 belegten Form; vgl. J. Siebmachers großes Wappenbuch Bd. 1, 3. Abt. III.
Reihe, Nürnberg 1887/88, Taf. 11 (Neudruck Neustadt an der Aisch 1974).
11 Ein Wappenstein mit dem württembergischen Herzogswappen in hohem Relief ist außen an der Nordseite des
Finanzamts (ehemals am Kelterhaus) eingelassen; er muß vor dem Regierungsantritt des Herzogs Friedrich 1593
entstanden sein, da er nur mit zwei Helmen und Helmzierden geschmückt ist und der Mömpelgarder Helm noch
fehlt; zum Herzogswappen von Württemberg vgl. das bei nr. 280 Gesagte.
12 Vgl. die Wappentafeln aus derselben Werkstatt nrr. 267, 280, 291.
13 Vgl. nrr. 362, 410, 411.
OABLeonberg 1930, 609 f. (nur erw.). - Bühler, Heimatbuch Leonberg 1954, 41. - Leonberg 1993, 124 mit Abb. - Walz,
E., Gramm, B., Altstadtführer 1996, 36 f. mit Abb. — Seeliger-Zeiss, in: Ein seliges end 1998, 109 — 112 mit Abb.
332
Münklingen (Stadt Weil der Stadt), ev. Pfarrkirche (St.Jakob) nach 1610
Grabplatte des Kindes Maria Catharina Stuber. Außen an der Nordwand des Langhauses. Fragment
einer rechteckigen Platte aus rotem Sandstein mit Rahmung durch Ritzlinien; im Feld Emblem und
Inschrift. Unterteil fehlt.
H. 57,5, B. 57, Bu. 4 — 4,7 cm. - Kapitals
EN DORMIT HIC • / MARIA • CATHARI=/NA • M(AGISTRI) •
I(OANNIS) G(EORGII) ■ STVBE=/RI P(ro) t(empore) PAST(ORIS)
FILIOLA / AETAT(IS) XXXI HEB(DOMADARVM) / III DIER(VM) /
[A]NNO ■ MDCX[. . /. . .
225
Keltergebäude und von dort über eine Art Brücke mit der Empore der evangelischen Stadtkirche
verbinden7. Auf diese Weise konnte man trockenen Fußes die dort befindliche Herrscherempore
erreichen. Dieser von Heinrich Schickhardt entworfene Gang wurde 1797 abgebrochen, aber die
vorliegende Wappentafel mit Bauinschrift blieb erhalten. Solche überdachten Verbindungsgänge zwi-
schen Schloß und Kirche wurden an den Fürstenhöfen seit dem 16. Jahrhundert beliebt, wie Beispiele
nicht nur in Florenz (Gang von den Uffizien zum Palazzo Pitti), sondern auch in Berlin und Halle aus
dem 16. und 17. Jahrhundert zeigen. In württembergischen Residenzen sind die „Kirchgänge“ in
Böblingen und Nürtingen, ebenfalls Witwensitze des württembergischen Hauses, zu nennen8.
Die Form des württembergischen Herzogswappens mit drei Helmen entspricht der seit Regierungs-
antritt Friedrichs I. üblichen Gestaltung9. Das Wappen Anhalt trägt ebenfalls drei Helme — von
heraldisch rechts nach links Bernburg, Anhalt und Askanien10. Die beiden liegenden Hirsche im
Giebelfeld sind die traditionellen Wappentiere des Hauses Württemberg. Die Wappenkombination
Württemberg und Anhalt befindet sich auch weiter westlich an der Schloßfassade an einem in Fach-
werk ausgeführten Erker11.
Die Wappentafel ist dem Bildhauer Jeremias Schwartz zuzuschreiben, denn Dekoration, Bildung der
Wappen und Helmzierden und Schrift weisen eindeutig auf diesen Meister12. Das Flachschnitt-Orna-
ment auf den Rahmenleisten — hier zum erstenmal in Leonberg verwendet — gehört in der Folgezeit
zum Repertoire der Werkstatt13.
a Die Jahreszahl mit Uberstreichung.
