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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0373
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36. Erläuterungspunkte zur Kirchenordnung 1617

nicht allein in den enchiridiis et locis communibus
gelesen und in der schrifft ziemlich leuffig undr er-
fahren sein.
2. Demnach auch guet und rathsams befunden
wirdt, das man jungen studenten, so von den hohen
schuelen zue diensten befordert werden sollen, nicht
allwegen alsbalt namhaffte kirchen und gemeinden
anvertrawet und ihnen pastoralem curam uf den
halß lade, ehe sie inn geringern, als schuel- undt dia-
conatsdiensten, probirt, so sollen hienfuro unsere su-
perattendenten und inspectorn auch dahien bedacht
sein, das hierin guet ordnung und discretion pro
qualitate personarum werde gehalten, et ne per sal-
tum, quod dicitur, sed per gradus tales promovean-
tur40, es were dann sach, das dergleichen junget per-
sohnen zue hand kehmen, denen ihrer geschicklig-
keit und erbarn, feinen wandels, auch sonderer gue-
ter qualiteten halber eine vacirende kirch sicherlich
anzuebevelen were, doch solte in alleweg das ex-
amen und exploration solchen jungen studenten, die
ihre operam der kirchen anbieten und ihre dienste
praesentiren, vorgehen, auch kann man nach befind-
nus ihnen die cantzel eröffnen und ihr donum docen-
di vernehmen.
3. So sehen wir vor eine notturfft an, das nie-
mandt zum h. predigampt werde zuegelasen, er habe
dann von seinen praeceptoribus, da er in h. schrifft
studirt, ein schrifftlich zeugnus ufzuzeigen, | 11v | da-
mit man desto gründlicher wißenschafft haben möge
vonu solcher leuth studiis, leben und wandel, wie sie
solches in academiis geführet und herbrachtv.
Von kirchencensur und sendtruge
Wir seind berichtet worden, das an etlichen orthen
herrn, diener und deren gesinde, item die in gefrey-

r Fehlt B.
s B: recht sein.
t Fehlt B.
u B: und.
v B: verbracht.
w Fehlt B.
x Fehlt B.
40 Siehe oben, S. 21 lf.

eten41 heusern sitzen, wie auch der ausschuß, sich
der censurordnung42 und sendrugen understehen ei-
genen gefallens zu entschütten43 undt befreyen, wie
auch in anstellung verbottener täntze, sodann mitt
bradtenheischen und eyerufheben44 eigenwillig zu
erweisen und fur andern leuthen ein besonders zue
haben. Solche ungleicheit in übung der kirchendis-
ciplin seindt wir aber nit zue gestatten gemeint bei
ernster, ohnnachleßiger straff, so dergleichen ver-
brecher so wol als andere sich zu versehen undt zu
gewartten haben sollen.
Von der kirchendiener underhalt
So vernehmen wir, das etlicher kirchendiener under-
halt mehrentheils bestehe uf erbawung45 der pfarr
und ihrer güeter, und das sie des ackers und veldt-
bawes sich fast mehr als der bücher müßen anneh-
men, weil sie keine oder wenige stendige undt ledige
intraden unndt | 12r | gefell ahn gelt unnd früchten
einzuenehmen und zue genießen haben. Wie nun
dem nach möglichen dingen zue remediiren sein mö-
ge, soll ferner nachgedacht werden, darmit mann
nicht ahn statt gelehrter kirchendiener fratres igno-
rantiae haben möege.
Von abschaffung aberglaubischer unnd
zum theil überflüßiger sachen
1. Ahn etlichen ohrten ist etwa hiebevorw abgötterey
gespüret worden bey den todtengräbern, item das
die einfeltige eltern fur die ungetauffte kinder ab-
sonderliche ruhestette ufm kirchhoff erwehlet, dar-
fur sollen unsere pfarrer unnd kirchendiener die leu-
te warnen unnd sie eines beßern underrichten, unnd
wollen wir es hiemit ernstlichx abgeschaffet haben.

41 Privilegierten, abgabenbefreiten, Grimm, DWb 5,
Sp.2155.
42 Der erste Teil der Kirchenordnung von 1576 in der Fas-
sung von 1609, siehe oben, S. 208-225.
43 Entziehen, Grimm, DWb 3, Sp. 614.
44 Von Haus zu Haus gehen und Eier erbitten, siehe oben,
S. 128 Anm. 70.
45 Bewirtschaftung, Grimm, DWb 3, Sp. 705.

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