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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0404
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376

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

ewigem unwiederbringlichem schaden und nachteil
vieler seelen den kirchen aufgedrungen, dargegen
aber frome, gelerte und geschickte prediger, so
gedachten kirchen nützlich dienen können, ver-
hindert und abgehalten worden; desgleichen auch
das die jenigen, so allbereit im ampt, und durch
ordentlichen beruf mit pfarren versehen gewesen,
in grosser anzal, besonders, wenn die vacirende
pfarr am jehrlichen einkomen etwas höher und
besser, nach derselben gelaufen, und ihre kirchen
allein umb bessers soldes willen verlassen, und
wider gottes befehlch, also aus ihrem ordentlichen
beruf getreten seint, dobei sie dann nicht allein,
soviel die zeitliche nahrung anlanget, wenig segens,
sondern auch in ihrem ampt von gott das gedeien
nicht zugewarten, weil geschrieben stehet: sie
liefen, und ich hab sie nicht gesandt, so werden
nicht allein die erb und lehenherren sich hierinnen
gottes worts und desselben drauung zu erinnern
wissen, sondern wir wollen auch hiermit unsern
verordenten in unsern consistoriis ernstlich auf-
erleget und befohlen haben, solches unordentlich,
ergerlich, ihnen den pfarrern selbst und den
kirchen schedliches laufen nach den pfarren bei
den kirchendienern genzlich abzuschaffen, und die,
so nicht ordentlich berufen, sondern sich obgehörter
massen einzudringen gedenken, zu keinem kirchen-
ampt zulassen.
Denn ob wol nicht verboten, seinen dienst
der kirchen anzubieten, sol doch keiner ihme selbst
einen gewissen ort ernennen, sondern solches zum
erkentnis deren stellen, die nach den gaben, ihm
von gott verliehen, ihn werden wissen mit ge-
bürender condition zuversehen, dergestalt er seines
berufs gewiss, und in allen fürfallenden nöten sich
hat gottes gnade, hülf und beistands zugetrösten.
So denn einer armuts halben sich an seinem
ort in die lenge und beharlich nicht wüste zu-
erhalten, der sol in einer supplication zu den
ordentlichen visitatoribus durch seinen super-
intendenten solche seine noth und armut anbringen
lassen, darauf nachmals im synodo erkant werden
soll, damit die kirchendiener nicht hunger oder
mangel leiden dörfen, sonder entweder durch ein
ordentliche translation, oder in andere wege, (doch
denen, so das ius patronatus haben, in allwege
ihrer habenden gerechtigkeit unabbrüchig) ihnen
geraten und geholfen werde, das sie sich wieder
die billigkeit deshalben nichts zubeklagen, und
also jeder zeit des ordentlichen berufs erwarten,
und denselben mit fleis und treuen in ihrem ampt,
und dann auch mit christlichem, gottseligem leben
und wandel befördern möge.
Desgleichen, da einer wegen seiner geschick-
ligkeit und andern fürnemen von gott verliehenen
gaben zum fürnemen und hohem beruf zuge-
brauchen, sol werden, und darauf auch jeder zeit,

nach der personen und kirchen gelegenheit, jedoch
mit vorwissen und bewilligung derjenigen, welchen
das ius patronatus zugehört, gebührende und der
kirchen nützliche verodnung geschehen.
Zum vierden. So jemands das ius patronatus
oder collatur, zu einiger oder mehr pfarren, pre-
dicaturen, diaconat oder subdiaconat hette, sol
ihnen hiermit unbenomen sein, wann solche kirchen-
dienst sich erlediget, das sie nach tüchtigen per-
sonen trachten, und dieselbigen zu nominiren haben,
doch also, das solche person, so dermassen nomi-
nirt, zuvorn unserm consistorio, dahin die pfarr
gehörig, zur prob und examen presentirt und ge-
stellet, und da dieselbige, wie die ordnung aus-
weiset, qualificirt und tüchtig befunden, das sie
in der lehr rein, auch mit nothwendigen gaben
zuleren von gott begnadet, eines erbarn, christ-
lichen lebens und wandels, darzu mit gnugsamer
urkund und testimoniis erfunden, auch wie andere
unsere kirchendiener gebürliche nachfolgende pro-
mission erstattet, so sollen sie von unsern con-
sistorialen mit bericht, wie sie in der lehr ge-
schickt, und rein befunden, an unsern synodum
zur confirmation verschrieben werden.
Wenn aber der lehenherr keine solche täg-
liche person nominiren und vorstellen könte oder
wolte, und aber wir uns von gott befohlenen
ampts und hoher obrigkeit halben uns schuldig
erkennen, unsere von seiner allmechtigkeit uns
befohlene kirchen und unterthanen, obgehörter
massen zuversehen, so sollen unsere consistorialen
und verordente des synodi mit bestellung der-
selbigen pfarren, predicaturen, diaconaten und sub-
diaconaten, als oblaut, verfaren, damit solche
kirchendienst nicht vaciren, sondern die pfarr-
kinder mit der predigt göttliches worts, und
rechtem gebrauch der heiligen sacrament versehen,
und keines weges versaumet werden, und solchs
den patronis an den collaturen unnachteilig und
unabbrüchig sein.
Und nach dem wir zur fortpflanzung des
reinen, unverfelschten worts gottes, und erhaltung
christlicher einigkeit unter den lerern die anzal
unserer stipendiaten auf eine namhafte summa er-
höhet, so allzumal zu den kirchen und schul-
diensten gezogen werden sollen, dergestalt wir
auch durch den segen gottes jeder zeit die ledige
stellen mit qualificirten kirchendienern zuersetzen
verhoffen, so wollen wir im mangel tüchtiger per-
sonen, wann wir oder unsere consistoria durch die
patronos und collatores der pfarren ersucht werden
jeder zeit diese gnedigste verordnung thun,
das sie nach jedes orts gelegenheit, soviel mög-
lich , mit tüchtigen personen versehen werden,
welche doch ihnen zuvor zuhören für gestellet
werden sollen, damit sie ihr bedenken anzeigen
mögen, ob ihnen dieselbe gefellig und annemlich,
 
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