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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (11. Band = Bayern, 1. Teil): Franken: Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Schweinfurt, Weissenburg, Windsheim - Grafschaften Castell, Rieneck und Wertheim - Herrschaft Thüngen — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.30627#0168
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Brandenburg und Nürnberg gemeinsam

bös natur in ime, die es inwendig in ime vor den
augen Gottes on unterlaß tu, auch wider seinen wil-
len, also das er sich des nicht erwern könne, und das
er bis hieher die werk nicht getan hat, ist nicht sei-
ner sterke, sunder Gottes gnade. Darumb leret ine
das gesetz, das er nicht allein ein sünder sei, sunder
auch unter die sünd gefangen und verkauft; dann
er kann sich des inwendigen tuns aus aignen kref-
ten nicht erweren. Das ist dann die recht erkant-
nus der sünden, die der heilig Paulus zun Römern 2.
so heftig treibt. Darumb sollen die diener des worts
solche erkantnus der sünden durchs gesetz fleißig
treiben, nicht mit subtilem disputiren vor dem volk,
sunder mit ernstlichem dringen auf Gottes gepot,
das sie dieselben fleißig halten; dann wer sich des
mit ernst untersteet, der wirds alles im werk fein er-
faren, baß dann man ime sagen kann.
Zum andern spricht Paulus [Röm. 4, 15]: Das ge-
setz richtet zorn an und leret uns damit, daß wir
nicht allein die sünd von uns selbs nicht erkennen,
sunder auch, wann wir schon wissen, das ein ding
unrecht und sünd ist, geen wir dannocht so unacht-
sam dahin und glauben nicht, das Gott darumb
zürne, sunder sein sicher und forchtlos gleich, als
fleß ime Gott unser sünd gefallen und sehe wie ein
guter geselle durch die finger. So doch David spricht
am 5. Psalm [5]: Du bist nicht ein Gott, dem got-
los wesen wolgefalle. Darumb muß Gott abermal uns
vom himel herab mit seinem gesetz schrecken und
also anrichten, das wir seines zorns in unserm ge-
wissen empfinden. Das tut er dann durch das troen;
dann er troet im gesetz hin und wider manicherlei
straf und plagen, die da zeitlich und ewiglich uber
alle sünder geen werden, wann sie nicht puß tun.
Soliche straf und plagen sollen nun die diener des
worts dem volk fleißig anzaigen, auf das inen der
zorn Gottes eroffnet und in irem gewissen angericht
werde, damit sie dester fleißiger suchen, wie sie die-
sem zorn Gottes entrinnen und in Jesu Christo gnad
finden mügen.
Weiter richtet das gesetz zorn an auch in uns,
nemlich, das wir durch das gesetz gegen Gott zornig
werden, als sei er ein ungerechter Gott und handel
ganz tyrannisch und greulich mit uns, aund wiewol

a_a Fehlt 1591.

solichs vor der vernunft übel lautet, wöllen wirs doch
durch die schrift reichlich beweisen; dann es dienet
auch gar seer zur herrligkeit Christi und zu erkant-
nus seiner woltatena.
Dann anfenklich spricht Paulus nicht: Das gesetz
richtet Gottes zorn an, auch nit: Das gesetz richtet
menschen zorn an, sunder allein: Das gesetz richtet
zorn an; dann er will der keins allein, sunder sie bede
miteinander anzeigen, und ist das die ursach. Das
evangelion von dem gekreuzigten Christo, ist den
Juden ein ergernus und den haiden ein torheit
[1. Kor. 1, 23]; dann sie können nicht begreifen, das
die sünder durch den glauben an ine solten gerecht
werden, sunder gedenken also : Wann wir schon sün-
der sein, was soll der gekreuzigt Christus darzu tun ?
Er schreib uns vil lieber ein gesetz für, was wir tun
sollen! So wöllen wirs halten und also durchs gesetz
frumm werden. Das scheint der vernunft viel glei-
cher dann, das wir durch glauben solten frumm wer-
den. Also ist gewißlich alle weltliche vernunft ge-
smnet.
Der heilig Paulus aber will beweisen, das es viel
übler umb uns stehe der sünden halben, dann wir
mainen, nemlich also, das die sünd uns so stark ge-
fangen hab und so geweltig uber uns hersche, das
uns mit keinem gesetz müge geholfen werden, wie
die vernunft maint, sunder das gesetze mach uns
nur erger gleich als, wann die krankheit an einem
kranken menschen so gar uber hand nimbt, das kein
ärznei mer helfen kann, so wird er von der ärznei
nur noch krenker, dann die krankheit richtet sich
an die ärznei, die wider sie ist, und kempft mit ir,
uberwindet sie auch und machts zu gift. Da ge-
schicht dann dem kranken übler und wird sein krank-
heit größer, dann wer ime kein ärznei nie eingegeben,
und ist doch die schuld nicht des arzts noch der ärz-
nei, sunder der krankheit.
Also auch wenn ein sünder unter das gesetz kumbt
und maint, er wöll frumm dardurch werden, so find
sich alsbald die sünd und strebt wider das gesetz und
sein guten fürsatz, wie vor gesagt; dann da geet es
gewißlich nach dem sprichwort:Was man dem men-
schen verpeut, da wird ime erst wee darnach. Dar-
umb uberwindet die bös begird das gesetz und tut

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