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Albertinisches Sachsen. Cap. III. Kurfürst August. (1553—1586.)
fürsten besprochen und später die folgenden, regelmässig gehaltenen Partikular-Visitationen im
Zusammenhange dargestellt werden.
Der Kurfürst hatte erkannt, dass trotz seiner vielen Mandate — General-Artikel, Polizei-
Ordnungen —, trotz der General-Visitationen von 1574/75, 1576/77 und dieser Lokal-Visitation
von 1577 noch viel zu thun übrig blieb. Der Kurfürst sah sich nach Hilfs- Organen für diese
Aufgabe um. Er rief zu diesem Zweck den General-Synodus in’s Leben. Der Kurfürst beschloss
weiter, „weil aber diese Sachen .... an inen selbst wichtig, auch zu besorgen, dass in diesem
ersten synodo nicht alles, was abzuschaffen ist, an tag kommen sei .... aus den gehaltenen
visitationibus und sonsten sich bei unseren universitäten, fürstenschulen und consistorien
allerlei schwere mengel und gebrechen fürfallen, die mit zeitigem guten bedacht verbessert
werden müssen, als seind wir entschlossen, dieses alles unserer getreuen landtschaft und anderen
vertrauten räthen zur förderlichsten gelegenheit zu untergeben und nach deren berathschlagung
verordnung zu thun“.
Es darf nicht Wunder nehmen, wenn der Kurfürst die Landstände für seine Pläne zu
interessiren suchte. Waren doch die Landstände von jeher treue Stützen des Reformationswerkes
gewesen, hatten doch gerade sie vielfach die Initiativezu Reform-Vorschlägen, zu Visitationen
ergriffen. Ich erinnere nur an die verschiedenen Torgauer Tage. Die Bestrebungen der Land-
stände trafen vollständig mit den Intentionen des Kurfürsten zusammen. Namentlich war dies
der Fall bezüglich der Sorge für die Erhaltung der reinen Lehre.
Was diese letztere angeht, so gehört es nicht in den Rahmen dieses Werkes, die Be-
mühungen des Kurfürsten und seine Anordnungen eingehend zu schildern, sondern es soll hier
nur so viel bemerkt werden, als zum Verständniss der Kirchenordnungen erforderlich ist.
Man kann mit G. Müller, a. a. O. 9, 227ff. drei verschiedene Richtungen in der kur-
fürstlichen Thätigkeit auseinanderhalten: Zunächst die Bestrebungen, eine Vereinigung aller
evangelischen Reichsstände herbeizuführen (Frankfurter Tag 1558). Diese scheiterten ins-
besondere an dem Widerstreben der Ernestinischen Theologen (Confutationsbuch von 1559, vgl.
oben). Auch der Naumburger Fürstentag (1560), auf welchem Kurfürst August persönlich eifrig
thätig war, brachte keine Einigung.
Der Kurfürst ging nunmehr daran, wenigstens seinem Lande einheitliche und reine Lehre
zu sichern.
Diesem Zwecke und namentlich der Beseitigung der theologischen Streitigkeiten diente
das Mandat vom 14. September 1562, in welchem die Censur den Universitäten übertragen
wurde. (G. Müller 9, 236; Abdruck im Cod. Aug. I, 406—408; der Abdruck kann hier unter-
bleiben.) Hierhin- gehört das Corpus doctrinae, welches, von Melanchthon herausgegeben, die
drei ökumenischen Symbole, die Augsburgische Confession nach den Ausgaben von 1533 und
1540, die Apologie, die Repetitio Augustanae Confessionis, die loci theologici, das Examen
Ordinandorum und die responsio ad articulos bavaricos enthielt, und 1560 im Druck erschien.
Dieses Corpus doctrinae (auch Corpus Philippicum oder Misnicum genannt) wurde 1566 vom Kur-
fürsten zur offiziellen Grundlage der Lehre erhoben. Über die Angriffe der Flacianer (wegen
deren das Altenburger Religionsgespräch 1568 zu keinem Ergebnisse führte), über das von den
Ernestinern dagegen gestellte Corpus doctrinae Thuringicum von 1570 vgl. G. Müller 9, 238ff.,
auch oben S. 66.
Unter dem 19. Februar 1579 erliess der Kurfürst ein scharfes Reskript auf Grund eines
Bedenkens des Ausschusses der Landstände, „welche zur berathschlagung etlicher notwendigen
reformationsartikel unserer universitäten, consistoria, kirchen und schul - ordnungen betreffende
gegen Torgau erfordert gewesen“. Der Kurfürst richtete sich hier gegen das Eindringen des
Calvinismus, wobei er laute Klage darüber erhob, dass Luther nicht mehr am Leben sei. (Das
Albertinisches Sachsen. Cap. III. Kurfürst August. (1553—1586.)
fürsten besprochen und später die folgenden, regelmässig gehaltenen Partikular-Visitationen im
Zusammenhange dargestellt werden.
