Ysenburg
Wolfgang30 war gemeinsam mit Wilhelm, dem ältesten Sohn Wilhelms I. von Nassau-Dillenburg und
späteren Prinzen von Oranien, zunächst am Dillenburger Hof erzogen worden. 1544 gingen die beiden an
den Nassauer Hof im niederländischen Breda und 1549 zur weiteren Ausbildung an den spanisch-habsbur-
gischen Hof nach Brüssel.36 Durch seine Erziehung an Nassauer Höfen hatte Wolfgang nicht nur ein aus-
geprägtes „Prestigebedürfnis und eine exzessive Baulust“3' entwickelt, sondern auch Calvins Lehre ken-
nengelernt, zu der er sich jedoch erst 1584/85 bekannte.38 In dieser Zeit begann er, das Kirchenwesen seines
Landesteils nach reformiertem Verständnis umzugestalten. Unterstützung erhielt er von Johann Casimir,
dem Administrator der Kurpfalz, mit dem ihn eine längere Bekanntschaft verband und der ihm den Pfälzer
Pfarrer Adam Hertzog39 zur Seite stellte. Gemeinsam mit Hertzog ging Graf Wolfgang daran, die lutheri-
schen Pfarrer in seinem Kelsterbacher Landesteil durch reformierte zu ersetzen.40 Zudem ließ er durch seine
Berater Martin Bentzen und Wolfdietrich von Mörlau gen. Behem ein Bekenntnis41 ausarbeiten, in dem er
sich gegen die noch vorhandenen Relikte des Katholizismus sowie des Luthertums aussprach. Diese
Bekenntnisschrift wurde von 17 Pfarrern und Schulmeistern des Landes unterzeichnet, die sich damit zur
reformierten Lehre bekannten.
Der umfassende personelle Austausch auf den Pfarrstellen und Prädikaturen rief den Widerstand der
abgesetzten Lutheraner hervor; insbesondere die beiden Pfarrer Christoph Comentius und Johannes Ten-
delius in Büdingen führten einen ausgedehnten Schriftwechsel mit den Grafen, wobei sie sich bei dem
lutherischen Heinrich Unterstützung gegen dessen reformierten Bruder Wolfgang erhofften.42 Diese Kam-
pagne veranlasste Graf Wolfgang 1594, seinem Bruder eine ausführliche Erklärung43 seiner Hinwendung
zum reformierten Glauben zu senden.
Trotz dieses Disputs in Büdingen scheint es in den übrigen Pfarreien des Kelsterbacher Landesteils
keinen größeren Widerstand gegen die Einführung des reformierten Bekenntnisses gegeben zu haben, Wolf-
gang bemühte sich offenbar, die überkommenen lutherischen Regelungen aus der Regierungszeit seines
Vaters, Graf Antons, in das System seiner reformierten Kirchenleitung zu integrieren.44 Von den Kirchen-
ordnungen, die Graf Wolfgang erlassen hatte, sind lediglich drei Texte erhalten, ein Fastnachtsmandat von
1590 (Nr. 6), eine Kirchenzuchtordnung von 1591 (Nr. 7) sowie ein Memorial zu dieser Ordnung von 1592
(Nr. 8).
Nachdem Wolfgang 1597 erbenlos gestorben war, fiel sein Landesteil an seinen Bruder Heinrich, der hier
wieder das Wittenberger Bekenntnis einführte.45 Die reformierte Konfessionsausrichtung hatte in Ronne-
burg-Kelsterbach also nur 13 Jahre lang Bestand.
35 Zu Wolfgang von Ysenburg-Ronneburg siehe Decker,
Hohe Schule, S. 58-64; Hanle, Graf Wolfgang, S. 22-26;
Calaminus, Einführung, S. 23-27; Simon, Geschichte
2, S. 264-268; Meyer, Geschichte, S. 19f.
36 Hanle, Graf Wolfgang, S. 23f.; Calaminus, Einfüh-
rung, S. 24; Decker, Hohe Schule, S. 59f., 76f.; Diehl,
Reformationsbuch, S. 537; Schmidt, Grafenverein,
S. 540.
37 Decker, Hohe Schule, S. 59.
38 Calaminus, Einführung, S. 26; Hufnagel, Verhält-
nisse, S. 83.
39 Zu Adam Hertzog siehe Cuno, Adam Hertzog,
S. 123-139, bes. 126-130; Calaminus, Einführung,
S. 26; Hufnagel, Verhältnisse, S. 83; Meyer,
Geschichte, S. 97.
40 Decker, Hohe Schule, S. 58f.; Hanle, Graf Wolfgang,
S. 25; Calaminus, Einführung, S. 25; Schmidt,
Zweite Reformation in den Reichsgrafschaften, S. 126;
Goeters, Genesis, S. 46.
41 Nach Hanle, Graf Wolfgang, S. 25 Anm. 78 befindet
sich dieses Bekenntnis im Fürst von Isenburgischen
Archiv in Birstein, Nr. 4.757.
