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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0166
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

Aber bis auf den lieutigen tag, wann Moses gelesen
wird, benget die deck vor irem berzen. Wann es sich
aber bekeret zu dem Herrn, so würdet die deck ab-
gethan.
Zum andern wirt es verstanden auf rechte, gaist-
liche, götliche weis, wann man sihet und merket, das
es nicht allein verpeut die eußerlichen bösen werk,
sunder auch die wort, weis, geberde, zaichen, willen,
gedanken, begird und naigung, ja- schlechts alles das,
das sich in des menschen leib und seel in ainicherlei
weis und weg, wider das gepot Gottes regen und
wegen mag, und verstehet darbei auch, das es nicht
schlechte gute werk und tugent von uns fordert, die
wir außerhalb der gnad durch aigne kreft tun mögen,
sunder eitel soliche raine götliche werk, die nicht
wir, sunder der Heilig Gaist in uns würken muß.
Und das ist ein rechter, guter und hailsamer ver-
stand, der alle menschen zugleich sünder macht, zur
puß treibt und dem Herren den weg bereitet. Dann
also hat unser lieber Herr Jesus Christus etliche ge-
setz ausgelegt, Matthei am 5., und uns on zweifel
darmit geleret, das wir die andern alle auch also ver-
steen und auslegen sollen. Desgleichen hat auch Pau-
lus zu versteen geben, Rom 7 [14], da er spricht:
Das gesetz ist gaistlich, ich aber bin flaischlich ver-
kauft unter die sünd. Dann ist das gesetz gaistlich,
so forderts auch gaistbche werk, und ist der mensch
flaischlich, so tut er auch flaischliche werk. Ein böser
baum kann nit gute frücht tragen. Darumb, soll ein
mensch das gesetz erfüllen, so muß er gaistlich wer-
den und gaistliche werk tun. Das sein aber allein
gaistliche werk, die der Heilig Gaist in uns würkt,
und wird also offenbar, das wir weder das gröst noch
geringst gepot. Gottes aus aignen kreften on den Hei-
ligen Gaist mügen recht halten.
Und dieser verstand ist bedeut durch den glanz
und die klarheit des angesichts Mosi [Ex. 34, 39-35];
dann gleich wie die Jüden soliche klarheit nicht kun-
den erleiden, sunder förchten sich und flohen. Also
kann auch die flaischlich vernunft disen verstand
des gesetz nicht leiden, sunder fleucht darvor und
spricht: Wann dem also were, so müsten wir alle ver-
dambt sein, und tet uns Gott unrecht, dieweil er
uns gepöte, das wir aus aignen kreften nicht ver-

1 = vermieden (Schmeller 1,1570).

mögen. Das ist aber nicht zu glauben. Darumb ver-
würft sie diesen klaren, götlichen verstand, hengt
ein deck dafür und spricht:'Wir haben ein freien wil-
len und, wann wir tun, so viel an uns ist, so lest sich
Gott begnügen. Wir aber, die an Christum glauben
und empfinden, das wir seinen Gaist haben, wissen
wol, das dis der recht verstand ist, dann wir sehen
Mosis angesicht aufgedeckt, das ist dann, das Paulus
spricht [2. Kor. 3, 16]: Wann sie zum Herrn bekert
werden, so wird die deck abgethan. Dann so wir Chri-
stum durchden glauben erkennen und anschauen,
so spiegelt sich die klarheit des Herren in uns und
wir werden verklert in dasselbig pilde von einer klar-
heit zu der andern als von dem Gaist des Herren
[2. Kor. 3, 18]. So uns dann Christus soliche gaist-
liche klarheit durch sein erkantnus mittailt, so ist
gewiß, das das gesetz dieselbigen klarheit an uns
auch fordert und wirs bedürfen. Darum ist uns nun
Moses angesicht aufgedeckt, dieweil wir zu Christo
bekert sein und ine durch den glauben anschauen
und solicher verstand des gesetz ist recht und gewiß.
So wir dann den rechten verstand des gesetz ha-
ben, so sollen wir auch fleißig darauf sehen, warzu
es gegeben sei oder, was es bei uns soll ausrichten;
dann wiewol wir vor angezaigt haben in gemein, das
es soll puß anrichten, so bedarf es doch baß aus-
streichens.
Es hat uns aber der heilig Paulus des gesetzs art
und natur mit sunder fleiß angezaigt; dann er hat
wol gewist, wann mans nicht weiß oder nicht recht
verstehet, das man gemainklich durchs gesetz und
nicht durch Christum will rechtfertig und selig wer-
den. Darumb, auf das solichs unter uns auch ver-
mitten1 und verhütet werde, wöllen wir drei für-
nemliche sprüch Pauli vom gesetze handeln, nemlich
diese: Aus dem gesetz kumbt nur erkantnus der
sünde, Roma. 3 [20]. Das gesetz richtet nur zorn an,
Rom. 4 [15] und: Das gesetz ist unser Zuchtmaister
gewesen auf Christum, Galatern am 3 [24],
Zum ersten spricht er: Aus dem gesetz kumbt er-
kantnus der sünde. Darumb solle dem volk fleißig
eingepildet werden, das unser vernunft durch Adams
fall dermassen verfinstert und verblendet ist, das wir
durch uns selbs nicht erkennen und urtailen können,

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