Der Kurfürst hatte erkannt, dass trotz seiner vielen Mandate — General-Artikel, Polizei-
Ordnungen —, trotz der General-Visitationen von 1574/75, 1576/77 und dieser Lokal-Visitation
von 1577 noch viel zu thun übrig blieb. Der Kurfürst sah sich nach Hilfs- Organen für diese
Aufgabe um. Er rief zu diesem Zweck den General-Synodus in’s Leben. Der Kurfürst beschloss
weiter, „weil aber diese Sachen .... an inen selbst wichtig, auch zu besorgen, dass in diesem
ersten synodo nicht alles, was abzuschaffen ist, an tag kommen sei .... aus den gehaltenen
visitationibus und sonsten sich bei unseren universitäten, fürstenschulen und consistorien
allerlei schwere mengel und gebrechen fürfallen, die mit zeitigem guten bedacht verbessert
werden müssen, als seind wir entschlossen, dieses alles unserer getreuen landtschaft und anderen
vertrauten räthen zur förderlichsten gelegenheit zu untergeben und nach deren berathschlagung
verordnung zu thun“.
Es darf nicht Wunder nehmen, wenn der Kurfürst die Landstände für seine Pläne zu
interessiren suchte. Waren doch die Landstände von jeher treue Stützen des Reformationswerkes
gewesen, hatten doch gerade sie vielfach die Initiativezu Reform-Vorschlägen, zu Visitationen
ergriffen. Ich erinnere nur an die verschiedenen Torgauer Tage. Die Bestrebungen der Land-
stände trafen vollständig mit den Intentionen des Kurfürsten zusammen. Namentlich war dies
der Fall bezüglich der Sorge für die Erhaltung der reinen Lehre.
Was diese letztere angeht, so gehört es nicht in den Rahmen dieses Werkes, die Be-
mühungen des Kurfürsten und seine Anordnungen eingehend zu schildern, sondern es soll hier
nur so viel bemerkt werden, als zum Verständniss der Kirchenordnungen erforderlich ist.
Man kann mit G. Müller, a. a. O. 9, 227ff. drei verschiedene Richtungen in der kur-
fürstlichen Thätigkeit auseinanderhalten: Zunächst die Bestrebungen, eine Vereinigung aller
evangelischen Reichsstände herbeizuführen (Frankfurter Tag 1558). Diese scheiterten ins-
besondere an dem Widerstreben der Ernestinischen Theologen (Confutationsbuch von 1559, vgl.
oben). Auch der Naumburger Fürstentag (1560), auf welchem Kurfürst August persönlich eifrig
thätig war, brachte keine Einigung.
Der Kurfürst ging nunmehr daran, wenigstens seinem Lande einheitliche und reine Lehre
zu sichern.
Diesem Zwecke und namentlich der Beseitigung der theologischen Streitigkeiten diente
das Mandat vom 14. September 1562, in welchem die Censur den Universitäten übertragen
wurde. (G. Müller 9, 236; Abdruck im Cod. Aug. I, 406—408; der Abdruck kann hier unter-
bleiben.) Hierhin- gehört das Corpus doctrinae, welches, von Melanchthon herausgegeben, die
drei ökumenischen Symbole, die Augsburgische Confession nach den Ausgaben von 1533 und
1540, die Apologie, die Repetitio Augustanae Confessionis, die loci theologici, das Examen
Ordinandorum und die responsio ad articulos bavaricos enthielt, und 1560 im Druck erschien.
Dieses Corpus doctrinae (auch Corpus Philippicum oder Misnicum genannt) wurde 1566 vom Kur-
fürsten zur offiziellen Grundlage der Lehre erhoben. Über die Angriffe der Flacianer (wegen
deren das Altenburger Religionsgespräch 1568 zu keinem Ergebnisse führte), über das von den
Ernestinern dagegen gestellte Corpus doctrinae Thuringicum von 1570 vgl. G. Müller 9, 238ff.,
auch oben S. 66.
Unter dem 19. Februar 1579 erliess der Kurfürst ein scharfes Reskript auf Grund eines
Bedenkens des Ausschusses der Landstände, „welche zur berathschlagung etlicher notwendigen
reformationsartikel unserer universitäten, consistoria, kirchen und schul - ordnungen betreffende
gegen Torgau erfordert gewesen“. Der Kurfürst richtete sich hier gegen das Eindringen des
Calvinismus, wobei er laute Klage darüber erhob, dass Luther nicht mehr am Leben sei. (Das