den Erwerb eines beträchtlichen Landgebietes im Bereich des Lorenzer und Sebalder Stadtwaldes - die
sogenannte Alte Landschaft - ermöglicht. In ihr war sie freilich ständig gefährdet von den Markgrafen
von Brandenburg, die auf Grund ihrer alten Stellung als Burggrafen trotz des Verkaufs der städtischen
Burggrafenrechte im Jahr 1427 hier immer noch das Hoheitsrecht beanspruchten2. Noch gefährdeter war
die im Osten gelegene Neue Landschaft, die Nürnberg im Jahr 1504 durch sein militärisches Eingreifen
in den baierischen Erbschaftsstreit erworben hatte. Wenn dieser Besitz auch von Kaiser und Reich an-
erkannt war, so wartete Baiern doch auf jede Gelegenheit, ihn wieder zurückzuholen3 . So sah sich die
Reichsstadt um dieser beiden mächtigen Nachbarn willen auf gute Beziehung zum Reich und zu anderen
- nicht zuletzt zum Bischof von Bamberg - Ständen angewiesen.
Kirchlich bestand Nürnberg, wie es städtebaulich aus zwei Kernen - unter dem Burgberg und um
einen Königshof auf dem Südufer der Pegnitz - erwachsen war, aus zwei Pfarreien - St. Sebald, einer
Tochterkirche von Fürth - Poppenreuth, und St. Lorenz, einer Tochterkirche von Fürth, wobei sich frei-
lich die Abhängigkeitsverhältnisse bereits längst umgehehrt hatten4. Der zuständige Bischof saß in Bam-
berg. Zeichen für das stets rege religiöse Leben in der Reichsstadt sind nicht nur die großartigen Denk-
male kirchlicher Kunst, sondern auch die immer wieder aufgedeckten Waldenserkreise des 14. und
15. Jahrhunderts5. Das in ihnen lebendige Bedürfnis nach vermehrter Predigt führte auch zu recht frühen
Stiftungen eigener Predigerstellen - 1385 am Spital, um 1400 bei St. Sebald und 1423 bei St. Lorenz -,
wobei Nürnberg dann gleich auch wieder anregend auf weitere solche Stiftungen in anderen Orten wirkte6.
Doch hatte sich einstweilen von all diesen Predigern keiner einen Namen gemacht. Durch ungewöhnlich
hohe Geldleistungen hatte sich Nürnberg eben um die Jahrhundertwende ein über das Patronatsrecht
hinausgehendes Mitwirkungsrecht an den beiden Pfarrstellen (den Propsteien) und damit, aber auch
auf andere Weise an der Besetzung der übrigen geistlichen Stellen verschafft. Dabei und bei anderen
Gelegenheiten waren kritische Stimmungen dem römischen Stuhl gegenüber erwachsen7. Mancherlei An-
lässe auf dem Gebiete der äußerlichen Zucht hatten das Stadtregiment dann auch mit und ohne Be-
teiligung des zuständigen Diözesanbischofs dazu gezwungen, in die Kirchengewalt einzugreifen8 .
Die reformatorischen Bewegungen gingen aber nicht aus solchen Erfahrungen und Stimmungen
hervor, sondern erwuchsen vielmehr aus innerer Mitarbeit am vertieften religiösen Leben innerhalb der
mittelalterlichen Kirche. Nürnberg wurde in der reformatorischen Bewegung geradezu eine Außenstelle
Luthers und Wittenbergs. Persönliche Beziehungen - der Nürnberger Patrizier und Rechtsrat Scheurl9
war Universitätsprofessor in Wittenberg gewesen und ein Freund von Luthers väterlichem Freund Johann
von Staupitz geworden - hatten das vermittelt. Nirgend sonst wurde, was sich in Luther durchrang und
klärte, so schnell, so tief und so tatbereit miterlebt und aufgenommen.
2 Reiche 366-371. 404-435. 534-539. 928f.— Schornbaum, Georg 18f. — H. Dannenbauer, Die Entstehung
des Territoriums der Reichsstadt Nürnberg. Stuttgart 1928 ( = Arbeiten zur deutschen Rechts- und Verfassungs-
geschichte 7) 110-115. 129-148.
3 Reicke 521-530.— Dannenbauer (Anm. 1) 169—207.
4 E. von Guttenberg, Die Königskirche in Fürth..., in: 66. Jahresbericht des Hist. Vereins für Mittelfranken
(1930); Nochmals zum Alter der Pfarrkirche St. Lorenz in Nürnberg, in: ZbKG 8 (1933) 102-115. — Kraus
11-15.
5 Simon, EKGB 115ff. 120.
6 Spital: P. Ruf, Mittelalterliche Bibliothekskataloge 3 III: Bistum Bamberg. München 1939. 738. — Looshorn
4, 161f. - Lorenz: Looshorn 4, 190f. — Bei St. Sebald ist das ätteste Datum für einen Prediger 1440: ([Peri-
sesylymenus] Nürnbergisches Zion. Nürnberg 1733. 12).
7 Ad. Engelhardt, Der Kirchenpatronat zu Nürnberg..., in: ZbKG 7 (1932) 1-16. 65-80.- Simon, EKGB
134. - Kraus 71-94.
8 von Schubert, Spengler 129-139. — Kraus 64-71.
