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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0095
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[II 2.] Dorffmayster vnnd / Gemaind zu Wendelstains fürhal- ten
den amptleüten zu Schwa- /bach vnd jrem new angeen- dem
Pfarrherrn gethan.

Ersamen lieben bruder! Wir werden durch euch
bericht, das unser gnediger herr der marggraf, disen
bruder als zu einem pastor und diener christenlicher
gemain hieher verordent hab, der die posseß begert
zu empfahen, wöllen wir euch und ime unser ge-
brechen und gemüt alhie offentlich (wie billich) an-
zaigen und verhörn lassen.
Nachdem einer christenlichen gemain nach anzai-
gung der heiligen geschrift gebürt und zugehört, Got
den Herren zu bitten, das er arbeiter in sein ernde
schick, und dann also macht haben, einhellig in sich
in die gemain zu greifen nach einem erbarn, unver-
leumbten man, der inen das wort Gotes nach der
warhait schneide als ein getreuer diener Jesu Christi
und ein gut exempel vortrag, welchen auch dieselbig
gemain macht hat, widerumb abzuschaffen und
ein andern an sein stat aufzustehen1,
so hat doch die welt das zeitlich höher dann das
ewig, als das ewangelion, das da ist kraft Gottes, ge-
ring und klain geacht und der warhait nit gelaubt.
Derhalb der Herr das werk des irtumbs geschickt
hat, auf das der lügen glaubt werde, und uns damit
also von unsers sündhchen abfals wegen verplendt
und in verderbnüs kummen lassen.
Darauf dann zuletzt obgemelter gebrauch der
christenlichen gemain durch den widerchristen ent-
zogen ist, auch sunst nach vil und manicherlei miß-
breuch geflossen und aufgewachsen seind, also das
etlich mit gelt, gunst, simonei, kaufen und verkau-
fen ungefordert von der gemain von aigens nutz
wegen sich selbs, als der wolf art ist, in schafstal
Christi eingetrungen, also ir wenig durch die rechten
tür eingegangen sein. Daraus dann volgt, das die-
Druckvorlage: Originaldruck (Quart, 4 Bl.; ohne
Titeleinfassung) (Oermanischen Museum Nürnberg Gr
8200). - Abdruck: Wirth, Volkmar, Ein merkwürdiges
Aktenstück, in: BlbKG 2 (1888/89)75-78. - Moderni-
sierter Abdruck: A. Jegel, Zur Kirchengeschichte
Wendelsteins, in: Schwabach - Stadt und Bezirk. Ein
Heimatbuch. 3 (Schwabach 1933) 420-425.
1 Unverkennbar ist hier der Einfluß von Luthers

selben, so ungefordert von inen selbs kummen (durch
die nebentür eingeend), dieb und mörder sein, wie
sie auch der Herr selbs zu erkennen gibt und uns
treulich vor inen warnt.
Und seinethalber unsere eltern und brüdern an-
gezaigte und ander christlich freihait durch den
widerchristen und menschengebot entzogen und
hingenummen sein, wir auch noch in derselben babi-
lonischen gefenknüs (so lang Got wil) erhalten wer-
den, wöllen wir es zu diser zeit auch Got befelhen,
der die seinen nit wird verderben lassen.
Und dieweil das leben ditz ampts oder pfarr alhie
an unsern gnedigen herren den marggrafen zu diser
letzten und geferlichen zeit auch kummen2 ist und
sein gnad solchs ampt verleihen wil, getrauen wir,
das sein fürsthch gnad nit allain werden ansehen die
weltlichen herligkait, besunder vil mer fleiß haben,
das wir mit einem getreuen und ewangelischen die-
ner versehen werden, wie er dann das vor Got ver-
antwurten sol und wir des sein fürstlich gnad under-
teniglich und demütiglich erinnert und gebeten ha-
ben, als wir uns dann zu seinen fürstlichen gnaden
als einem (vor anderm) christenlichen fürsten under-
teniglich und genzlich versehen und getrösten wöl-
len.
Rede und fürhalten gegen des angeenden
pfarherr person in sunderhait
Nun lieber bruder und guter freund, seit du hie-
her (wiewol von uns unberuft) selbs kummen bist
aus bevelhe unsers gnedigen herrn des marggrafen
etc. obgemelt, unser diener zu sein, soltu vernemen,
Schrift, daß ,,ein christliche... Gemeine Recht und
Macht habe, alle Lehre zu beurteilen und Lehrer zu
berufen, ein- und abzusetzen“ 1523 (WA 11, 401 bis
416).
2 Das Patronatsrecht über Wendelstein hatte der
Markgraf von Brandenburg 1464 durch Tausch er-
worben (Wiedemann, E., Die Frühmesse zu Wen-
delstein, in BbKG 26 [1920] 75).
 
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