Außerdem war sie - teilweise (bei dem unlclaren Sprachgebrauch ist eine deutliche Scheidung nicht
möglich) über Veit Dietrichs Agendbüchlein115, das ja ihre getreueste Sachwalterin war - Grundlage
für die Ordnungen der Reichsstädte Schweinfurt (1543)116, Schwäbisch Hall (1543)117, Nördlingen
(1544)118 und Rothenburg (1559)119, wo sie schon seit 1546 gebraucht worden war120, für die (nur
Handschrift gebliebene) Kirchenordnung der Grafschaft Hohenlohe von 1556 und dann die gedruckte
Ausgabe von 157'^121 und für die der Herrschaft Erbach 1560122.
Über manche dieser Kirchenordnungen wurde sie dann wieder mittelbar von Einfluß auf zahlreiche
weitere Kirchenordnungen, vor allem über die von Schwäbisch Hall und Württemberg 1536, die 1553
die Grundlage der württembergischen Kirchenordnung wurde. So darf sie mit Recht als die Stammutter
einer recht bedeutsamen Familie klar lutherischer Kirchenordnungen gelten123.
Wie bereits angedeutet, erlangte die Kirchenordnung diesen großen Einfluß zum Teil über ihre Neu-
gestaltung in Veit Dietrichs Agendbüchlein. Das war vorwiegend in der näheren Umgebung im fränki-
schen Raum der Fall. Hier aber so stark, daß die Kirchenordnung - und zwar weder nach dem Geist
noch in Einzelheiten, wohl aber tatsächlich - bald sogar in den beiden Gebieten, deren Namen sie trug,
weithin verdrängt wurde, obwohl ihre rechtliche Geltung immer unangefochten blieb. Das geschah mit
der eigentlichen Kirchenordnung im nürnbergischen Raum schon 1543. Nach 1557 drang das Agend-
büchlein auch in den bayreuthischen Landesteil Brandenburgs ein. 1717 erfuhr es dort sogar eine Neu-
ausgabe, und als die ,,Vollständige Sammlung der... in dem Marggraftume Brandenburg-Culmbach...
gedruckten... Gesetze“1241746 als Kirchenagende nicht die Kirchenordnung von 1533, sondern Veit
Dietrichs Agendbüchlein zum Abdruck brachte, war damit jene für dieses Land praktisch außer Kraft
gesetzt. In Brandenburg-Ansbach begann die rechtliche Beeinträchtigung der Alleingeltung der Gottes-
dienstordnung erst mit der Genehmigung zur abwechselnden Benützung der Formulare Seilers am 11.April
1788, wobei aber bestimmte Formeln der Kirchenordnung beibehalten werden mußten - eine Bestim-
mung125, die dann am 24. Juli dieses Jahres und nochmals am 24. März 1790 auch für das bayreuthi-
sche Gebiet getroffen wurde126.
Weniger verwunderlich ist diese Verdrängung beim Katechismus, da sich die reine Predigtweise hier
doch als pädagogisch unzureichend erwies127. Im ansbachischen Raum wurde 1556 der Kargsche Kate-
chismus128 zu abwechselndem Gebrauch neben den Katechismuspredigten eingeführt. Wenigstens in eini-
gen Teilen von Brandenburg-Bayreuth, so z.B. in Hof, wurde für den Unterricht ein Katechismus, den
1573 der dortige Superintendent Andreas Pangratius in Druck gäb, gebraucht, bis 1675 ein Landes-
katechismus erschien129. Nürnberg ersetzte die Predigten 1628 durch das Kinderlehrbüchlein130.
115 Unsere Nr.V 1! 116 Waldenmaier 83. - Unsere Nr. VII1
117 Richter 2, 14-20.-Waldenmaier 16ff.
118 Waldenmaier 91. 119 Siehe unten Nr.VI 1! 120 Schattenmann 101.
121 Günther, Geschichte des evangelischen Gottesdienstes und seiner Ordnungen in Hohenlohe, in: Blätter für würt-
tembergische Kirchengeschichte. Neue Folge 1 (1897) 4ff.
122 Richter 2, 222f. — Luck 14f. — E. Preuschen, Die Erbacher KO von 1560 und Phil. Melanchthon, in: Bei-
träge zur historischen Kirchengeschichte (1917) 231-253. (= Ergänzungsband 6 zum Archiv für historische
Geschichte).
123 Ein anschauliches Bild davon gewährt etwa die Zusammenstellung bei J. W. Fr. Höfling, Liturgisches Urkun-
denbuch. Leipzig 1854. 59-70. 82-85. 191-203.
124 CCC 1,2—112. 125 Pfarramt Barthelmesaurach, Heskripteribuch. 126 Kraußold 306—309.
127 Dabei soll aber nicht übersehen werden, daß sie sowohl 1831 in Nürnberg (,,Katechismuspredigten“) wie 1839
in Berlin (,,Katechismus- oder Kinderpredigten“) für den praktischen Gebrauch neu herausgegeben und gedruckt
wurden. 128 Siehe unten S. 335 Anm. 1. — WA 30 I 755.
123 G. Schnizer, Matthäus, Der Kirchenbibliothek zu Neustadt a. d. Aisch erste Anzeige. Nürnberg 1782. 24. -
Kraußold 267. Von ihm ist bisher nur die von Schnizzer genannte Abschrift von 1592 bekannt. Neustadt/A.
Kirchenbibliothek MS 145 (Beilage zu Band 2880). — WA 30 I 752f. (Ausgabe von 1590).
130 Hirsch, Verdienste 39-49.
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möglich) über Veit Dietrichs Agendbüchlein115, das ja ihre getreueste Sachwalterin war - Grundlage
für die Ordnungen der Reichsstädte Schweinfurt (1543)116, Schwäbisch Hall (1543)117, Nördlingen
(1544)118 und Rothenburg (1559)119, wo sie schon seit 1546 gebraucht worden war120, für die (nur
Handschrift gebliebene) Kirchenordnung der Grafschaft Hohenlohe von 1556 und dann die gedruckte
Ausgabe von 157'^121 und für die der Herrschaft Erbach 1560122.
Über manche dieser Kirchenordnungen wurde sie dann wieder mittelbar von Einfluß auf zahlreiche
weitere Kirchenordnungen, vor allem über die von Schwäbisch Hall und Württemberg 1536, die 1553
die Grundlage der württembergischen Kirchenordnung wurde. So darf sie mit Recht als die Stammutter
einer recht bedeutsamen Familie klar lutherischer Kirchenordnungen gelten123.
Wie bereits angedeutet, erlangte die Kirchenordnung diesen großen Einfluß zum Teil über ihre Neu-
gestaltung in Veit Dietrichs Agendbüchlein. Das war vorwiegend in der näheren Umgebung im fränki-
schen Raum der Fall. Hier aber so stark, daß die Kirchenordnung - und zwar weder nach dem Geist
noch in Einzelheiten, wohl aber tatsächlich - bald sogar in den beiden Gebieten, deren Namen sie trug,
weithin verdrängt wurde, obwohl ihre rechtliche Geltung immer unangefochten blieb. Das geschah mit
der eigentlichen Kirchenordnung im nürnbergischen Raum schon 1543. Nach 1557 drang das Agend-
büchlein auch in den bayreuthischen Landesteil Brandenburgs ein. 1717 erfuhr es dort sogar eine Neu-
ausgabe, und als die ,,Vollständige Sammlung der... in dem Marggraftume Brandenburg-Culmbach...
gedruckten... Gesetze“1241746 als Kirchenagende nicht die Kirchenordnung von 1533, sondern Veit
Dietrichs Agendbüchlein zum Abdruck brachte, war damit jene für dieses Land praktisch außer Kraft
gesetzt. In Brandenburg-Ansbach begann die rechtliche Beeinträchtigung der Alleingeltung der Gottes-
dienstordnung erst mit der Genehmigung zur abwechselnden Benützung der Formulare Seilers am 11.April
1788, wobei aber bestimmte Formeln der Kirchenordnung beibehalten werden mußten - eine Bestim-
mung125, die dann am 24. Juli dieses Jahres und nochmals am 24. März 1790 auch für das bayreuthi-
sche Gebiet getroffen wurde126.
Weniger verwunderlich ist diese Verdrängung beim Katechismus, da sich die reine Predigtweise hier
doch als pädagogisch unzureichend erwies127. Im ansbachischen Raum wurde 1556 der Kargsche Kate-
chismus128 zu abwechselndem Gebrauch neben den Katechismuspredigten eingeführt. Wenigstens in eini-
gen Teilen von Brandenburg-Bayreuth, so z.B. in Hof, wurde für den Unterricht ein Katechismus, den
1573 der dortige Superintendent Andreas Pangratius in Druck gäb, gebraucht, bis 1675 ein Landes-
katechismus erschien129. Nürnberg ersetzte die Predigten 1628 durch das Kinderlehrbüchlein130.
115 Unsere Nr.V 1! 116 Waldenmaier 83. - Unsere Nr. VII1
117 Richter 2, 14-20.-Waldenmaier 16ff.
118 Waldenmaier 91. 119 Siehe unten Nr.VI 1! 120 Schattenmann 101.
121 Günther, Geschichte des evangelischen Gottesdienstes und seiner Ordnungen in Hohenlohe, in: Blätter für würt-
tembergische Kirchengeschichte. Neue Folge 1 (1897) 4ff.
122 Richter 2, 222f. — Luck 14f. — E. Preuschen, Die Erbacher KO von 1560 und Phil. Melanchthon, in: Bei-
träge zur historischen Kirchengeschichte (1917) 231-253. (= Ergänzungsband 6 zum Archiv für historische
Geschichte).
123 Ein anschauliches Bild davon gewährt etwa die Zusammenstellung bei J. W. Fr. Höfling, Liturgisches Urkun-
denbuch. Leipzig 1854. 59-70. 82-85. 191-203.
124 CCC 1,2—112. 125 Pfarramt Barthelmesaurach, Heskripteribuch. 126 Kraußold 306—309.
127 Dabei soll aber nicht übersehen werden, daß sie sowohl 1831 in Nürnberg (,,Katechismuspredigten“) wie 1839
in Berlin (,,Katechismus- oder Kinderpredigten“) für den praktischen Gebrauch neu herausgegeben und gedruckt
wurden. 128 Siehe unten S. 335 Anm. 1. — WA 30 I 755.
123 G. Schnizer, Matthäus, Der Kirchenbibliothek zu Neustadt a. d. Aisch erste Anzeige. Nürnberg 1782. 24. -
Kraußold 267. Von ihm ist bisher nur die von Schnizzer genannte Abschrift von 1592 bekannt. Neustadt/A.
Kirchenbibliothek MS 145 (Beilage zu Band 2880). — WA 30 I 752f. (Ausgabe von 1590).
130 Hirsch, Verdienste 39-49.
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