Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0135
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Innere Wirren.

Nun zögerte aber der Rat der Stadt, während umgekehrt gerade jetzt der Markgraf, der seit dem
24. Mai in Augsburg war, vorwärts drängte. Die Lage hatte sich erneut verschärft. Auf dem Reichstag
von Augsburg wurde ja zuerst von beiden kirchlichen Richtungen ernstlich um eine Einigung gerun-
gen. Diese wäre durch eine solche Ordnung natürlich erschwert worden. Als dann aber nachher der
Reichsabschied die Rückkehr zur katholischen Kirche forderte, mußte eine solche Kirchenordnung
einer Herausforderung des Kaisers gleichkommen. Anderseits aber hatten sich doch während des zähen
Ringens auf dem Reichstag Brandenburg24 und Nürnberg25 nur noch tiefer miteinander verbunden. Auch
hatten sie eine klare gemeinsame Bekenntnisgrundlage, die auch nach außen hin in aller Form kund-
gegeben worden war, erarbeitet. Dazu kam es nun auch über dieser Oemeinschaft der Markgrafschaft und
der Reichsstadt nebst den mit dieser besonders eng verbundenen kleineren Reichsstädten zu einem engeren
Zusammenschluß aller evangelischen Stände. Als diese dazu am Jahresende in Schmalkalden zusam-
mentraten, beschlossen sie auf Antrag Georgs eine Besprechung ihrer Theologen über eine gemeinsame
Kirchenordnung26. Diese wurde dann aber doch nicht in Angriff genommen, weil man einerseits keinen
Zwang in äußeren Formen bringen und anderseits den Zwiespalt zwischen der sächsischen und der
schweizerischen Richtung der Reformation, der bei einem solchen Gespräch natürlich deutlich werden
mußte, nicht noch verschärfen wollte26. Abgesehen von inneren Verschiedenheiten, die sich etwa darin
ihren Ausdruck verschafften, daß man in Nürnberg den gesamten künstlerischen Reichtum der mittel-
alterlichen Altäre sorgsam bewahrte, während man in Augsburg sogar Kruzifixe zerschlug, lag ja ein
entscheidender Unterschied in der ganzen evangelischen Gottesdienstgestaltung darin vor, daß in Fran-
ken wie in Sachsen der Pfarrgottesdienst, also die Messe, einfach evangelisch gereinigt und umgestaltet
werden konnte, während im schweizerischen und schwäbischen Raum der evangelische Gottesdienst aus
dem mittelalterlichen Predigtgottesdienst erwachsen mußte und man dort daher die Form des Pfarr-
gottesdienstes meist als unevangelisch ablehnte. Vor allem jedoch ging es um die Gewissensfrage, ob dem
Kaiser mit bewaffneter Hand entgegengetreten werden dürfe. Das Ja dazu war selbstverständlich die
Voraussetzung für die Gründung des Schmalkaldischen Bundes gewesen. Im Februar 1531 waren sich
Markgraf Georg und Nürnberg darin einig, daß sie diesem Bund nicht beitreten könnten, weil ihnen
dieses Ja unmöglich war28.
Der Markgraf wollte nun mit Nürnberg zusammen allein handeln und drängte zur Weiterarbeit,
zumal sich in seinem Lande die Notwendigkeit einer eindeutigen Kirchenordnung zeigte29. Der Rat der
Reichsstadt aber zögerte aus Rücksicht auf den Kaiser30, verschanzte sich dabei aber hinter eine viel-
leicht doch noch mögliche Gesamtkirchenordnuung, was Ansbach wiederum im Blick auf die Schweizer
als unmöglich zurückwies31.
Inzwischen legte der Markgraf im Februar 1531 seinen Theologen sowohl im Oberland32 wie im
Unterland-hier unter Mitarbeit von Brenz33, der mit dem Markgraf Georg schon seit 1528 (wohl über
Weiß in Crailsheim) in Verbindung stand und der nun bedeutsamen Einfluß gewann - die beiden Ent-
würfe vor34.
24 Gußmann I 1, 62-86. 400-425. — Schornbaum, Georg 112-153.
25 Gußmann I 1, 127-150. 462-474. — Engelhardt 2, 211—267. - Schornbaum, Georg 146-157.
26 Schornbaum, Georg 162 . 27 Winhelmann, Schmalkaldischer Bund 102. — NStA ARA 9f. 365f.
28 Schornbaum, Georg 158-166. - Fabian. 29 Dorfmüller, Kulmbach 29. 30 NStA ARA 9f. 16f.
31 NStA ARA 9f. 18f. 32 Dorfmüller Kulmbach, in: Archiv 1 I 28. — Kraußold 88.
33 Die Einladungen: NStA ARA 16f. 193f. - J. Brenz, * 1499 Weil der Stadt. - Evang., 1522 Schwäbisch Hall
Prediger, 1535 auch an der Reformation Württembergs beteiligt. 1548 durch das Interim vertrieben, 1553 Stutt-
gart Propst- † 1570. (Bossert, in: RE 2, 376-388; 23, 255f. — Schottenloher, 1696-1725. — Fausel, in:
RGG l3, 1400f. - Hermelink, in: NDB 2, 598f.). 34 NStA ARA 9f.21; 16f. 193. 196.-Pressel 104ff.

117
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften