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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0377
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35. Visitations-Instruktion von 1577.

349

amptleute, die vom adel und andere damit nicht
zu lange aufgehalten werden,
so soll der superintendens oder adiunctus
die pfarhern, so ihme in der lehre entweder ir-
thums halben vordechtig, oder sonsten, das sie
nicht fast gelert, noch in ihren studiren fleissig
bekant sein, besonders x) vor der visitation zu sich
erfordern und der notturft nach von allen, in
sonderheit aber von den streitigen articuln fleissig
und ernstlich mit ihnen handeln und was er an
ihnen habe erfaren, damit er mit warheit von ihnen
zu berichten, wie es der lehre halben mit ihnen
geschaffen und in der visitation desto schleuniger
fortschreiten möge.
Das auch die pfarhern und diacon uf dem
lande und in stedten zum studieren und fleiss er-
wegt werden, so sollen unsere superintendenten
und adiuncten dieselbten nach der ordenung in
den stedten in der wochen predigen lassen, ihnen
etliche tage zuvor materias aus den psalmen,
epistolis Pauli oder sonsten aus der bibel, davon
zu predigen, geben und darnach eines jeden fleiss
oder unfleis erfunden wird, solche ubung wieder-
holen.
2. Zum* 2) andern, soll er fragen wan und wie
oft an sontagen und heiligen festen, auch in der
wochen und mit was ordenung er die predigten
halte, ob er die sontags evangelia predige und
was er sonsten vor bucher der heiligen schrift,
altes und neues testaments, auslege und handele.
3. Ob 3) er auch die sacramenta und cere-
monien bei denselbigen, weiland des hochgebornen
fursten, herrn Heinrichen, herzogen zu Sachsen etc.
unsers lieben herren vatern, hochlöblicher und
seliger gedechtnus, kirchen agenda gemess durch-
aus halte, oder in derselben voranderung vor-
genomen und was die sein, mit fleiss vorzeichnen.
4. Ob 4) er auch den catechismum doctoris
Lutheri zu was zeit und mit was ordenunge halte,
denselben predige und bei den kindern, haus-
gesinde und seinen eingepfarreten mit fleiss treibe,
auch ob er nicht etwo einen andern den Lutheri
catechismum in der kirchen und sonsten lehre
halte oder gebrauche.
5. Ob er auch järlich der ordenung nach in
der fasten mit allen kindern, knechten und megden
das examen halte.
6. Ob auch die eltern ihre kinder und haus-
gesinde fleissig zum catechismo schicken, und do
er etzliche unfleissig befünde, sie zum fleiss vor-
mahne, und ob seine warnung bei ihnen nutz
schaffe oder nicht.

1) Randvermerk bei E: Ob temporis angustiam.
2) Randvermerk bei E: wie oft der prediger pre-
dige und wie wann.
3) Randvermerk bei E: Von der agend.
4) Randvermerk bei E: Vom catechismo.

7. Was er nach der predigt vor gebete vor-
spreche, auch vor und nach der predigt vor lob-
gesenge mit der schulen und eingepfarten halte.
8. Ob er auch ordentliche vorzeichnus und
register halte, der getauften kinder und ver-
storbenen christen, auch dero, so sich in den ehe-
stand begeben.
9. Ob er auch die ehegerichtsordnung alle
quartal vormöge unsers befeliches ablese und vor-
kundige.
10. Wie es mit der kirchen und kasten-
rechnung geschaffen, von weme und mit was un-
costen die gehalten, auch ob ir vormögen in zu
oder abnehmen sein.
11. Ob er auch die kranken und sterbenden
leute besuche, tröste und mit dem sacrament des
heiligen abendmahls vorsehe, mit was fleiss und
ordnung dies geschee, ob er auch die leich-
predigten und andere der kirchen gebreuch, ob-
gedachter ordenung nach, in allewege halte.
12. Es soll auch der superintendens oder
adiunct eines jeden kirchendieners bibliothecam
und bucher besehen und do vordechtige falsche
bucher' bei ime befunden, ob er dieselbige cum
judicio lese, seine zuhörer von den verdampten
vorfurischen irthumben abzuhalten und darvor zu
vorwarnen, auch fleissige erkundigung nehmen,
was eines jeden tegliche privata studia sein, ihn
zum studiren vormahnen, auch jede visitation
etwas zu lesen und sich dorinne zu uben vor-
ordenen und mit was nutz und fleiss solches von
ihme geschehen, uf nechstfolgende visitation er-
kunden und wie er seinen fleis und unfleis be-
funden, berichten.
13. Der superintendens oder adiunct sollen
vleissige erkundigung und nachforschung haben,
wie die pastores und kirchendiener ihre kinder im
gebete und catechismo underrichten, sie zur schule
halten, oder in ihren heusern selbst lehren, auch
die kinder selbst befragen, und do mangel be-
funden, die eltern zur besserung vormahnen.
14. Es soll ein jeder pfarherr befragt werden,
ob er auch seiner collegen und benachbarten
pastorn oder kirchendiener, lehre, lebens und
wandels halben, einigen fehl oder mangel habe.
15. Ob der pfarherr jemand in seinem kirch-
spiel wisse, welcher der widerteufer, sacramen-
tirer und anderer vorfurischer lehre anhengig und
mit ihrem schwärm befleckt were, oder ob er
solchen leuten underschleif und herberge gebe und
gemeinschaft mit ihnen bette.
* Von den schulen.
Nachdeme auch an den particular schulen
unserer stedte, darinnen doch vornemblich die
jugend zum rechten anfange der waren religion
informirt und abgericht, auch aus ihrem mittel
 
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