1 Die alte Kelter stand gegenüber der Kirche und wurde 1968 abgebrochen, heute hier das Finanzamt; Leonberg 1993,
87 mit Abb.
2 Europäische Stammtafeln, NF Bd. 1, Taf. 73. - Mit seiner zweiten Gemahlin Eleonore Herzogin von Württemberg
(gest. 1596), einer Tochter des Herzogs Christoph, war eine weitere Allianz zwischen Anhalt und Württemberg voll-
zogen.
3 Vgl. DI 30 (Calw) nr. 317.
4 Aus dieser Zeit sind im Innern noch Türgewände mit dem württembergischen Wappen erhalten.
5 Zu Sibyllas kunstsinnigen Interessen und zu ihrer Sammlertätigkeit vgl. Fleischhauer, W, Die Geschichte der Kunst-
kammer der Herzöge von Württemberg 1976, 1 — 5.
6 Vgl. nr. 325.
7 Zur Innenausstattung des Ganges und der „fürstlichen Borkirche“ vgl. Bühler, Heimatbuch Leonberg 1954, 41.
8 Die „Borkirche“ in Böblingen war über eine Brücke vom Schloß aus zugänglich. Das ca. 1536 durch Kurfürst Joachim
II. umgebaute Stift zu Berlin besaß einen auf Pfeilern ruhenden Gang zwischen Schloß und Kirche. Die Stiftskirche
in Halle war durch drei Gänge mit dem Palast Albrecht von Brandenburgs verbunden; vgl. Tacke, A., Der katholische
Cranach. Mainz 1992, 180f.
9 Vergleichbar sind die beiden monumentalen Wappen-Medaillons des herzoglichen Paares an der Stadtkirche in Freu-
denstadt, ebenfalls ein Bau Schickhardts.
10 Das Wappen Anhalt hier in der für 1556 belegten Form; vgl. J. Siebmachers großes Wappenbuch Bd. 1, 3. Abt. III.
Reihe, Nürnberg 1887/88, Taf. 11 (Neudruck Neustadt an der Aisch 1974).
11 Ein Wappenstein mit dem württembergischen Herzogswappen in hohem Relief ist außen an der Nordseite des
Finanzamts (ehemals am Kelterhaus) eingelassen; er muß vor dem Regierungsantritt des Herzogs Friedrich 1593
entstanden sein, da er nur mit zwei Helmen und Helmzierden geschmückt ist und der Mömpelgarder Helm noch
fehlt; zum Herzogswappen von Württemberg vgl. das bei nr. 280 Gesagte.
12 Vgl. die Wappentafeln aus derselben Werkstatt nrr. 267, 280, 291.
13 Vgl. nrr. 362, 410, 411.
OABLeonberg 1930, 609 f. (nur erw.). - Bühler, Heimatbuch Leonberg 1954, 41. - Leonberg 1993, 124 mit Abb. - Walz,
E., Gramm, B., Altstadtführer 1996, 36 f. mit Abb. — Seeliger-Zeiss, in: Ein seliges end 1998, 109 — 112 mit Abb.
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Münklingen (Stadt Weil der Stadt), ev. Pfarrkirche (St.Jakob) nach 1610
Grabplatte des Kindes Maria Catharina Stuber. Außen an der Nordwand des Langhauses. Fragment
einer rechteckigen Platte aus rotem Sandstein mit Rahmung durch Ritzlinien; im Feld Emblem und
Inschrift. Unterteil fehlt.
H. 57,5, B. 57, Bu. 4 — 4,7 cm. - Kapitals
EN DORMIT HIC • / MARIA • CATHARI=/NA • M(AGISTRI) •
I(OANNIS) G(EORGII) ■ STVBE=/RI P(ro) t(empore) PAST(ORIS)
FILIOLA / AETAT(IS) XXXI HEB(DOMADARVM) / III DIER(VM) /
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