Einleitung
Die Beerdigung der Toden anbelangend, so wurden um dieselbe Zeit die Leichenbegängnisse also verrichtet:
Wenn der Tode beerdiget werden sollte, so wurde ein Zeichen mit einer Glocke gegeben, da sich dann ein Prediger,
wie auch der Schulmeister mit seinen Schülern und noch andere Leute bey dem Sterbhaus versammleten und den
verblichenen Körper mit Gesang hinaus auf den Todenhof begleiteten. So bald der Sarg in das Grab gesenket war
und noch vor dem Zuscharren des Grabes wurde von dem Prediger eine kurze Rede angefangen, ein Stück aus der
1ten Epistel Pauli an die Tessalonicher aus dem kten Capitel vom 13ten Vers an mit den Worten ’Wir wollen
euch aber lieben Brüder nicht verhalten von denen, die da schlafen etc.’ bis an das Ende abgelesen, die Rede
hierauf fortgesetzet und solche mit dem Gebät des Herrn geendiget, das Grab zugescharret und der Beschluß der
Beerdigung mit einem Gesang gemacht.
Was die Festtage angehet, so wurden um dieselbe Zeit zwar die drey hohen Feste, nehmlich die Weyhnachten,
Ostern und Pfingsten mit drey Tagen gefeyert, der sogenannten Apostel- und Marientägen aber geschiehet keine
Erwehnung, ohngeachtet die Gesänge, welche bey den beständigen öffentlichen Gottesdiensten an den hohen Festen
wie auch an Sonn- und Bättagen, desgleichen in denen Wochenpredigten und Danksagungen das ganze Jahr
durch üblich gewesen, genau aufgezeichnet sind. Es ist daher um so mehr zu vermuthen, daß die Apostel- und
Marientäge bey dieser Kirche frühzeitig abgeschafft und damals nicht mehr gefeyert worden seyen, als solche, wie
unten gezeiget werden wird, in neueren Zeiten erst wieder angeordnet worden sind.
Uebrigens muß hieher noch der grüne Donnerstag gerechnet werden, an welchem die Communion gehalten und
nach der damaligen Allmosenordnung30 sowohl von der Landesherrschaft als auch von dem Stadtrath eine gewis-
sen Quantität Brods und Weins in die Kirche geliefert und solche nach gehaltenem Gottesdienst unter die Haus-
armen ausgetheilet wurde.
Nach Neunhellers Tod 1552 wurde der bis dahin im sächsischen Leisnig in Diensten stehende Pfarrer
Nikolaus Krug sein Nachfolger als Prediger in Hanau. Krug brachte die von Philipp Melanchthon appro-
bierte und ergänzte mecklenburgische Kirchenordnung von 1552 mit nach Hanau-Münzenberg und ver-
suchte, sie hier einzuführen, stieß jedoch auf Widerstand unter den Pfarrern.31 Zehn Jahre später veran-
lasste die Vormundschaftsregierung am 16. Juli 1562 eine Schul- und Kirchenvisitation, die von den beiden
Superintendenten Johann Laubner und Bernhard Bernhardi32 durchgeführt wurde. Das Visitationsproto-
koll33 belegt, dass zahlreiche Pfarrer die mecklenburgische Kirchenordnung inzwischen benutzten, dies war
in Rüdigheim, Niederissigheim, Rodenbach, Roßdorf, Bischofsheim, Vilbel und Wachenbuchen der Fall.
Daneben waren andere Gottesdienstordnungen in Gebrauch: Der Pfarrer in Nidda verwendete die
hanauische Kirchenordnung - wohl Neunhellers Agende -, der Pfarrer von Praunheim hielt sich an die
Ordnung der Babenhausener Kirche,34 der Pfarrer von Fechenheim hatte die Mentzische Agende im
30 Hierbei könnte es sich um die Almosenordnung von 1546
handeln (HStaatsA Marburg Best. 83, Rep. I, Nr. 1416),
vgl. unten, Einleitung zu Nr. 11.
31 Brammerell, Kirchenreformation, S. 39f.; Gbior-
czyk, Entwicklung, S. 59-63; Heppe, Kirchenge-
schichte 2, S. 229f.; Scheer, Einführung, S. 19; Kurz,
Zeit der Reformation, S. 35.
32 Zu Bernhard Bernhardi siehe oben, S. 30 Anm. 89. Vgl.
auch das Schreiben Graf Johanns III. von Nassau-Saar-
brücken vom 11. Juli 1562, in dem dieser die Entsendung
Bernhardis ankündigte, HStaatsA Marburg Best. 83,
Nr. 356.
33 HStaatsA Marburg Best. 83, Nr. 376. Die Visitations-
fragen sowie Auszüge aus den Protokollen bei Bernges,
Sittliche Zustände, S. 1f.; Heiler, Aus dem Visitations-
protokoll, S. 44-48; ders., Das Protokoll, S. 5-15. Vgl.
ders., Pfarrerpersonalien, S. 150-167; Gbiorczyk, Ent-
wicklung, S. 63f., 155f.; Brammerell, Kirchenrefor-
mation, S. 48-50; Henss, Zur Geschichte, S. 59ff.;
Aschkewitz, Durchsetzung, S. 84f.; ders., Verhält-
nisse, S. 10, 13; Kurz, Zeit der Reformation, S. 35;
Wolf, Regierung (1936), S. 83; Menk, Philipp Lud-
wig I., S. 136.
34 Babenhausen gehörte zu Hanau-Lichtenberg. Zu den
Kirchenordnungen dieser Grafschaft siehe Sehling,
EKO XX/2.
