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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0124
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Albertinisches Sachsen. Cap. II. Moritz. (1541—1553.)

kommenden Fragen zur Begutachtung: Ob ein evangelischer Bischof einzusetzen und nach welcher
Ordnung die Reformation vorzunehmen sei. Für letztere brachte er die Reformations-Ordnung
des Erzbischofs von Köln, Hermann von Wied, von 1543 in Vorschlag. (Vgl. Sehling S. 14 ff.)
Die Gutachten der Leipziger sprachen sich gegen die Einführung der Kölner Kirchen-
Ordnung aus. Als grundlegende Ordnung möchte man die bewährte Heinrich’s-Agende bei-
behalten und sie gemäss den Beschlüssen der Lätare-Konferenz revidiren. Von Erwählung eines
Bischofes riethen sie dringend ab. Sie fürchteten, dass wieder ein absolutes bischöfliches Re-
giment im katholischen Sinne entstehen würde. Wenn man überhaupt einen Bischof wählen
wollte, so müsste man das Amt so ausgestalten, dass die iurisdictio ordinaria beim Consistorium
läge, und der Bischof nie allein, sondern stets nur mit diesem zusammen (also etwa als Con-
sistorial-Präsident) fungiren dürfte. Auch die Rechte des Landesherrn müssten ungeschmälert
bleiben. Sehr schön wurden die Funktionen des Bischofs, als des Inhabers der Schlüsselgewalt
(d. i. des Dienstes am Worte), geschildert, daneben aber auch die Bedeutung des Consistoriums
und der Ältesten-Collegien in gebührendes Licht gerückt. (Vgl. das Nähere Sehling, Kirchen-
gesetzgebung unter Moritz von Sachsen, S. 25 ff.)
Während diese Verhandlungen spielten, hatte Herzog Moritz die Merseburger Frage in
der Weise gelöst, dass er seinen Bruder Augustus zum Administrator des Stiftes wählen liess
und im Verein mit seinem Bruder den Domprobst Fürsten Georg von Anhalt zum Leiter in
geistlichen Dingen, zum Bischof oder, wie es später hiess, Coadjutor in geistlichen Dingen
bestellte.
Die Bestellungsurkunde datirt vom 16. Mai 1544. Sie findet sich zweimal im Zerbster
Herzogl. Staats-Archiv, Vol. V, fol. 213 Nr. 20 und 21; mehrfach in Dresden, H.St.A., z. B.
Loc. 10737 Cellische Ordnung, Loc. 7429 Rath zu Leipzig contra consistorium und Ministerium
daselbst 1599, 1. B., Bl. 77. Ein Auszug daraus unter dem Titel „Auszug etlicher artickel
aus dem bestellungsbrief des bischöflichen ampts“ ist in Zerbst, Herzogl. St.A , Vol. V, fol. 213
Nr. 21. Ein Abdruck ist hier nicht erforderlich. (Vgl. die Wiedergabe bei Sehling, a. a. O.
S. 33 ff.)
Georg fasste sein Amt wesentlich im Sinne eines katholischen iudex ordinarius auf.
Vgl. Sehling, a. a. O. S. 83 ff.
Es ist erklärlich, dass bei der weiteren Entwickelung des Kirchenrechts jetzt die hervor-
ragende Persönlichkeit Georg’s von Anhalt in den Vordergrund trat. Die Berathungen über
die Abfassung einer umfassenden Kirchen-Ordnung nahmen jetzt unter Georg’s Leitung einen
raschen Fortgang. Georg erhielt die Leipziger Bedenken zur Begutachtung übersandt. Eine
Conferenz fand bereits wieder am Michaelismarkt 1544 in Leipzig statt. In einem „eiligen“ und
sodann in einem ausführlichen Gutachten (vom 27. November 1544; es füllt im Zerbster St.A.
Vol. V, fol. 213, Nr. 20 72 Folio-Seiten) ging Georg auf alle Punkte einer Kirchenordnung ein;
er betonte die Nothwendigkeit der Consistorien, und schlug in Übereinstimmung mit den Theo-
logen Leipzig als Sitz vor. „Und so es meinem Hern nicht beschwerlich were es zu Leipzik
do man die gelerten bei der Hand hat, am fuglichsten.“ Also noch am Ende des Jahres 1544
waren weder die Competenzen des Bischofs, noch seines Consistoriums genügend geregelt. Die
Antwort des Herzogs hierauf [erstmalig abgedruckt bei Sehling, a. a. O. S. 32 ff.] regelte die
Competenzen des Bischofs und der beiden Consistorien zu Merseburg und Meissen. Von der
Errichtung eines weiteren Consistoriums zu Leipzig hatte der Herzog definitiv Abstand ge-
nommen. Der Grund wird wohl der gewesen sein, dass der Herzog das Consistorium als das
bischöfliche Gericht am Sitze des bischöflichen Amtes und im Zusammenhange mit demselben
errichtet sehen wollte. Das Consistorium war gedacht als bischöfliches Gericht (im katholischen
Sinne), und zwar für Ehe-, Straf- und Disciplinar-Sachen, sowie für die Civil-Streitigkeiten der
Geistlichen, da für diese die privilegia fori gelten sollten.
 
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