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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0254
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Nassau-Weilburg

treffend, von keinem Pfarrherrn etwas verseumet
werde, und sollen die Pfarrherrn nicht allein das
junge Volck hierzu ernstlich anhalten, sondern auch
die Alten, daß sie umb mehrers ansehens willen
unnd damit sich die jugend desto williger erzeige,
auch mehrerteils selbß darbey seyen, vermahnen'.
Und dieweil wir durch die verderbte Natur und
anregung deß bösen Feinds gemeiniglich allesampt
zu den dingen, unser Heil unnd Seligkeit betreffend,

gantz unwillig und verdrossen unnd uns hierinn
fast100 nachlässig und unfleissig erzeigen, so sol dem-
nach, das Volck zum fleiß in dieser hohen großwich-
tigen sach zu erwecken, kein Person, sie sey gleich
jung oder alt, zur Christlichen Tauff zu Gevattern
zu stehen und gebrauch deß heyligen Abentmals,
dergleichen zur eynsegnung der Christlichen Ehe zu-
gelassen werden, sie wissen dann uiren Catechismum
von stück zu stück zu erzehlenu. I M1r I

Von gemeinenv Bettagenw

Nachdem wir allesampt von natur zum bösen ge-
neigt seind und mehrermals nicht das gut, darzu wir
nach dem innerlichen Geistlichen Menschen lust
unnd gefallen tragen, sondern das böse, daran wir
ein mißfallen haben, thun und begern101, unnd unser
widersacher, der Teuffel, umbhergehet wie ein brül-
lender Löw und sucht, wen er verschlinge102, darzu
die Welt voll böser Exempel und vielfaltiger anrei-
tzung zum bösen ist, daher sich dann begibt, daß
auch in der rechten, waren Christlichen Gemeine
viel ärgernuß entstehen (Wie uns der Herr selbßt zu
erkennen gibt im gleichnuß von Unkraut, das durch
Agende 1618: zum wenigsten die Hauptstück ihres Ca-
techismi unnd verstehe solche zimlich, daß sie von ihrem
Christenthumb nothwendigen Bericht geben könne oder
seye urbietig [=willig] unnd begierig, sich informiren zu
lassen.
Damit nun die Leuth desto mehr den ernst spuren unnd
ihnen diese hohe Sachen lassen angelegen seyn, sollen die
Kirchendiener diß Stück desto öffter und eyfferiger ihren
Pfarkindern schärpffen, auch Jahrs etlich mal diese un-
sere Verordnung ihnen vorhalten und stätig erfrischen.
Die Fragstück für die einfältige und Kinder etc. vide
infra, sub rubric.: Von Confirmation der Kinder etc. [sie-
he unten, S. 251].
NB: Das gar einfältige Volck, sonderlich diejenige alte
Leuthe uff den Dörffern, so nit wol weiter zu bringen,
können bey den blossen Hauptstücken Christlicher Lehr
ohn die Außlegung D. Lutheri seligen unnd bey den
kürtzern gemeinen Fragstücken, so bißhero in den Nas-
saw Sarprückischen Kirchen gebreuchlich gewesen, ge-
lassen werden, ne confundantur, Worinnen die Pfarr-
herrn und Kirchendiener gleichfals wie sonsten in ihrem
gantzen ministerio sich guter Theologischer discretion zu
gebrauchen haben.

den bösen Feind auff den Acker Gottes gesäet wirdt
und zugleich mit dem guten Weitzen auffge-
het103) unnd underweilen offentliche, grobe Sünde
und Laster begangen werden, welche Gott nach sei-
ner Gerechtigkeit mit offentlichen Straffen heimzu-
suchen pflegt, unnd also seine Kirchen unnd Ge-
meine nicht allein von wegen wolverdienter Straff,
sondern auch damit unsern Glauben zu beweh-
ren104 und sonsten vieler anderer mehr ursachen hal-
ben dem Creutz mancherley jammer unnd |M1v|
trübsalen underwirfft, Als wil die noth erfordern,
das wir nach der vermanung unsers Herrn Jesu
Gebet umb Erhaltung reiner Lehre, zu Ende der
Catechismus Lehr zu sprechen
Herr Gott, Himmlischer Vatter, wir dancken dir, das du
uns das selige Liecht deines Worts so gnädiglich ange-
zündet und bißhero hast lassen leuchten [vgl. 2Kor 4,4],
und bitten dich, du wollest ja zu dieser Zeit ob solchem
Liecht gnädiglich halten und dem Sathan unnd der argen
Welt nicht gestatten, daß sie es außloschen. Laß dich
unser erbarmen, lieber Vatter, giebe deiner Kirchen Frie-
de und wehre allen Feinden deines Worts, die jetzund
uns beträngen, auff daß wir und diejenigen, so täglich
hernachwachsen, solch gnädiges Liecht auch haben unnd
dich mit unserm Gebet frühe unnd Abends loben, anruf-
fen unnd bekennen, der du unser einiger Gott und ewiger
Trost bist mit deinem Sohne, unserm Herrn Jesu Chri-
sto, unnd dem Heyligen Geiste, Amen.
v Fehlt Agende 1618.
w In Agende 1618 sind die Kapitel vom Katechismus und
von den Bettagen vertauscht, hier folgt 1618 das Kapitel
vom Katechismus.

100 Sehr.
101 Vgl. Röm 7,19.
102 1Petr 5,8.
103 Mt 13,24-30.
104 Bewähren, erproben, Grimm, DWb 1, Sp. 1763f.

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