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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0629
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10. Kirchenzuchtordnung 1557

8. Die erwachsen personn sollen furnemlich uff
die sontag, feiertag und pettag in die kirchenn zum
gotteswortt, gebet, sacramentenn und anderm
khommen und erscheinen bei straff eines halben ortt
fl, sie haben dan nottwendige und recht billiche ver-
hindernuß. | Deßgleichenn sollen sie auch die kinder
zum catechismo schicken bei gleicher straff. Welcher
auch under der predigt und kirchenngang inn spill-
hauß, wirtshauß, uff dem kirchoff oder sunst, es sei,
wo es wolle, mussig und spaciren befunden wurde,
sol, so offt er ubertritt, ein turnuß17 zu straff in
gottskasten von stundt an geben. Und soll under der
predigt von schulteissen und senioribus vleissig auff-
sehung darauff beschehen.
9. Mitt den hochzeitten und kindtauff soll man
sich also halten mit gastladen und anderm, das nit
dem teuffel mehr dan Gott (mit ubriger fullerei und
unnutzem kostenn) gedienet werde. Sonderlich soll
das seuisch sauffen bei der gevatterschafft nach der
kindtauff bei peen eines halben fl dem, der sollich
anrichtett, zu geben, verbotten sein.
10. Khein tantz an keinem ortt soll außerhalb
den hochzeitten gehalten werden bei straff oben, bei
dem fluchen vermelt.
11. Die schulteißen und ambstverwalter sollen
auch zusehen, das kheinem starckenn bettler, der
nit mit leibs- | schaden und schwacheitt also bela-
denn, das er sein brott mit arbeit nit gewinnen
khan, zu betteln erlaubt oder gestatet werde.
12. Die, so mit zeuberei und segen18 umbgehen,

t-t 1583, 1584: senioren oder kirchenruger vorbringen.
u-u 1583, 1584: ubertretter mit.
v 1583: anhalten.
w-w 1583, 1584: gedachte unser amptleut, keller, schuldteis-
sen, pfarrer oder die seniores und die kirchenruger selbst
in solchen obgemeltten stucken.
x 1583, 1584: andere ubertretter.
y 1583, 1584: dieselbigen.
z 1583, 1584: disciplin- und zuchtordenung.
a 1583, 1584: graffschafft vhest.
b-b 1583, 1584: und ungenedigen.
c Fehlt 1583, 1584.
d-d 1583, 1584: ein amptsverwalter oder schuldtheiß nicht
kundten richten, sollen solche uns selbst angebracht wer-
den und von uns derhalben bescheidts erwartten.
e-e 1583, 1584: eines jeden orts auß solchen straffen durch
unsere amptsverwaltter, schuldtheissen etc. uffgehaben
wirdt, welchs denn.

sollen, wen sie uberwießen, nach verwirckung ernst-
lich und unnachleßlich an leib und gut gestrafft wer-
dens.
13. Wen auch unser ambtsverwalter und schul-
teissen selbst etwas ungeburlichs und wider diesse
ordenung gethon sehen oder horen, sollen sie nit auff
der teltisten ruget wartten, sondern von stund an die
uuberfarer zuru geburlichenn straff haltenv.
14. Und so wunser ambtleut, centgraffen, kellner,
schulteißen oder seniores, so diesse laster straffen
sollen, selbst in derow einem oder mehr strefflich er-
funden, sollen dieselbigen unnachlessig zwei mal so
hoch als anderex gestrafft werden, zudem, das wir
unser geburliche straffe gegen solcheny unß wollen
vorbehalten haben.
Dieße ordnungz soll allenthalbenn in unser graff-
schaffta gehalten werden bei vermeidung unser
schweren bungnaden undb straff. Wo auch etwoc
schwere irrungen vorfillen, die dder schultheiß oder |
ambtsverwalter idlichs ortt nit khunt erortern, sol-
len solche der hoche[n] obrigkeit angezeigt und da-
selbst bescheidt gewartten werdend.
Daß gelt, so jerlich ean einem iden ortt auß den
straffen durch die schulteissen oder ander ambtsver-
walter und eltesten uffgehaben19, welchs auche von
stundan nach der verbrechung von den fuber-
farern20 solle gefordert, genommen und inf gottska-
sten gelegt werden, gsolle durch gemelte amptsver-
walter oder schulteißen, die eltesten und pfarhernn

f-f 1583, 1584: untertrettern solle eingefordert, genommen
und in den.
g-g 1583, 1584: solche durch gemeltte unsere amptverwalt-
ter, auch die eltesten und pfarrer, haußarmen, krancken
und gebrechlichen leutten, so ihr brot nicht erwerben
oder erwinden mögen, gereichet und treulich gespendet
werden oder, do etwas doran ubrig, sonsten dem gemei-
nen nutzen zu gutt, sonderlich aber, do in kirchen etwas
zu bauen und notwendigs zu zeugen [=zu richten], zum
besten angeleget werden, also das in solchem fall keine
mißtreu, vorteil, gunst oder ungunst noch etwas anders
arges hierinnen gespuret werde.
17 Tournosgroschen (Gros tournois), siehe Schrötter,
Wörterbuch, S. 242f.
18 Segensprechen über Gegenstände.
19 Eingenommen wird.
20 Übertretern.

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