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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0697
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19. Visitationsordnung [1598]

19. Visitationsordnunga
[nach 1. Mai 1598]
Visitations Ordnung |
Von der visitation bey der kirchen

Demnach die visitation der kirchen der gebühr an-
zustellen und ins werck zurichten für nutz und noth-
wendig angesehen, alß hette man ohngefehr nache-
folgende oder andere derogleichen puncten zube-
dencken.
1. In weß nahmen und ahnordtnung die visitation
fürzunehmen, nemblich der christlichen obrigkeit,
deren für allen andern ambtssachen die bestellung
und verbesserung der kirchen Gottes gehöret und
oblieget alß schutzherrn undt handthabern der er-
sten sowohl alß der andern taffeln1, wie dan der ur-
sachen viel frommer und gottseeliger könig, deren
löblichen exempeln sie billich nachfolgen, in der
schrifft vom h. geist selbst höchlich gerhümet wer-
den, daß sie ihre kirchen und schueln im lande durch
weltliche undt christliche darzu verordnete persoh-
nen visitiren undt das volck lehren lasen und darbey
groß reichthumb und ehr gehabt, alß Joas2, Jo-
sias3, Assa4, Josephat5, Ezechias6, inmaßen auch die
h. apostel herumb gezogen undt die von ihnen ge-
pflantzete kirchen hin und wieder visitirt haben
nach außweißung ihrer geschichten7.
2. Warumb und zu was ende dieselbige anzustellen,
nemblich allein Gottes ehre und der lieben under-
thanen heyl und wolfahrt zusuchen und befördern,
welche beyde stück von | etlichen durch liederliche
verachtung, von andern durch grobe unwissenheit
und unverstandt deren die seeligkeit betreffenden

a Textvorlage (Handschrift): FYBA Büdingen Kulturwe-
sen Fasz. 18/110.

1 Die Zehn Gebote, vgl. Ex 20,8-11; Dtn 5,12-15.
2 2Kön 12; 2Chr 24,1-16.
3 2Kön 22-23; 2Chr 34-35.

sachen verhindert undt verschlagen werden.
3. Wan und zu welcher zeit im jahre sie zu halten
oder wie sie ahm bequembsten in die zeit außzu-
theylen.
4. Wer die visitatores sein sollen oder was für per-
sohnen hierzu gehörig.
5. Was für sumptus darzu vonnöthen undt wo die
zunehmen.
6. Was für impedimenta oder beschwerungen fürfal-
len möchten und wie denselbigen nach gelegenheit
zubegegnen und abzuhelffen.
7. Wo und von welchem ort zum andern die visita-
tion anzufangen und fortzusetzen.
8. Wie sie den leuthen möge anmüthig gemacht wer-
den, damit sie im werck spüren undt befinden, daß
sie von ihrer lieben obrigkeit anders nicht dan allein
Gott zu ehren und ihnen, den lieben underthanen,
zum besten und beförderung ihrer seeligkeit fürge-
nommen sey undt nicht darumb, daß die unberich-
ten8 ihrer befundenen unwissenheit halben verhöret,
betrübt und zu schanden gemacht werden, sondern
die visitatores daher anlaß bekommen, denselbigen
die allerhöchste gefahr, darinnen sie wegen ihrer
groben unwissenheit stecken, für augen zustellen
und zu gemüth zu führen, nemblich die gefahr der
ewigen verdamnuß, und sie ihnen9 darauß helffen
zulassen desto | williger undt begiriger gemacht wer-
den, in betrachtung, das der mensch, wen er von

4 2Chr 14; 1Kön 15,9-24.
5 2Chr 17; 1Kön 22,41-47.
6 2Kön 18,1-12; 2Chr 29-31
7 Vgl. Apg 14,21-23; 15,36.
8 Unkundigen.
9 Sich.

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