9 Graf. - Scheurl, Briefbuch. - von Soden. - Streit. - Schottenloher 19 092-19107.
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sogenannte Alte Landschaft - ermöglicht. In ihr war sie freilich ständig gefährdet von den Markgrafen
von Brandenburg, die auf Grund ihrer alten Stellung als Burggrafen trotz des Verkaufs der städtischen
Burggrafenrechte im Jahr 1427 hier immer noch das Hoheitsrecht beanspruchten2. Noch gefährdeter war
die im Osten gelegene Neue Landschaft, die Nürnberg im Jahr 1504 durch sein militärisches Eingreifen
in den baierischen Erbschaftsstreit erworben hatte. Wenn dieser Besitz auch von Kaiser und Reich an-
erkannt war, so wartete Baiern doch auf jede Gelegenheit, ihn wieder zurückzuholen3 . So sah sich die
Reichsstadt um dieser beiden mächtigen Nachbarn willen auf gute Beziehung zum Reich und zu anderen
- nicht zuletzt zum Bischof von Bamberg - Ständen angewiesen.
Kirchlich bestand Nürnberg, wie es städtebaulich aus zwei Kernen - unter dem Burgberg und um
einen Königshof auf dem Südufer der Pegnitz - erwachsen war, aus zwei Pfarreien - St. Sebald, einer
Tochterkirche von Fürth - Poppenreuth, und St. Lorenz, einer Tochterkirche von Fürth, wobei sich frei-
lich die Abhängigkeitsverhältnisse bereits längst umgehehrt hatten4. Der zuständige Bischof saß in Bam-
berg. Zeichen für das stets rege religiöse Leben in der Reichsstadt sind nicht nur die großartigen Denk-
male kirchlicher Kunst, sondern auch die immer wieder aufgedeckten Waldenserkreise des 14. und
15. Jahrhunderts5. Das in ihnen lebendige Bedürfnis nach vermehrter Predigt führte auch zu recht frühen
Stiftungen eigener Predigerstellen - 1385 am Spital, um 1400 bei St. Sebald und 1423 bei St. Lorenz -,
wobei Nürnberg dann gleich auch wieder anregend auf weitere solche Stiftungen in anderen Orten wirkte6.
Doch hatte sich einstweilen von all diesen Predigern keiner einen Namen gemacht. Durch ungewöhnlich
hohe Geldleistungen hatte sich Nürnberg eben um die Jahrhundertwende ein über das Patronatsrecht
hinausgehendes Mitwirkungsrecht an den beiden Pfarrstellen (den Propsteien) und damit, aber auch
auf andere Weise an der Besetzung der übrigen geistlichen Stellen verschafft. Dabei und bei anderen
Gelegenheiten waren kritische Stimmungen dem römischen Stuhl gegenüber erwachsen7. Mancherlei An-
lässe auf dem Gebiete der äußerlichen Zucht hatten das Stadtregiment dann auch mit und ohne Be-
teiligung des zuständigen Diözesanbischofs dazu gezwungen, in die Kirchengewalt einzugreifen8 .
Die reformatorischen Bewegungen gingen aber nicht aus solchen Erfahrungen und Stimmungen
hervor, sondern erwuchsen vielmehr aus innerer Mitarbeit am vertieften religiösen Leben innerhalb der
mittelalterlichen Kirche. Nürnberg wurde in der reformatorischen Bewegung geradezu eine Außenstelle
Luthers und Wittenbergs. Persönliche Beziehungen - der Nürnberger Patrizier und Rechtsrat Scheurl9
war Universitätsprofessor in Wittenberg gewesen und ein Freund von Luthers väterlichem Freund Johann
von Staupitz geworden - hatten das vermittelt. Nirgend sonst wurde, was sich in Luther durchrang und
klärte, so schnell, so tief und so tatbereit miterlebt und aufgenommen.
2 Reiche 366-371. 404-435. 534-539. 928f.— Schornbaum, Georg 18f. — H. Dannenbauer, Die Entstehung
des Territoriums der Reichsstadt Nürnberg. Stuttgart 1928 ( = Arbeiten zur deutschen Rechts- und Verfassungs-
geschichte 7) 110-115. 129-148.
3 Reicke 521-530.— Dannenbauer (Anm. 1) 169—207.
4 E. von Guttenberg, Die Königskirche in Fürth..., in: 66. Jahresbericht des Hist. Vereins für Mittelfranken
(1930); Nochmals zum Alter der Pfarrkirche St. Lorenz in Nürnberg, in: ZbKG 8 (1933) 102-115. — Kraus
11-15.
5 Simon, EKGB 115ff. 120.
6 Spital: P. Ruf, Mittelalterliche Bibliothekskataloge 3 III: Bistum Bamberg. München 1939. 738. — Looshorn
4, 161f. - Lorenz: Looshorn 4, 190f. — Bei St. Sebald ist das ätteste Datum für einen Prediger 1440: ([Peri-
sesylymenus] Nürnbergisches Zion. Nürnberg 1733. 12).
7 Ad. Engelhardt, Der Kirchenpatronat zu Nürnberg..., in: ZbKG 7 (1932) 1-16. 65-80.- Simon, EKGB
134. - Kraus 71-94.
8 von Schubert, Spengler 129-139. — Kraus 64-71.
9 Graf. - Scheurl, Briefbuch. - von Soden. - Streit. - Schottenloher 19 092-19107.
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