42 Calaminus, Einführung, S. 26, 30; Hanle, Graf Wolf-
gang, S. 42; Hufnagel, Verhältnisse, S. 84; Meyer,
Geschichte, S. 97f., 100; Heppe, Kirchengeschichte 2,
S. 244.
43 FYBA Büdingen Kulturwesen Fasz. 13/68. Vgl. Cala-
minus, Einführung, S. 26; Decker, Hohe Schule, S. 77;
Hanle, Graf Wolfgang, S. 26; Meyer, Geschichte,
S. 97.
44 Hanle, Graf Wolfgang, S. 26.
45 Ebd., S. 49-51.
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Wolfgang30 war gemeinsam mit Wilhelm, dem ältesten Sohn Wilhelms I. von Nassau-Dillenburg und
späteren Prinzen von Oranien, zunächst am Dillenburger Hof erzogen worden. 1544 gingen die beiden an
den Nassauer Hof im niederländischen Breda und 1549 zur weiteren Ausbildung an den spanisch-habsbur-
gischen Hof nach Brüssel.36 Durch seine Erziehung an Nassauer Höfen hatte Wolfgang nicht nur ein aus-
geprägtes „Prestigebedürfnis und eine exzessive Baulust“3' entwickelt, sondern auch Calvins Lehre ken-
nengelernt, zu der er sich jedoch erst 1584/85 bekannte.38 In dieser Zeit begann er, das Kirchenwesen seines
Landesteils nach reformiertem Verständnis umzugestalten. Unterstützung erhielt er von Johann Casimir,
dem Administrator der Kurpfalz, mit dem ihn eine längere Bekanntschaft verband und der ihm den Pfälzer
Pfarrer Adam Hertzog39 zur Seite stellte. Gemeinsam mit Hertzog ging Graf Wolfgang daran, die lutheri-
schen Pfarrer in seinem Kelsterbacher Landesteil durch reformierte zu ersetzen.40 Zudem ließ er durch seine
Berater Martin Bentzen und Wolfdietrich von Mörlau gen. Behem ein Bekenntnis41 ausarbeiten, in dem er
sich gegen die noch vorhandenen Relikte des Katholizismus sowie des Luthertums aussprach. Diese
Bekenntnisschrift wurde von 17 Pfarrern und Schulmeistern des Landes unterzeichnet, die sich damit zur
reformierten Lehre bekannten.
Der umfassende personelle Austausch auf den Pfarrstellen und Prädikaturen rief den Widerstand der
abgesetzten Lutheraner hervor; insbesondere die beiden Pfarrer Christoph Comentius und Johannes Ten-
delius in Büdingen führten einen ausgedehnten Schriftwechsel mit den Grafen, wobei sie sich bei dem
lutherischen Heinrich Unterstützung gegen dessen reformierten Bruder Wolfgang erhofften.42 Diese Kam-
pagne veranlasste Graf Wolfgang 1594, seinem Bruder eine ausführliche Erklärung43 seiner Hinwendung
zum reformierten Glauben zu senden.
Trotz dieses Disputs in Büdingen scheint es in den übrigen Pfarreien des Kelsterbacher Landesteils
keinen größeren Widerstand gegen die Einführung des reformierten Bekenntnisses gegeben zu haben, Wolf-
gang bemühte sich offenbar, die überkommenen lutherischen Regelungen aus der Regierungszeit seines
Vaters, Graf Antons, in das System seiner reformierten Kirchenleitung zu integrieren.44 Von den Kirchen-
ordnungen, die Graf Wolfgang erlassen hatte, sind lediglich drei Texte erhalten, ein Fastnachtsmandat von
1590 (Nr. 6), eine Kirchenzuchtordnung von 1591 (Nr. 7) sowie ein Memorial zu dieser Ordnung von 1592
(Nr. 8).
Nachdem Wolfgang 1597 erbenlos gestorben war, fiel sein Landesteil an seinen Bruder Heinrich, der hier
wieder das Wittenberger Bekenntnis einführte.45 Die reformierte Konfessionsausrichtung hatte in Ronne-
burg-Kelsterbach also nur 13 Jahre lang Bestand.
35 Zu Wolfgang von Ysenburg-Ronneburg siehe Decker,
Hohe Schule, S. 58-64; Hanle, Graf Wolfgang, S. 22-26;
Calaminus, Einführung, S. 23-27; Simon, Geschichte
2, S. 264-268; Meyer, Geschichte, S. 19f.
36 Hanle, Graf Wolfgang, S. 23f.; Calaminus, Einfüh-
rung, S. 24; Decker, Hohe Schule, S. 59f., 76f.; Diehl,
Reformationsbuch, S. 537; Schmidt, Grafenverein,
S. 540.
37 Decker, Hohe Schule, S. 59.
38 Calaminus, Einführung, S. 26; Hufnagel, Verhält-
nisse, S. 83.
39 Zu Adam Hertzog siehe Cuno, Adam Hertzog,
S. 123-139, bes. 126-130; Calaminus, Einführung,
S. 26; Hufnagel, Verhältnisse, S. 83; Meyer,
Geschichte, S. 97.
40 Decker, Hohe Schule, S. 58f.; Hanle, Graf Wolfgang,
S. 25; Calaminus, Einführung, S. 25; Schmidt,
Zweite Reformation in den Reichsgrafschaften, S. 126;
Goeters, Genesis, S. 46.
41 Nach Hanle, Graf Wolfgang, S. 25 Anm. 78 befindet
sich dieses Bekenntnis im Fürst von Isenburgischen
Archiv in Birstein, Nr. 4.757.
42 Calaminus, Einführung, S. 26, 30; Hanle, Graf Wolf-
gang, S. 42; Hufnagel, Verhältnisse, S. 84; Meyer,
Geschichte, S. 97f., 100; Heppe, Kirchengeschichte 2,
S. 244.
43 FYBA Büdingen Kulturwesen Fasz. 13/68. Vgl. Cala-
minus, Einführung, S. 26; Decker, Hohe Schule, S. 77;
Hanle, Graf Wolfgang, S. 26; Meyer, Geschichte,
S. 97.
44 Hanle, Graf Wolfgang, S. 26.
45 Ebd., S. 49-51.
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