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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0300
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Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

272
Vesper.
Wenn man nach gewonheit zu vesper geleutet,
singe man, wie im sonabent verzeichnet, und wenn
die vesper aus ist, neme man ein stück vom
catechismo fur, und lege dasselbige dem volk
aufs einfeltigst aus, und was man auf den sontag
aus dem catechismo furgelegt hat, dasselbige sol
man die kinder in der wochen auf ein tag oder
zween, nach dem der kinder viel oder wenig,
widerumb verhören.
Man sol aber nicht an einem jedem ort einen
sonderlichen catechismum furnemen, sondern durch-
aus einerlei form halten, wie denn zu Wittemberg
durch d. Martin Luther gestelt ist.
Werktage in der wochen.
Wo man die knaben hat, mag man auf die
werktage (darauf man die wochen uber predigt)
fur der predigt sie singen lassen, ehe denn man
in schulen anfehet zu lesen, wie am sontag zur
metten verzeichnet, das sich das volk dieweil zur
predigt samle, und wenn die knaben ausgesungen,
das man darnach darauf predige. Nach der predigt
aber las man das volk ein deudschen psalmen oder
andern geistlichen gesang singen nach gelegenheit
viel oder wenig.
Vesper mag man alle tage halten, damit die
knaben im psalter und der heiligen schrift geübt
werden.
Auch mag man je zuzeiten, was feine reine
responsoria und hymni sein, singen lassen, daraus
die jugent sehen kan, was die heilige kirche je
und je fur den rechten glauben bekant, und ge-
halten hat.
Wenn aber auf etliche sontag und festa keine
communicanten furhanden sein, so sol man ein
fein responsorium als an stat des introitus singen
lassen, darauf einen feinen deudschen psalm oder
geistlich lied, folgends den glauben, und darauf
das gewönlich evangelium predigen.
Nach der predigt, lasse man das volk aber-
mals einen feinen deudschen psalm oder geist-
lich lied singen, und1) damit im namen gottes
heim gehen.
Kirchenordnung auf den dörfern.
Wo man nicht schulen hat, sol man des
sonabents zu bequemer zeit am abent leuten lassen,
und wo sich das volk alt oder jung samlet, etliche
deudsche psalm oder geistliche gesenge singen, und
mit dem gebete beschliessen.
Darnach verhöre der pfarherr die leute, so
folgends sontags communiciren wöllen, absolvire
und unterrichte sie etc.

Communio.
Wenn man communicanten hat, sol man das
volk ein feinen psalm oder sonst ein geistlichen
gesang lassen singen, pro introitu, darauf sol der
priester eine deudsche collecta lesen, darnach die
gewonliche epistel, gegen dem volk, auch deudsch
singen, nach der epistel sol man widerumb einen
deudschen psalm oder geistlich lied singen, darauf
das evangelium nach der zeit gegen dem volk
deudsch lesen, und nach dem evangelio das volk
den glauben singen lassen.
Wenn der glaube gesungen ist, sol man pre-
digen das evangelium, welchs der sontag oder fest
mit sich bringet.
Nach der predigt sol fur dem altar die
paraphrasis des vater unsers mit der vermanung
zum sacrament dem volk furgesprochen werden.
Wenn solchs geschehen, sol der priester die
verba testamenti deudsch und laut singen, und
wenn die ausgesungen, also denn das volk den
hymnum Jesus Christus unser heiland etc. oder,
gott sei gelobet, oder das deudsche sanctus1),
singen lassen.
Dieweil man den hymnum singet, sol der
priester sub utraque specie das volk communiciren,
und nach der communion mit der deudschen
collecten und benediction beschliessen.
Wenn aber keine communicanten sein, so
lasse man das volk einen psalm oder zween oder
sonst geistliche gesenge singen, darauf lese der
pfarherr die lection des evangelii gegen dem volk
deudsch, nach der lectio singe man den glauben,
und predige darauf.
Wenn die predigt aus ist, singe man aber-
mal ein psalm, oder geistlichen gesang, beschlies
mit einer collecten und der benediction.
Und diese obgeschriebene ordnung mag man
zu der früpredigt auf die werktage auch halten.
Vesper.
Wenn man vesper halten wil, sol man das
volk ein feinen deudschen oder latinischen psalm
oder zween singen lassen, nach dem psalm ein
lectio, auf die lection das deudsche magnificat,
und darnach eine collecten mit der benediction.
Litania.
Wiewol das volk bei allen emptern in der
kirchen zum gebet sol vermanet und angehalten
werden, doch sol man auch zu sonderlichen be-
stimpten zeiten, das gemeine gebet der litania
halten, als auf die vier quatember eine wochen-
lang, in den stedten alle mitwochen oder freitage

1) A und B: und lasse sie.

1) A u. B: (Jesaia dem propheten das geschah etc.).
 
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