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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0436
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Hanau-Münzenberg

ordnung nahmhafftig gemacht ist, auch, wo sie sich
gleichwol ungehorsamlich und hallstarrig erzeigen
wurden, herter und nach beschaffung der verpre-
chung und gelegenheit der perßonen mit dem ge-
fengnuß gestrafft werdenb.
2. Damit aber unßere underthanen umb so viel de-
sto lieber und williger bei der predigt gottliches
worts sich mögen finden lassen, |216v| so befehlen
wir euch hiemit in gnaden unßeren pfarherrn und
kirchendienern, daß sie beideß, ihre lehr und leben,
mugliches fleißes nach Gottes wort reguliren und
anstellen, sich in ihren predigten der christlichen
einfalt, guter, erbäwlicher ordnung, nutzlicher lehr
und unterweisung und, so viel muglich, der kurtz
sich befleißigen und daß mit reiner, gesunder lehr
beide, jung und alt, nicht allein sommers, sondern
auch winterzeit mit hulff, wo eß von nohten, der
schueldiener treulich und fleisig versehen wer-
denc.
d3. Wann dann auch die tägliche erfahrung gnugsam
außweiset, daß die eltern ihre kinder, eherrn und fra-
wen ihr gesindt und dienstbotten6 in unwissenheit

b 1602: werden. Weill auch dieser böser brauch bei vielen
ist eingerißen, daß sie entweder mitten under der predigt
unverschembter weiße aus der kirchen hinaus lauffen
oder doch kaum des ends können abwarten, so soll hin-
furter auf solche leute acht genommen werden, und wel-
ches hinauslauft, ehe die predigt, gebet und seegen ver-
richtet ist (es seien dan schwangere weiber oder sonst
krancke personen), der soll darüber der darauf gesetzten
straff gewertig sein.
Bey diesem artickel wollen wir auch, daß an sonn- und
feiertagen keine zech under der predigt an keinem ort
gehalten werden (es weren dan frembde oder wanders-
leute) bei zue end ernanter straff ein orts [=ein Viertel]
gulden. Und soll dem wirth, der solche zechereien helt
oder gestattet, doppell so viel abgenommen werden.
c In 1602 folgt hier: Art. 2 Vom gebrauch des heyligen
nachtmals. Siehe unten, S. 419 Anm. 1.
d 1602: Art. 3: Von der kinderzucht und lehr.
e-e Fehlt 1602.
f 1602: meinung, daß hinfuro die eltern ihren kindern so
wohl als vormunder ihren pupillen und pflegkindern in
gottesfurcht und erbarlichen wandel furstehen, dieselbe
in der zucht und vermanung zum herren auferziehen, sie

und gottlosigkeit zu mercklichem ihrem selbst un-
heil und abbruch deß reichß Christi aufwachsen und
dahien gehen lassen und sie unfleisig zur kinder-
lehr10 schicken, so ist ferner diß unßer ernster be-
velch und meinungf, daß alle und jede kinder, so der
lehr und unterweisung fähig sindt, von jedes orts
predigern aufgezeichnet werden, welche zu der zeit,
wen kinderlehr ge-| 217r | halten wirdtg, entweder in
den stätten bey straff nach ermessigung11 deß be-
harlichen aussenpleibens von sich selbst khomen
und sich einstellen oder durch eine gewisse person in
den flecken und dorffen dem pfarherr dargestelt
werdenh.
Die jungen und knaben sollen auchi unter dem
examine oder abhorung der kinder auf den borkir-
chen12 nicht geduldet, sondern unten in der kirchen
an einem besondern orth gleich den meidlin auß den
funff hauptstücken13 unßerer christlichen religion
gefragt werden. Welche eltern jund herrn dießej
ordnung und ernsten bevelch zue wieder leben, wie
dann die verachtung und unfleiß hierinnen sehr groß
und ohne gnugsame ursach die jugent und kinder
daheim behalten, die sollen zur gesetzten straff un-
nachlaßig gezogen werden.

fleißig zum gebet, zur schuelen unnd, da sie des alters
und verstands, entweder zur schuelen oder sonst ehrli-
cher arbeit und handthierung halten und anweisen mit
der verwarnung, da eltern und vormunder sich anderst
hierin erzaigen würden als ihnen gebüret, daß sie des-
halben von uns angesehen und nach befindung gestrafft
werden sollen. Und damit solches desto beßer in acht
möge genommen weren, so wollen wir ferner.
g 1602: wirdt, und sonsten auf den gaßen allerlei spiel,
muthwillen und geschrei treiben.
h 1602: werden sollen.
i 1602: ihren eltern, wie auch die pflegkinder ihren vor-
stehern, gehorsamlich folgen, sich keinerlei weiß ihnen
widersetzen, viel weniger mit unnützen worten fluchen,
hand anlegen bei vermeidung unser ernsten straff sich an
ihnen vergreiffen, so wollen sie auch als kinder Christi.
j-j 1602: dießer unser.

10 Katechismusunterricht.
11 Ermessen.
12 Emporen.
13 Zu der in Hanau-Münzenberg gebräuchlichen Katechis-
mus-Ausgabe siehe oben, S. 385f.

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