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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0458
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Hanau-Münzenberg

schlagen7, undt | alsdan nicht zweiffeln, das Gott
ihre regierung segnen unnd ihnen die mühe unnd ar-
beit, so sie darbey müßen anwenden, desto leichter
werde ankommen.
Den obwohl Gott der herr nach seinem göttli-
chen, heyligen unnd allein gutem willen von ewig-
keit her und ehe noch der welt grundt ist gelegt wor-
den, alle ding, wie sie ergehen sollen, verordnet und
beschloßen hatt, auch alles alßo schicket, richtet
unnd regieret, das es zu seinen ehren unnd seiner
gläubigen unnd außerwehlten heyl unnd wohlfahrt,
es laße sich auch für der vernunfft ansehen, wie es
wölle, dienen unnd gereichen muß, unnd sich alßo
niemandts mit der cura eventus oder der sorg des
ausgangs zu bekümmern oder zue beladen7 8, so will
er doch nicht, das wir darbey müßig gehen unnd,
wie man zue sagen pflegt, die hende inn schoß le-
gen9 oder nach unserm willen, willkühr oder gut-
düncken und alßo nach unsern lusten unnd wolge-
fallen handlen, schalten oder walten, sondern hat
alle menschen inn die drey stände, alß anfenglichs,
unnd da der menschen noch wenig wahren unnd
alßo die kirche allein in den heusern ist erhalten
unnd fortgepflanzet worden, in den nehr- oder haus-
standt, hernach aber, unnd wie das menschlich ge-
schlecht sich vermehrett unnd dadurch die kirche
Gottes uff der erden hat zugenommen, in den lehr-
oder geistlichen standt gesetzt, unnd damit sie auch
zuelezt in dieser welt nottürfftigen schuz unnd
schirmb hette, den wehr- oder obrigkeitstandt ange-
ordnett10, unnd will und erfordert | von einem jeden
in denselben dreyen stenden, das sie darinnen treu-
lich, vleißig, fürsichtig unnd ohne unterlaß inn lieb
unnd leydt arbeiten, doch der gestalt, das wir unser
sorge allein uff ihne werffen11, in wiederwertigkeit
unnd noth zue ihme ruffen und schreyen unnd all
unser thuen unnd laßen nach seinem inn Gottes
wortt offenbartem, allein heyligem unndt gutem
willen, wie auch in seinen geschöpffen, creaturen
unnd natur unns vorgestelter ordnung unnd eines
7 Anlegen.
8 Vgl. Mt 6,25-34; Lk 12,22-31; Phil 4,6.
9 Röhrich, Lexikon 1, S. 381.
10 Zur Dreiständelehre siehe Honecker, Dreiständelehre,
in: RGG 2 (1999), Sp. 987; Mitsch, Stand, Ständeleh-
re, in: LMA 8 (1997), Sp. 44-49.

jeden in vorgedachten dreyen stenden ufferlegten
ambts, beruffs, vermögens, teglichen zuestandts
unndt fürfallenden sachen, auch behörlicher12 mit-
tell gelegenheit zue richten unnd anzustellen unns
befleißigen unnd unsern raht, huelf, trost unnd was
wir in diesem zeitlichen leben bedürfen, nirgents an-
derswo dan bey ihme allein söllen suchen und pitten.
Unnd wan demnach Gottes unwandelbahrer will
unndt ordnung ist, das, wie auch vorgemelt, alle
unnd jede dinge in dieser welt allein zue seines hey-
ligen und großen nahmens ehre wie auch zue befür-
derung seiner kirchen, zeitlicher und ewiger wohl-
fahrt sollen angewendet werden, unnd was dahin
nicht fürnemlich unnd zuvorderst gerichtet wirdt,
sein rechtes ziell unnd endlichen zweck nicht er-
reicht unnd derwegen für dem höchsten unnd ober-
sten herrn ein grewell ist, als gebühret daher umbso
viel damehr allen menschen, zuvorderst aber der
weltlichen obrigkeit unnd | allen regenten (inn be-
trachtung, sie uff dieser welt Gottes stadthalter
sein, daher dan auch inn der heyligen schriefft mit
diesen herlichen nahmen geehret unnd gewürdiget
sein, das sie Götter, das ist, so Gottes sachen nach
seinem gesetz unnd befehlich trewlich vertretten
unnd verrichten sollen, genant werden13), das sie inn
solchem ihrem gottlichen beruff uf solch fürgesetz-
tes ziehl sehen, nach demselben mit vleiß unndt
ernst trachten unnd zielen unnd sich daran nichts,
was darzue dienlich sein mag, verhindern laßenn.
Soll aber nuhn daßelb nützlich unnd fruchtbarlich
geschehen unnd ins werck gerichtet werden, müßen
sie in ihrer regierung vor allen dingen dahin sehen,
das sie in ihren landen unnd gebiethen zuvorderst
kirchen und schulen wohl bestellen unnd anrichten
unnd darin sowohl die underthanen als auch die ju-
gendt aus Gottes wortt von ihrem heyl unnd seelig-
keit recht unterrichten unnd instituiren laßen, dar-
nach den underthanen in allen ihren anliegenden sa-
chen billiche unnd rechtmeßige justitien adminis-
11 1Petr 5,7.
12 Gehörender.
13 Vgl. Röm 13,1-7; Tit 3,1; lPetr 2,13-17.

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