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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0022
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Kirchlich gehört der fränkische Kreis in seinem westlichen Teil zur Diözese Würzburg, in seinem
östlichen Teil zu der 1007 aus dieser verselbständigten Diözese Bamberg und in seinen südöstlichen Teil
zur Diözese Eichstätt. Das Fichtelgebirge unterstand dem Bischof von Regensburg. In geringfügiger Weise
griff im Süden das Bistum Augsburg in das Oebiet von Brandenburg-Ansbach herein und im Westen
- in den Grafschaften Rieneck und Wertheim - der Erzbischof von Mainz. Letzterem unterstanden als
ihrem Metropolitan auch die übrigen Bischöfe.
Die Ereignisse, die zur Ausbildung und zum Erlaß von Kirchenordnungen führten, sind gerade in
Franken oft recht scharf geprägt - das Nürnberger Religionsgespräch 1525, die Ansbacher Landtage
1524-1528, die Weißenburger, Windsheimer, Schweinfurter und Rothenburger Reformation. Man ist des-
halb immer wieder versucht, von einer ,,Einführung“ der Reformation zu sprechen. Mancherlei Gründe
meist praktischer Art, daneben auch nicht selten eine bestimmte konfessionelle Betrachtung der Refor-
mation, führen ja auch immer wieder zu ihrem Gebrauch. Sie dürfen aber nicht den Blick dafür trüben,
daß es sich gerade in Franken um lebendige Volksbewegungen handelt, die ihrer - in den Reichsstädten
zudem ja nur das Volk selbst vertretenden - Obrigkeit das Recht zu freier evangelischer Betätigung ab-
rangen, und daß die Obrigkeit dann nur klärend und führend eingriff, diese Bewegung damit vor unklarer
Zersplitterung in sich gegenseitig bekämpfende Gruppen (wie z.B. im nicht weit entfernten Augsburg)
bewahrte und so die Reformation zwar nicht zur Einführung, wohl aber zur Durchführung brachte.
Die reformatorische Bewegung erfaßte sehr rasch ohne Rücksicht auf die verschiedenen kirchlichen
oder politischen Hoheitsrechte ganz Franken. Da sie in ihren ersten Anfängen nur literarisch eindringen
konnte, fand sie zunächst auch nur in den Städten mit einer größeren Bildungsschicht Eingang (in Nürn-
berg, Bamberg, Würzburg). Sowohl in Bamberg wie in Würzburg waren Freunde Luthers selbst im Dom-
kapitel oder wenigstens unter den Dompredigern und Domvikaren eifrig für ihre Überzeugung tätig.
Mancher Name hat seinen guten Klang in der deutschen Reformationsgeschichte: Speratus, Gramann,
Apel, Fuchs, Kind, Schwanhausen1.
Sehr begeisterte Stimmen aus der fränkischen Ritterschaft hatten gleich anfangs Martin Luther zu-
gejubelt. Silvester von Schaumberg, Amtmann in Münnerstadt, lud am 11. Juni 1520 Luther nach Fran-
ken ein, wobei er ihm gleichzeitig den Schutz von über 100 gleichgesinnten Rittern anbot8. Namen sind
aus dieser Zeit freilich kaum bekannt. Der für den Ablauf der reformatorischen Bewegung in ganz Fran-
ken bedeutsame Hans von Schwarzenberg9, der Schöpfer der Vorlage für die dann teilweise bis in das
letzte Drittel des 19. Jahrhunderts in Kraft gebliebenen Constitutio Criminalis Carolina von 1532, ge-
hörte zu den entschiedensten Anhängern der Reformation. Als dann von da aus evangelische Haltung
auf die Kreise der Landgeistlichen, der Bürgerschaft und des Volkes übergreifen wollte, wurde sofort das
Wormser Edikt mit seinen scharfen Strafen wirksam. So erlebte Miltenberg am Main im Hochstift Mainz
1522 einen wie ein Strohfeuer hell aufflammenden, aber ebenso jäh wieder gewaltsam gedämpften evan-
gelischen Zeitabschnitt10.
Nun kam es darauf an, ob ein Hoheitsträger diesem Edikt Gehorsam leisten und somit auch den
geistlichen Stellen freie Hand lassen oder gar noch Unterstützung gewähren wollte oder ob er sich dessen
weigerte, ja solchem Vorgehen sogar Widerstand entgegensetzte. Damit war durch eine Reichsmaßnahme
der Keim zum späteren Landeskirchentum gelegt.
Während hier die weltlichen Stände Frankens ohne Ausnahme sehr rasch den Gehorsam versag-
ten, konnte in den geistlichen Gebieten die evangelische Bewegung durch Gewaltmaßnahmen nieder-
gehalten werden.

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7 Simon, EKGB 153. 157,ff. 162f.
8 Fr. Kipp, Silvester von Schaumberg. Leipzig 1911. — WA Briefe 2, 121f. — Simon, EKGB 159f.
9 W. Scheel, Johann Freiherr von Schwarzenberg. Berlin 1905. 10 Simon, EKGB 159.
 
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