Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Nassau-Weilburg

Johannes2W | m1v | Der Herr sagt zu seinen Jüngern:
Wie mich mein Himmelischer Vatter gesendet hat,
also sende ich euch auch. Und als er solches gesagt
hatte, bließ er sie an und sprach: Nemmet hin den
heyligen Geist. Welchen ir die Sünde erlasset, denen
zsollen sie erlassen seynz, und welchen ir die behal-
tet, denen asollen sie behalten seyna.
3. Es mag auch der Superintendens folgende
Epistel nach gelegenheit der zeit und Kirchen258 und
umb mehrer und besserer erinnerung willen fürlesen:
Also schreibet Sanct Paulus in der ersten Epistel
an Timotheum am dritten Capitel [1-7]: Das ist je
gewißlich war: So jemand ein Bischoffampt begeret,
der begeret ein köstlich Werck. Es sol aber ein Bi-
schoff unsträfflich seyn, eines Weibes Mann, nüch-
tern, messig, sittig, gastfrey, lehrhafftig, nicht ein
Weinseuffer, nicht beissigb, nicht unehrliche hand-
thierung treiben, sondern gelinde, nicht haderhaff-
tig, nicht geitzig, der |m2r| seinem eigenen Hause
wol fürstehe, der gehorsame Kinder habe mit aller
erbarkeit. So aber jemand seinem eigenen Hause
nicht weiß fürzustehen, wie wirdt er die Gemeine
Gottes versorgen? Nicht ein Newling, auff daß er
sich nicht auffblase und dem Lesterer ins Urtheil
falle. Er muß aber auch ein gut zeugnuß haben von
denen, die draussen seind, auff daß er nicht falle
dem Lästerer in die schmach und stricke.
Also ermahnet S. Paulus die Eltesten der Ge-
meine zu Epheso259:
So habt nun acht auff euch selbest unnd auff die
gantze Herde, unter welche euch der heylige Geist
gesetzet hat zu Bischoffen, zu weiden die Gemeine
Gottes, welche er durch sein eigen Blut erworben
hat. Dann das weiß ich, daß nach meinem abscheidt
werden unter euch kommen greuliche Wölffe, die
der Herde nicht schonen werden. Auch auß euch
selbst werden auffstehen Menner, die da | m2v | ver-
kerete Lehr reden, die Jünger an sich zu ziehen.

z-z Agende 1618: seynd sie erlassen.
a-a Agende 1618: seynt sie behalten.
b Agende 1618: pochen.
c-c Agende 1618: Herr Gott, dich loben wir etc.
257 Joh 20,21-23.

Darumb seydt wacker unnd dencket daran, daß ich
nicht abgelassen habe drey Jar, tag und nacht, einen
jegklichen mit trenen zu ermahnen.
Hierauff lasset uns hertzlich bitten unnd spre-
chet mit mir:
Barmhertziger Gott, Himmlischer Vatter, du
hast durch den mund deines Sohns, unsers Herren
Jhesu Christi, zu uns gesagt: Die Erndte ist groß,
aber wenig seind der Arbeiter. Bittet den Herrn der
Erndte, daß er Arbeiter in seine Erndte sende260.
Auff solchen deinen Göttlichen Befelch bitten wir
von hertzen, du wöllest diesem deinem Diener
sampt uns unnd allen, die zu deinem Wort beruffen
seind, deinen heyligen Geist reichlich geben, daß wir
mit grossem hauffen deine ware diener, erkenner
und bekenner seyn, treuw unnd fest bleiben wider
den Teuffel, Welt und Fleisch, damit dein Name ge-
hei-I m3r | liget, dein Reich gemehret, dein Wil voll-
bracht werde. Wöllest auch dem leydigen greuwel
deß Bapsts und Mahomets sampt andern Rotten, so
deinen Namen lestern, dein Reich zerstören, deinem
willen widerstreben, endtlich steuren und ein ende
machen. Solch unser Gebet (dieweil du uns geheis-
sen, gelehret und vertröstet hast) wöllestu gnedigk-
lich erhören, wie wir gläuben unnd trauwen durch
deinen lieben Sohn, unsern Herren Jhesum Chri-
stum, der mit dir unnd dem heyligen Geist lebt
unnd herrschet in ewigkeit, Amen.
4. Zuletzt sol der Superintendens dem neuwen
Pfarrhern die Gemeine unnd hinwiderumb der Ge-
meine den Pfarherrn befehlen mit obgesetzten wor-
ten: Nu befehle ich euch, lieben Brüder in Christo,
etc.261
Zum beschluß sol das cTe Deum laudamusc262 oder
ein ander Christlicher Lobgesang gesungen wer-
den. I m3v I

258 Gemeinde.
259 Apg 20,28-31.
260 Mt 9,37-38.
261 Siehe oben, S. 294.
262 Siehe oben, Anm. 254.

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