375
Die Beerdigung der Toden anbelangend, so wurden um dieselbe Zeit die Leichenbegängnisse also verrichtet:
Wenn der Tode beerdiget werden sollte, so wurde ein Zeichen mit einer Glocke gegeben, da sich dann ein Prediger,
wie auch der Schulmeister mit seinen Schülern und noch andere Leute bey dem Sterbhaus versammleten und den
verblichenen Körper mit Gesang hinaus auf den Todenhof begleiteten. So bald der Sarg in das Grab gesenket war
und noch vor dem Zuscharren des Grabes wurde von dem Prediger eine kurze Rede angefangen, ein Stück aus der
1ten Epistel Pauli an die Tessalonicher aus dem kten Capitel vom 13ten Vers an mit den Worten ’Wir wollen
euch aber lieben Brüder nicht verhalten von denen, die da schlafen etc.’ bis an das Ende abgelesen, die Rede
hierauf fortgesetzet und solche mit dem Gebät des Herrn geendiget, das Grab zugescharret und der Beschluß der
Beerdigung mit einem Gesang gemacht.
Was die Festtage angehet, so wurden um dieselbe Zeit zwar die drey hohen Feste, nehmlich die Weyhnachten,
Ostern und Pfingsten mit drey Tagen gefeyert, der sogenannten Apostel- und Marientägen aber geschiehet keine
Erwehnung, ohngeachtet die Gesänge, welche bey den beständigen öffentlichen Gottesdiensten an den hohen Festen
wie auch an Sonn- und Bättagen, desgleichen in denen Wochenpredigten und Danksagungen das ganze Jahr
durch üblich gewesen, genau aufgezeichnet sind. Es ist daher um so mehr zu vermuthen, daß die Apostel- und
Marientäge bey dieser Kirche frühzeitig abgeschafft und damals nicht mehr gefeyert worden seyen, als solche, wie
unten gezeiget werden wird, in neueren Zeiten erst wieder angeordnet worden sind.
Uebrigens muß hieher noch der grüne Donnerstag gerechnet werden, an welchem die Communion gehalten und
nach der damaligen Allmosenordnung30 sowohl von der Landesherrschaft als auch von dem Stadtrath eine gewis-
sen Quantität Brods und Weins in die Kirche geliefert und solche nach gehaltenem Gottesdienst unter die Haus-
armen ausgetheilet wurde.
Nach Neunhellers Tod 1552 wurde der bis dahin im sächsischen Leisnig in Diensten stehende Pfarrer
Nikolaus Krug sein Nachfolger als Prediger in Hanau. Krug brachte die von Philipp Melanchthon appro-
bierte und ergänzte mecklenburgische Kirchenordnung von 1552 mit nach Hanau-Münzenberg und ver-
suchte, sie hier einzuführen, stieß jedoch auf Widerstand unter den Pfarrern.31 Zehn Jahre später veran-
lasste die Vormundschaftsregierung am 16. Juli 1562 eine Schul- und Kirchenvisitation, die von den beiden
Superintendenten Johann Laubner und Bernhard Bernhardi32 durchgeführt wurde. Das Visitationsproto-
koll33 belegt, dass zahlreiche Pfarrer die mecklenburgische Kirchenordnung inzwischen benutzten, dies war
in Rüdigheim, Niederissigheim, Rodenbach, Roßdorf, Bischofsheim, Vilbel und Wachenbuchen der Fall.
Daneben waren andere Gottesdienstordnungen in Gebrauch: Der Pfarrer in Nidda verwendete die
hanauische Kirchenordnung - wohl Neunhellers Agende -, der Pfarrer von Praunheim hielt sich an die
Ordnung der Babenhausener Kirche,34 der Pfarrer von Fechenheim hatte die Mentzische Agende im
30 Hierbei könnte es sich um die Almosenordnung von 1546
handeln (HStaatsA Marburg Best. 83, Rep. I, Nr. 1416),
vgl. unten, Einleitung zu Nr. 11.
31 Brammerell, Kirchenreformation, S. 39f.; Gbior-
czyk, Entwicklung, S. 59-63; Heppe, Kirchenge-
schichte 2, S. 229f.; Scheer, Einführung, S. 19; Kurz,
Zeit der Reformation, S. 35.
32 Zu Bernhard Bernhardi siehe oben, S. 30 Anm. 89. Vgl.
auch das Schreiben Graf Johanns III. von Nassau-Saar-
brücken vom 11. Juli 1562, in dem dieser die Entsendung
Bernhardis ankündigte, HStaatsA Marburg Best. 83,
Nr. 356.
33 HStaatsA Marburg Best. 83, Nr. 376. Die Visitations-
fragen sowie Auszüge aus den Protokollen bei Bernges,
Sittliche Zustände, S. 1f.; Heiler, Aus dem Visitations-
protokoll, S. 44-48; ders., Das Protokoll, S. 5-15. Vgl.
ders., Pfarrerpersonalien, S. 150-167; Gbiorczyk, Ent-
wicklung, S. 63f., 155f.; Brammerell, Kirchenrefor-
mation, S. 48-50; Henss, Zur Geschichte, S. 59ff.;
Aschkewitz, Durchsetzung, S. 84f.; ders., Verhält-
nisse, S. 10, 13; Kurz, Zeit der Reformation, S. 35;
Wolf, Regierung (1936), S. 83; Menk, Philipp Lud-
wig I., S. 136.
34 Babenhausen gehörte zu Hanau-Lichtenberg. Zu den
Kirchenordnungen dieser Grafschaft siehe Sehling,
EKO XX/2.
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