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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0736
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Ysenburg beide Linien

30. Mandat zur Einschärfung des Edikts gegen Unzucht und Ehebrucha
[nach 20. Mai 1584]

Wir entbieten unsern rhäten, amptleuten, bevehl-
habern, dienern, kellerrn, zentgräffen, schultheißen,
burgermeistern, richtern, burgern, gemeindten und
sonsten allen unsern underthanen, hindersaßen und
angehorigen, geistlichen und weltlichen, unsern
gruß, genadt und alleß guets und [fügen euch] hie-
mit zu wißen.
Alß wir hiebevor und in anno etc. 84 der weniger
zhall zu erhaltung bey unsern von dem allmechtigen
undergebenen underthanen zucht und ehrbarkeit
wie auch nicht weiniger zu bestraffung und mugli-
cher abwehrung je mehr und mehr bey diesen letz-
sten zeitten furbrechender laster, untugenden und
leichtfertigkeiten und besonder des uberhandt neh-
menden lasters der unzucht, ehebruchs, unehelichen
beyschlaffens und huerrey, auch bluttschandt1,
nottzucht2 und raub oder entfuhrung, ein edict und
ordnung3 so woll unsern underthanen und hinder-
saßen zum besten alß auch dem allmechtigen zu lob,
ehr und schuldigem gehorsam in unserm tragenden
oberkeitlichen ampt uffs papier bringen und publi-
ciren laßen, und aber die tagliche erfahrung mehr
alß es guet ist, gibt, welcher maßen | durch practiken
des leidigen sathans alß stiffters alles uhnerbahren
lebens und wandels nunmehr gedachte unsere auß-
gekundete ordnung auß den augen und hertzen ge-
setzt und negst erwendte laster der unzucht wieder-
umb in volligem schwanck gehen wellen, daß wir
uns derenthalben unsers von Gott anbefohlenen
ampts erinnert und den sachen nachgedacht, wie wir
nitt allein unsere gehorsame und getrewe undertha-
nen und schirmbsverwanten bey gleichmeßigen
rechten und vor unbillichem gewalt, so viell an uns,
handthaben und schutzen, sondern auch selbige zu
rechten und billichen dingen anweisen und unßere

a Textvorlage (Handschrift): FYBA Büdingen Kulturwe-
sen Fasz. 15/87.
1 Inzest.
2 Vergewaltigung.

herrschafft von obermelten lastern nach muglichen
dingen seubern mochten, damit der allmechtige zu
einfuhrung wollverdienter haubt- und landtstraf-
fen4 nicht noch weiter gereitzt und verursacht wer-
de.
Hierumb haben wir unsern armen underthanen
und hindersaßen zu gueten, sich desto baß vor
schandt und laster zu hueten oder aber ernster straff
zu gewarten und sich der unwißenheit desto weniger
zu behelffen haben, mehrgedachte unsere publicirte
ordnung biß uff fernere verbeßerung deroselben
nachmahls zu wieder-I holen fur notig und nutzlich
ermeßen derogestalt, daß wir menniglichen, so in
angezogenen schanden und lastern furbaß ergrieffen
werden solte, seinem verdienst nach vermög gottli-
cher gesatz, beschriebener kayßerlichen rechten und
ordnungen an leib, leben, ehr und guett oder mit
thurn straffen, staupenschlagen5 und verweißung
unser herrschafft und gebiets nach gestalt und be-
findung des ubertrettens, insonderheit aber die blut-
schande, nottzucht und entfuhrunge, deßgleichen,
wen ein eheliche oder auch ledige mansperson wi-
ßentlich sich mit einer ehefraw vermischt und des
ehebruchs uberzeuget6 worde, beyde, ehebrecher
und ehebrecherin, mit dem schwerdt oder waßer
vom leben zum todt straffen zu laßen, nachmals ent-
schloßen, eß wehre dan, das solche straff auß erheb-
lichen und bewegenden ursachen in ettwas zu lin-
dern und miltern wehren. Und dieweill das unor-
dentlich und uhnehelig beischlaffen lediger personen
alzu gemein werden will, so wellen wir, das, ob
solchs hinfuro auch under denen, so sich miteinan-
der verlobt, fur dem kirchgang furgehen wurde, eß
ervolge gleich die schwängerung oder nicht, beide
personen neben der | offentlichen kirchenpoenitentz

3 Siehe das Edikt vom 20. Mai 1584, oben, Nr. 29.
4 Strafen für Einzelne und für das ganze Land.
5 Siehe oben, S. 715 Anm. 14.
6 Überführt.

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